Marode Straße in Kirchlengern: 86-Jähriger flickt Schlaglöcher selbst

Kirchlengern. Statt im Schaukelstuhl zu sitzen, sollen Rentner nach dem Willen einiger Politiker ja ohnehin zum Arbeiten animiert werden. Der Fachkräftemangel macht’s möglich. Ob damit allerdings gemeint ist, dass 86-Jährige künftig marode Straßen flicken, darf dann aber wohl doch bezweifelt werden. Genau das ist jetzt im Kirchlengeraner Ortsteil Stift Quernheim passiert. Franz Mair selbst sieht die Sache ganz locker. Der gebürtige Südtiroler, der seit 1966 in Deutschland lebt, ist ohnehin niemand, der sich immer nur auf andere verlässt. &bdquo;Bei vielen Sachen wird viel zu viel Theater gemacht. Wir verwalten uns ja tot, obwohl man vieles schnell erledigen könnte. Letzte Woche habe ich mir gesagt, dass ich jetzt nicht mehr länger warten will“, erzählt der 86-Jährige, wie es zu der spontanen Aktion gekommen ist. Seit 1974 leben er und seine Frau Karola am Heckenweg. Dieser sei nie in einem guten Zustand gewesen, aber nach dem Glasfaserausbau im Frühsommer 2024 sei es wirklich schlimm. Die Firma habe den ausgebuddelten Kabelkanal nur provisorisch zugeschüttet. Deutlich erkennbar sind an vielen Stellen große Löcher zurückgeblieben. Abends nur mit Taschenlampe unterwegs &bdquo;Wenn man abends hier über die Straße geht, muss man eine Taschenlampe mitnehmen, damit man in den Löchern nicht umknickt und sich etwas bricht“, sagt Karola Mair. Die 76-Jährige begrüßt die Eigeninitiative ihres Mannes, früher sei so etwas ja schließlich auch selbstverständlich gewesen. Zum Thema: Straße löst sich auf: Ist das Kirchlengerns schlimmste Huckelpiste? Und so schnappt sich Franz Mair am Freitag, 21. Februar, sein Auto und fährt zum ortsansässigen Baustoffhändler, um dort 400 Kilogramm Schotter in seinen Anhänger zu laden. &bdquo;Das Geld ist kein Thema, Hauptsache die Löcher sind zu“, sagt der ehemalige Werkstattleiter bei MB-Reisen auf die Frage, ob er seine Auslagen erstattet haben möchte. Wieder im Heckenweg angekommen, fährt er mit der Schubkarre im Radius von zehn Metern um sein Haus von Schlagloch zu Schlagloch. Nachdem er diese mit Schotter aufgefüllt hat, stampft er die Füllung anschließend noch fest. &bdquo;Manche Löcher waren so tief, dass dort eine halbe Schubkarre Schotter hineingepasst hat“, erzählt der 86-Jährige. Sorge um den Enkel auf dem Fahrrad Dass Mair die Straßensanierung kurzerhand in die eigenen Hände nimmt, bleibt nicht lange unentdeckt. Annette Kiel sieht ihren Nachbarn und fotografiert diesen bei der Arbeit. Die 64-Jährige ist dankbar, dass der rüstige Rentner tätig geworden ist. &bdquo;Wir haben einen siebenjährigen Enkel, der jetzt Fahrradfahren kann, und wir haben immer Sorge, dass er wegen der Schlaglöcher stürzt“, sagt sie. Auch Franz Mair hat bei seiner Aktion an die Kinder gedacht. Im benachbarten Neubaugebiet &bdquo;Am Osterbach“ seien viele junge Familien eingezogen, und die Kinder seien im Heckenweg mit dem Roller, dem Kettcar oder per Fahrrad unterwegs. &bdquo;Von denen sind einige schon wegen der Schlaglöcher hingefallen, und das hat mir leidgetan. Wenn die mit den kleinen Rädern in ein tiefes Loch fahren, gehen die ja vorne rüber“, sagt der Südtiroler. Dass seine Aktion nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, wissen er, seine Frau und auch Nachbarin Annette Kiel. Deshalb hoffen sie, dass die Gemeinde demnächst tätig wird und die Löcher wenigstens im Rahmen der sogenannten Verkehrssicherungspflicht verschließt. Gemeinde Kirchlengern ist über Straßenzustand informiert Bislang sei das nicht passiert, obwohl die Verantwortlichen bei der Gemeinde über den Straßenzustand informiert seien. Im November 2024 habe sie erstmals eine Mail ins Rathaus geschickt, berichtet Kiel. Daraufhin habe man ihr geantwortet, dass die Straße demnächst für die Sanierung vorgesehen und in 2025 die erste Anliegerversammlung geplant sei. Ein Blick in das sogenannte Straßen- und Wegekonzept der Gemeinde bestätigt das. &bdquo;Man weiß ja, wie lange so etwas dann dauert, und die Löcher hätten ja trotzdem schon ausgebessert werden können“, sagt Franz Mair. Hinweise darauf, dass das demnächst passiert, gibt es jedenfalls noch nicht. Nachdem sie die Fotos des 86-Jährigen beim Flicken der Straße auch an die Gemeinde geschickt habe, habe sie als Antwort lediglich den Hinweis erhalten, dass die Deutsche Glasfaser für die Wiederherstellung zuständig sei, berichtet Annette Kiel. Und weil in Deutschland die Mühlen der Bürokratie bekanntlich langsamer mahlen, hat Franz Mair bereits vorgesorgt. Am Straßenrand liegen mehrere kleine Schotterhaufen. &bdquo;Damit ich nachfüllen kann, falls was absackt“, sagt der 86-Jährige. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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