Warum der Löhner Unternehmer Döring den Einzelhandel in einer Krise sieht

Löhne. Hinter Rainer Döring und seinem Team liegt die arbeitsreichste Phase des Jahres. "Besonders die Tage nach Weihnachten sind sehr umsatzstark", sagt Döring. Das ist schon seit vielen Jahren der Fall. Daraus zu schließen, dass alles so wie immer ist, wäre aber zu kurz gedacht. "Der Handel befindet sich in einem massiven Veränderungsprozess, dessen Geschwindigkeit eher noch zunimmt", sagt Döring. Er muss es wissen. Der Löhner betreibt Elektronik-Märkte in Löhne, Herford, Lübbecke und Bad Salzuflen und ist Vorsitzender des Handelsausschusses der IHK Ostwestfalen. Der Online-Handel wirkt sich nach Überzeugung des Experten immer stärker auf das Kaufverhalten der Verbraucher aus. Das zeige sich am Black Friday. Dieser schwarze Freitag wurde von Online-Händlern wie Amazon zum Tag für Schnäppchenjäger erklärt. Wenn es nach Döring und vielen Handelskollegen ginge, dann würde dieser Tag keine Rolle spielen. Ein solches Internet-Phänomen zu ignorieren, kann sich der Handel längst nicht mehr leisten. "Wir leiden unter den Black-Friday-Aktivitäten. Wenn wir uns daran aber nicht beteiligen, dann schlägt der Kunde woanders zu", sagt Döring. Das führe dazu, dass dieser Tag der umsatzstärkste Tag des Jahres sei. Allerdings seien die Gewinnmargen wegen des oft ruinösen Wettbewerbes nicht üppig. "Da kommt eine blöde Welle auf uns zu" Der Black Friday sorgt immerhin für viele Kunden in den Geschäften der Branche. Das ist an vielen Tagen im Jahr ganz anders. "Die Kundentreue lässt nach und die fehlende Frequenz muss uns Sorgen machen", sagt Döring. Diese Beobachtung gelte nicht nur für seine Geschäfte, sondern für weite Teile des Handels. Rückläufige Umsätze drohen, eine Abwärtsspirale in Gang zu setzen. Das habe zur Folge, dass es immer schwerer werde, Unternehmen in die nächste Inhabergeneration zu führen. "Da kommt eine blöde Welle auf uns zu, die sich massiv auf die Innenstädte auswirken kann", sagt Döring. Es komme zu einer Abwertung der Aufenthaltsqualität, weil der klassische inhabergeführte Einzelhandel gar nicht oder durch Unternehmen mit geringerer Anziehungskraft ersetzt würde. Er habe nichts gegen Nagelstudios oder Anbieter von Thai-Massagen. Aber diese würden eher weniger zu einem Stadtbummel einladen. "Das läuft auf eine komplette Entkernung des Einzelhandels hinaus" "Wenn die Verbraucher ihre Verhaltensstrukturen so beibehalten, dann läuft das auf eine komplette Entkernung der Einzelhandelsstruktur in Deutschland hinaus", ist Dörings düstere Prognose. "Wenn den Menschen ihre Innenstadt etwas Wert ist, dann müssen sie ihr Verhalten ändern." Dass sich der Handel in den vergangenen Jahren stark verändert hat, erlebt Döring im eigenen Unternehmen. Im Jahr 2013 hat er im Herforder Zentrum eine Filiale mit seinem klassischen Sortiment aus Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräten (weißer Ware) eröffnet. "Die Erwartungen, die wir mit diesem Standort verknüpft haben, sind leider nicht eingetreten." Im Sommer zog er die Konsequenz. Die Fläche wurde reduziert und Döring verkauft dort nur noch weiße Ware. Ein Action-Markt wird die frei werdenden Flächen nutzen. "Wir sind dort in einer Phase angetreten, als es deutlich schwerer wurde, Kunden zu binden. Das liege nicht nur an der Konkurrenzsituation in Herford. Auch hier spiele der Online-Handel eine Rolle. Das sei auch eine Generationsfrage. "Besonders die jungen Leute fehlen uns. Und das nicht nur in Herford." "Einen sechsstelligen Betrag investiert" Mit der Entwicklung seiner Filialen ist er mit Blick auf das schwierige Umfeld zufrieden. In Bad Salzuflen sei die Fläche, wie schon vor Jahren geplant, von 2.000 auf 1.500 Quadratmeter reduziert worden. "Der Laden war von Anfang an zu groß. Dort haben wir einen sechsstelligen Betrag investiert und den Standort auf den neuesten Stand gebracht." Und auch das Online-Geschäft lässt sich Döring nicht entgehen. "Den Umsatz in unserem Webshop haben wir in den letzten Jahren mehr als verdoppelt." Darüber halte sich aber der Jubel im Grenzen. Die stationäre Beratung mache die Qualität des Handels aus. Und das zu Preisen, die nicht höher sind als im Netz. "Das könnten wir uns gar nicht erlauben, weil die Kunden oft im Laden online mit ihren Handys die Preise vergleichen."

Meistgelesen