Ausbildung trotz Corona: Bewerber und Unternehmen sollen Mut beweisen

Löhne. Corona wirbelt alles durcheinander, sorgt für Unsicherheit und wirft bei Auszubildenden und Arbeitgebern viele Fragen auf. Insolvenz ist in allen Branchen ein Thema. In knapp zwei Monaten beginnt der nächste Azubijahrgang - und noch nicht alle Suchenden haben eine Stelle. Das Positive zuerst: Unternehmen suchen noch - auch in der Krisenzeit. So wie Marco Lignante Chef vom Restaurant Lignantes. Die Corona-Krise hat die Gastronomie hart getroffen und auch nicht vor dem Löhner Gastronom Halt gemacht. "Die Zeit war schlimm", sagt Lignante, der von hohen Einbußen spricht. Doch kein Grund für ihn seine Azubi-Suche abzubrechen. "Ich suche immer Nachwuchs, ob Corona oder nicht." "Man muss den Job als Koch leben und lieben" Die Suche nach dem passenden und vor allem motivierten Nachwuchs für die Küche gestaltet sich schwierig - auch schon vor Corona. "Der Beruf ist verpönt. Es sind oft Bewerber abgesprungen. Man muss den Job leben und lieben", sagt Lignante. Auch das Unternehmen Steute stellt weiter ein. Zwei Industriekaufleute haben ihren Vertrag schon unterschrieben. Vom Industriemechaniker bis zur Fachkraft für Lagerlogistik: Vier weitere Ausbildungsplätze will Steute noch vergeben. "Man kann sich noch bewerben", macht Personalreferentin Nuria Gonzalez Mut. Das Vorstellungsgespräch wird dann im großen Sitzungssaal geführt. "Ohne Handschlag zur Begrüßung." "Die Digitalisierung hat einen Schub bekommen" Die Arbeit im Unternehmen hat sich nämlich ganz schön verändert. "Die Digitalisierung hat einen Schub bekommen", sagt Marketing-Leiter René Scherer. In einigen Abteilungen sind Homeoffice und Video-Meetings längst an der Tagesordnung, "bei anderen war es ein Schnellschuss". Die Azubis sind länger in den alten Abteilungen geblieben. Jetzt geht es aber auch hier dank einer Online-Software weiter. "Alle Schritte werden dem Azubi auf den PC gespiegelt." Und auch der Kollegenkreis hat sich verkleinert. Azubi Marvin Picker sitzt wieder im Büro, aber diesmal nur mit einem statt drei Kollegen. Doch was ist mit den Schülern, die im Sommer eine Ausbildung beginnen wollen? Miriam Greinwald, Berufsberaterin bei der Agentur für Arbeit, ist in Löhne für die Goethe-Realschule zuständig. Normalerweise wäre sie in dieser Zeit aktiv an den Schulen. "Das fällt jetzt alles weg", sagt Greinwald, die weiter berät und unterstützt, nun eben über Telefon und E-Mail statt Face-to-Face. Sie hat bisher noch von keinem Fall gehört, wo die Zusage für einen Ausbildungsplatz zurückgenommen wurde. Allerdings gebe es generell nicht so viele Stellen wie im Vorjahr. "Die Krise hinterlässt Spuren" 1.332 gemeldete Ausbildungsstellen gab es im April 2020 im Kreis Herford. Das sind laut der Agentur für Arbeit 46 Stellen weniger gegenüber 2019 (-3,3 Prozent). Dem gegenüber stehen 1.679 Bewerber (2019: 1.700). 793 und damit 92 weniger als im Vorjahr haben einen Platz in der Tasche. 886 und damit 71 mehr als im Vergleichszeitraum suchen noch (8,7 Prozent). "Die Krise hinterlässt Spuren, auch auf dem Ausbildungsmarkt", sagt Frauke Schwietert, Leiterin der Herforder Arbeitsagentur. Der Rückgang bei den gemeldeten Bewerbern als auch bei den gemeldeten Stellen im Vergleich zum Vorjahr sei logisch, so Pressesprecherin Janine Billerbeck. Arbeitgeber bearbeiten momentan prioritär andere Dinge und melden nicht im gleichen Maße Ausbildungsstellen. Und auch die Berufsberater sind nicht in den Schulen und haben so nicht den persönlichen Draht, sodass der ein oder andere Jugendliche weniger den Weg in die Beratung findet. Freundlich beim Unternehmen nachhaken Die Zahl der unversorgten Bewerber und unbesetzten Stellen ist im Kreis im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Billerbeck: "Eine logische Konsequenz, wenn die Bewerbungsverfahren ausgesetzt sind." Momentan halten aber viele Arbeitgeber an ihren gemeldeten Stellen fest, befassen sich auch mit Bewerbungen, doch diese Prozesse können länger dauern. "Das zeigt sich dann in der Statistik." Schwierig wird es für diejenigen, die noch nichts unterschrieben haben. "Bei vielen Arbeitgebern ruhen gerade die Verfahren", sagt die Berufsberaterin, die die Sorgen beider Seiten gut verstehen kann. Ihr Rat: Nett, freundlich und vorsichtig beim Betrieb nachfragen und sich dabei auf die aktuelle Situation beziehen, fragen, ob es Neuigkeiten gibt. "Das signalisiert, dass man weiter interessiert ist", sagt Greinwald. Lutz Schäffer, Geschäftsführer der IG-Metall Minden, fordert von den Betrieben Weitsicht: "Unternehmen sollten bei allem nicht vergessen, dass Nachwuchskräfte weiterhin die Zukunft ihrer Betriebe sind." Positive Nachricht von der BBG Angela Friemel ist nicht nur Klassenlehrerin einer 10. Jahrgangsstufe an der Bertolt-Brecht-Gesamtschule, sondern auch Berufswahlkoordinatorin. "Das Thema Ausbildung läuft über Jahre", sagt Friemel. Die letzten seien noch dabei, etwas zu finden. Mit Blick auf die Zahlen sagt sie: "Es ist noch jede Menge möglich, sofern es die Firmen dann noch gibt." Eine positive Nachricht hat Friemel direkt zum Schulneustart erfahren. "Eine meiner Schülerinnen hatte erst vor zwei Wochen ihr Vorstellungsgespräch und wurde genommen."

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