Knöllchen-Kontroverse: Ist die Bußgeldpraxis in Kirchlengern zu streng?

Kirchlengern. Dass Kirchlengerns Bürgermeister Rüdiger Meier (CDU) und SPD-Fraktionsvorsitzender Oliver Lüking nicht immer einer Meinung sind, liegt in der Natur der Sache. Als Teil der politischen Auseinandersetzung versuchen sowohl der Amtsinhaber als auch sein Widersacher regelmäßig, bei Bürgerinnen und Bürgern zu punkten. Aktuell schlägt der SPD-Politiker vor, dass die Gemeinde Falschparker unter bestimmten Bedingungen zunächst ermahnen, statt sofort bestrafen soll. In einer Pressemitteilung berichtet Lüking von einer Anliegerversammlung zum Ausbau des Lärchenweges, an der er als Gast teilgenommen habe. Dort habe sich ein Strafzettel an einem parkenden Auto befunden, obwohl das Fahrzeug auf den ersten Blick korrekt abgestellt worden sei. &bdquo;Obwohl es keine Parkverbotsschilder gibt, keine Zufahrt blockiert und auch nicht auf dem Gehweg geparkt wurde, fand sich ein Knöllchen hinter der Windschutzscheibe“, schildert Lüking den Fall. Als bei der Gemeinde Kirchlengern ausgebildeter Verwaltungswirt weiß er aber natürlich, dass das Ticket juristisch korrekt ist, dieses allerdings aus Sicht von Lüking auf einer &bdquo;relativ wenig bekannten Vorschrift“ basiert. Verständnis über Unmut der Anlieger Gemäß Paragraf 12 der Straßenverkehrsordnung ist das Halten &bdquo;an engen und an unübersichtlichen Straßenstellen“ unzulässig. Die Frage, die sich Autofahrer vor dem Abstellen ihres Pkws auf schmalen Straßen stellen müssen, lautet also: Ist hier eine enge Straßenstelle? Oliver Lüking klärt auf: &bdquo;Eng ist eine Straßenstelle nach der Rechtsprechung in der Regel dann, wenn der zur Durchfahrt insgesamt freibleibende Raum für ein Fahrzeug höchstzulässiger Breite von 2,55 Meter zuzüglich 50 Zentimeter Seitenabstand bei vorsichtiger Fahrweise nicht ausreichen würde. Dementsprechend muss ein Haltender grundsätzlich eine Fahrbahnbreite von 3,05 Meter zum gegenüberliegenden Fahrbahnrand freihalten.“ Laut Lüking mache diese Regelung auch Sinn, &bdquo;da Müll- und Räumfahrzeugen, aber insbesondere auch Rettungsfahrzeugen jederzeit eine ungehinderte Durchfahrt ermöglicht werden muss“. Auch wenn es sich beim Abstellen eines Autos an einer zu engen Stelle also um eine Ordnungswidrigkeit handele, die geahndet werden müsse, könne er den Unmut der Anlieger über die Knöllchen aber nachvollziehen. Forderung nach Sensibilisierung der Bevölkerung &bdquo;Über Jahrzehnte wurde dort geparkt, und nie wurde es geahndet. Und seien wir ehrlich, wer hat sich wirklich Gedanken über die 3,05-Meter-Regelung gemacht? Wer hat das auf dem Schirm?“, fragt Lüking. Da der Lärchenweg nicht die einzige zu schmale Straße in Kirchlengern sei, an der nicht geparkt werden dürfe, schlägt der SPD-Politiker vor, die Bevölkerung verstärkt zu sensibilisieren und auf diese Regelung hinzuweisen. &bdquo;Wir haben das Medium der Elsestifte und auch die Homepage der Gemeinde Kirchlengern. Hierüber kann jeder Haushalt erreicht werden“, so Lüking. Lesen Sie auch: Ärger um Parkplatz-Überwachung in Herford: Mann soll doppelt zahlen Denkbar wäre laut Lüking vielleicht auch, es beim ersten Verstoß statt eines Bußgeldes bei einer Ermahnung zu belassen. Ob das umsetzbar sei, müsse geprüft werden. &bdquo;Unwissen schützt zwar nicht vor Strafe, aber als Dienstleister für die Bürgerinnen und Bürger sollte es zunächst das Ziel sein, die Menschen aufzuklären, anstatt sofort zu bestrafen“, fordert Lüking. Laut Rüdiger Meier bleibt der erste Verstoß schon jetzt ohne Knöllchen Dieser Vorstoß des SPD-Politikers sorgt bei Rüdiger Meier (CDU) für Unverständnis. Denn laut Kirchlengerns Bürgermeister würde das von Lüking geforderte Verhalten &bdquo;von der Gemeinde längst so praktiziert“. Da sich die Anwohner schon vor Jahren über falsch parkende Fahrzeuge beschwert hätten, würde die Parksituation am Lärchenweg regelmäßig kontrolliert. &bdquo;Bei Fahrzeugen, die auf der Straße parken und bei denen keine Restfahrbahnbreite von 3,05 Meter gegeben ist, erfolgt beim ersten Vergehen grundsätzlich keine Sanktionierung“, sagt Meier. Stattdessen würde jede Fahrzeughalterin und jeder Fahrzeughalter beim ersten Verstoß einen freundlichen Hinweiszettel an die Windschutzscheibe bekommen oder im Begegnungsfall einen persönlichen freundlichen Hinweis. Erst im Wiederholungsfall würde ein Verwarngeld fällig. Meier weist zudem darauf hin, dass in den vergangenen zwei Jahren am Lärchenweg lediglich zwei Verwarngelder für das Parken an einer engen Straße ausgesprochen worden seien. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht dessen, dass es eine Fülle gesetzlicher Regelungen gebe, die ohnehin für alle Menschen gelten würden, scheint es laut Bürgermeister Meier &bdquo;doch mehr als fragwürdig, fast schon anmaßend, zukünftig alle in Kirchlengern lebenden Menschen auf einzelne Regelungen hinzuweisen“.

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