Tierschützer greifen ein: Happy-End für Lämmchen Brutus

Löhne/Melle. Ein wenig scheu wirkt das kleine Geschöpf, als es mit seinen kräftigen Beinen die ersten Schritte auf die Wiese setzt. Ein unsicheres Suchen nach Vertrautheit, ein kurzer Rückzug in den Schatten des Zaunes. Erst als ein paar Schafe den Neuankömmling neugierig beschnuppern taut das Lamm langsam auf, reckt den Artgenossen sein Näschen entgegen. "Ein gutes Zeichen", sagt Valentina Andreev. Für die Mitarbeiterin des Gnadenhofs Brödel in Melle ist Klar: Das Tier, das kurz vor Ostern in Löhne für reichlich Aufsehen gesorgt hatte, ist in die Herde aufgenommen worden. Und hat damit endlich eine neue, eine gutmütige Heimat gefunden. Und damit auch ein Leben in Freiheit. Noch vor wenigen Wochen hatte auf eine solche Erlösung noch wenig hingedeutet. Da nämlich fristete das kleine Lamm mit dem markanten dunklen Fell noch ein wenig beschauliches Dasein in einem Privatgarten in Löhne. Einsam, getrennt vom Muttertier und lieblos an einem Strick angeleint. Als Spielkamerad für seine Kinder, so die Erklärung des Halters, habe er sich das Tier angeschafft. Beobachter vermuteten hingegen schon da, dass dem Lamm in diesem Umfeld kein langes Leben beschieden sein würde. Die Worte "Osterlamm" und "Sonntagsbraten" machten schnell die Runde. Erst das Eingreifen zweier Tierschützerinnen gaben dem Schicksal des Jungschafes eine unverhoffte Wendung. Die nämlich machten die Polizei auf die in ihren Augen "unhaltbaren Zustände" aufmerksam. Und tatsächlich standen selbige in einem derart krassen Widerspruch zum Tierschutzgesetz, dass letztlich das Veterinäramt des Kreises Herford einschritt. Zu Recht, wie die Mitarbeiterinen des Gnadenhofs Brödel finden. "Schafe", so sagt Julia Biegall, "sind ausgesprochene Herdentiere. Sie ganz allein zu halten ist wirklich furchtbar und für die Tiere sehr verstörend." Und als Nahrung, darin sind sich alle Beteiligten einig, taugen Lämmer ohnehin nicht. "Mastlämmer werden nur sechs bis zwölf Monate alt, das ist doch kein Leben", sagt etwa die beteiligte Tieraktivistin aus Löhne, die auch über Babytiere hinaus auf Fleischkonsum verzichtet. Und das aus gutem Grund: "Insgesamt sterben jährlich 150 Milliarden Ausnutztiere, nur für jeweils 5 Minuten Gaumenlust", begründet sie ihre Haltung. Dass für deren Futter und Zucht zudem Unmengen an Trinkwasser verbraucht werden, "die wir aufgrund der Trockenheit dringendst anderweitig benötigen", ist für sie ein weiterer Aspekt. Auch deshalb verfolgte die Frau den Weg des Lammes weiter kritisch. Und war entsprechend schockiert, als sie vom Veterinäramt erfuhr, dass das Tier an einen Schäfer übergeben worden war. Die Angst vor einem Osterbraten - plötzlich war sie wieder da. "Denn letztlich hält ein Schäfer auch nur Tiere, um sie zu veräußern." Nach einem langen Hin und Her mit dem Veterinäramt, zahlte sich die Hartnäckigkeit der Tierschützer schließlich aus. Auf Vermittlung des Amtes meldete sich der Schäfer und lud die beiden Frauen ein, sich ein Bild zu machen. Mit einiger Erleichterung stellten sie schließlich fest, "dass wir an einen ausgesprochen netten Schäfer geraten waren, der sich sehr gut um seine Tiere kümmert." Ihre Sorge aber war dennoch nicht unberechtigt. Denn älter als neun Jahre, so die Aussage des Schäfers, würde auch bei ihm kein Muttertier werden. Dann nämlich sei es nicht mehr wirtschaftlich und habe im Idealfall neun oder mehr Lämmer zur Welt gebracht. "Die natürliche Lebenserwartung eines Hausschafes liegt aber bei 15 bis 18 Jahren", sagt die Aktivistin. Eine glückliche Fügung Auch deshalb entschied sie sich schließlich, gemeinsam mit acht weiteren Tierschützern eine Patenschaft für das Tier, das in der Zwischenzeit noch vom Schäfer auf den Namen Brutus getauft worden war, zu übernehmen und ihm so ein erfülltes Leben auf dem Gnadenhof Bröder zu ermöglichen. Und nicht nur ihm: Ein weiteres Schaf, das sich auf Brutus Weide einsam grasend von einer fiebrigen Infektion erholte, wurde kurzerhand freigekauft und gemeinsam mit Brutus nach Melle gebracht. Für die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des dortigen Gnadenhofes eine glückliche Fügung. "So hat er von Anfang an ein Bezugsschaf", freut sich Valentina Andreev. Dass es Brutus im neuen Zuhause gefällt ist derweil mehr als offensichtlich: Seine Wiese teilt er sich mit Frau Fussel und drei weiteren Muttertieren, nebenan wühlen Schweine im Boden, Hühner scharren im Stroh und auch einige Ziegen erfüllen den Gnadenhof mit fröhlichen Geräuschen. "Bei uns wird kein Tier unnötig geschlachtet", betont Mitarbeiterin Simone Brockmann, "wir begleiten sie bis zu ihrem natürlichen Tod." Genau das Richtige also für den freiheitsliebenden Brutus. Zuvor beim Schäfer nämlich war schon zweimal ausgebrochen und hatte dabei sogar einen Elektrozaun überwunden. "Das hat er hier jetzt nicht mehr nötig", freuen sich alle Beteiligten-

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