Lokale Inzidenzwerte können mehr Überblick schaffen

Löhne. In den vergangenen zwei Wochen war die Anzahl der Neuinfektionen in der Stadt Löhne sehr hoch - vor allem im Vergleich zu anderen Kommunen im Kreis Herford. Das hatte nw.de zum Anlass genommen, die Inzidenzwerte für die Stadt mit freundlicher Unterstützung von Leser Hans-Peter Scarabis einmal auszurechnen und sie der offiziellen Inzidenz im Kreis gegenüber zu stellen. Der Kreis selbst meldet die Einzelinzidenzen nicht. Dabei wäre das die deutlich bessere Variante, die Menschen über die Corona-Lage vor ihrer Haustür zu informieren. Der Kreis argumentiert damit, dass das Virus an der Gemeindegrenze nicht Halt mache, dass die Menschen im Kreis in anderen Kommunen arbeiten als sie leben. Das ist jedoch kein besonders gutes Argument. Schließlich ist auch die Kreisgrenze keine magische Barriere, über die das Coronavirus sich nicht bewegen kann. Genauso wie es Gewerbegebiete gibt, die sich über Gemeindegrenzen erstrecken, gibt es auch die, die sich über Kreisgrenzen erstrecken. Gerade Löhne und Bad Oeynhausen haben und hatten schon immer einen regeren Austausch von Pendlern für Beruf, Einkaufen und Freizeit als viele Kommunen innerhalb des Kreises. Und auch nach Hüllhorst sind die Wege kürzer als nach Enger. Vielleicht ist es darum gerade für die Löhner, deren Anrufe die Redaktion regelmäßig zu diesem Thema erreichen, schwer nachvollziehbar, warum die Sache mit den lokalen Inzidenzen so schwierig sein soll. Meldet doch der Kreis Minden-Lübbecke diese schon seit Längerem für seine Kommunen. Ein Inzidenzwert würde die Kommunen vergleichbar machen Dabei gibt es durchaus gute Argumente dafür, die lokalen Inzidenzen mitzuteilen. Erstens: Sie sind vergleichbarer. Die Sieben-Tages-Inzidenz hat den großen Vorteil, dass sie nicht nur die unterschiedlich bevölkerungsstarken Einheiten von Kreisen und kreisfreien Städten vergleichbar macht, sie hat auch eine zeitliche Komponente. Die Inzidenz beschreibt eben nicht nur den Ist-Zustand, sondern eine Entwicklung über sieben Tage, wodurch sich auch Trends abbilden lassen. Insgesamt ist sie so ein deutlich verlässlicherer Wert, wenn man sich ein Bild zur Lage vor Ort machen will, als nur die absoluten Zahlen der Infizierten von heute und gestern zu vergleichen. Zweitens: Sie sind verständlicher. Als im vergangenen Jahr die Inzidenzwerte begannen, die medialen und politischen Diskussionen zu dominieren, waren sie vielen wahrscheinlich noch sehr fremd und schwerer nachvollziehbar als absolute Zahlen. Doch gerade weil sie vergleichbarer ist und Entwicklungen zeigt, wurde die Kennzahl für die Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in sieben Tagen zur Basis für Coronamaßnahmen und Grenzwerte. Mittlerweile sind die meisten Menschen an sie gewöhnt, weil sie in der Berichterstattung eine dominante Rolle spielt, und wissen - an den Grenzwerten orientiert - auch um ihre Bedeutung. Die Lage in der eigenen Stadt kennen Drittens: Sie befriedigen ein Informationsbedürfnis. Für viele Menschen ist es wichtig, zu wissen, wie die Lage vor der eigenen Haustür ist. Sie orientieren sich daran und entscheiden danach, ob sie vielleicht ins Nachbarstädtchen zum Einkaufen fahren. Und auch ob sie es wagen, den einen oder anderen privaten Kontakt zu haben, oder ob sie sich zurückhalten. Insgesamt könnten die lokalen Inzidenzen auch ein Bewusstsein dafür schaffen, dass - wie in Löhnes Fall - kreisweit die Inzidenzwerte sinken können, während sie lokal gleichzeitig steigen oder hoch bleiben. Und wer um den Inzidenzwert weiß, ändert vielleicht das Verhalten. Eine zusätzliche Vorsicht vor Ort könnte dann dazu beitragen, die Zahlen wieder zu senken, gerade wenn nicht klar ist, wo sich die Menschen genau anstecken.

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