Sehnsucht nach Ursprünglichem: Ulenburg vermarktet Beeren direkt vom Feld

Löhne. Sommerzeit ist Beerenzeit – und die köstlichen Ulenburger Erd- und Himbeeren sind dann der Verkaufsschlager schlechthin. Ob frisch gepflückt vom Feld, in kleinen Schälchen verpackt an den zahlreichen Obstständen oder im Bioladen "Fruchtboden" – die vitaminreichen Früchte sind in der gesamten Region beliebt. Während sich Katharina Eßer um den Ulenburger Landbau kümmert, ist Irene Eßer für den "Fruchtboden" zuständig. Gemeinsam ist das Frauen-Duo ein starkes Team, das Wert auf Ursprünglichkeit, Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein legt. Die Erfolgsgeschichte des Familienunternehmens reicht bis zurück in die 1960er Jahre. "Hans Blomeyer baute am Standort an der Ulenburger Allee eine Obstplantage mit angeschlossener Baumschule auf. Ende der 1970er Jahre übernahm dann der Landwirt Karl-Wilhelm Eßer den Betrieb und baute die eigene Direktvermarktung weiter aus", erzählt Irene Eßer. Diese Form der Vermarktung habe es in der Familie bereits seit 1925 gegeben: "Mit Pferd und Wagen ging es durch die Ortschaften." Erste Erfahrungen mit biologischem Anbau Nach der Übernahme des Geschäfts sammelten die Eßers erste Erfahrungen im biologischen Anbau von Getreide, Kartoffeln und Möhren. "Auch Erdbeerfelder wurden in der Region angelegt, weiterhin wurden Johannisbeeren und Himbeeren zum Selbstpflücken angebaut", erinnert sich Irene Eßer. Aus der Belieferung der ersten Bioläden in der Region entstanden intensive Kontakte zur Naturkostszene in Ostwestfalen-Lippe. "1985 gründeten wir schließlich den ersten Bioladen Ulenburg im ehemaligen Kühlhaus der Obstplantage." An den Erfolg habe anfangs niemand so recht glauben können. "Karl-Wilhelm Eßer wurde damals, als er mit dem Bioanbau begann, belächelt und als Spinner abgetan. Doch im Laufe der Jahre entwickelte sich durch Mund-zu-Mund-Propaganda eine Stammkundschaft." Innerhalb von rund 40 Jahren seien Ulenburger Landbau und "Fruchtboden" eine beliebte Anlaufstelle für Lebensmittel aus regionalem Anbau geworden. "Wir genießen großes Vertrauen, weil bekannt ist, dass wir es mit unserem ökologischen Engagement ernst meinen", betont Irene Eßer. Bei der Direktvermarktung konzentriert sich die Familie auf den Anbau der Beerenfrüchte, diese sind aus integriertem Anbau und nicht biozertifiziert. "Deshalb werden sie in unserem Laden an der Ulenburger Allee nicht verkauft, was bei der Kundschaft häufig zunächst für Erstaunen sorgt. Doch so schaffen wir eine eindeutige Transparenz. Der Bioladen ist heute ein Naturkostfachgeschäft mit einem 100-prozentigen Biosortiment, erklärt die Inhaberin. Gemüse, Fleisch, Eier und Kräuter kommen überwiegend aus heimischen Erzeugerbetrieben, zum Beispiel der Bioland-Gärtnerei Ulenburg. Die Sehnsucht nach dem Ursprünglichen Und wie erklären sich Irene Eßer und Katharina Eßer den Erfolg der Hofläden und Direktvermarktung? "Wir kommen der Sehnsucht nach dem Ursprünglichen entgegen, wo die digitale Welt überhandnimmt. Bei uns gibt es das direkte Erlebnis", sagt Katharina Eßer. Immer mehr Menschen entwickelten ein Misstrauen gegenüber dem anonymen Markt und lehnten die industrielle Landwirtschaft ab. "Die Direktvermarktung gewährt eine Transparenz der Anbau- und Vermarktungswege, außerdem werden lange Transportwege vermieden", betont Katharina Eßer. Das Interesse an vegetarischen und veganen Produkten wachse, ebenso die Sensibilität für Frische und die Freude am Selberkochen. "Das ist eine große Chance zum Weiterbestehen der landwirtschaftlichen Familienbetriebe und lässt eine ganz neue Marktsequenz jenseits der Supermärkte entstehen", ist sich Katharina Eßer sicher. Die positive Resonanz, die "Fruchtboden" und Ulenburger Landbau seit Jahren erfahren dürfen, gibt der Familie recht. "Wir wurden bei einer Leserumfrage der Fachzeitschrift ,Schrot & Korn nun schon zum zweiten Mal zu einem der besten Bioläden Deutschlands gewählt", freut sich Irene Eßer über den Erfolg. Die familiäre Wohlfühlatmosphäre, kompetente Bedienung und freundliches Personal seien der Schlüssel zum Herzen der Kunden. "Auch mit unserer Direktvermarktung der Beerenfrüchte auf den Feldern und an unseren Verkaufsständen überzeugen wir mit Regionalität, Qualität und Frische", ergänzt Katharina Eßer. "Den kleineren Betrieben wird es schwer gemacht" Verbesserungswürdig sei indes der politische Rahmen der Landwirtschaft. "Den kleinen und mittleren Betrieben wird es seit Jahrzehnten schwer gemacht. Der wachsende bürokratische Aufwand ist für kleinere Unternehmen unverhältnismäßig groß", kritisiert Irene Eßer die derzeitigen Zustände. Auch forderten immer mehr Regelungen und Auflagen Investitionen, denen manche Betriebe finanziell nicht mehr gewachsen seien. "Das passiert besonders dann, wenn Subventionen an Flächengrößen gebunden sind." Mit der bäuerlichen Landwirtschaft gehe ein "Kulturgut der Gesellschaft" unter. "Es ist bedauernswert, dass da so wenig hingeschaut wird."

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