Besondere Immobilie im Kreis Herford: So wohnt es sich in einem alten Bahnwärterhäuschen

Kirchlengern. Nach einer Klingel sucht man vergeblich an diesem Haus. Lediglich ein aus eisernen Guss geschmiedeter Klopfer ziert die Holztür des besonderen Gebäudes in einer besonderen Gegend in Kirchlengern, nahe der Grenze zu Löhne. Klopft man damit, ist draußen nicht viel zu hören. Es ist allgemein ziemlich still, obwohl die B239 nur wenige Meter von dem Gebäude entfernt verläuft und die Bahnschienen direkt hinter dem Garten liegen. So gut wie jede halbe Stunde fahre ein Zug hier lang, sagt die Noch-Eigentümerin des ehemaligen Bahnwärterhäuschens. Die fast 80-Jährige lebe schon seit einigen Jahren alleine in dem Haus mit dem riesen Garten und möchte jetzt in die Nähe zu ihren Kindern ziehen. Ihr verstorbener Ehemann hätte das Haus vor einigen Jahren von der Deutschen Bahn abgekauft. Zuvor wurde es von den Bahnwärtern bewohnt. Solche Häuser wurden deutschlandweit an Bahnübergängen errichtet, damit die Mitarbeiter der damaligen Reichsbahn eine Wohnmöglichkeit direkt an der Dienststelle hatten. Bahnschranken mussten händisch herunter gekurbelt werden Laut des Deutschen Verkehrsbuches, das 1931 von Hans Baumann veröffentlicht wurde, waren Bahnwärter und Oberbahnwärter &bdquo;Bahnbewachungsbeamte, denen die Überwachung der verkehrsreichen Wegeübergänge und der Bahnstrecke, die Signalgebung, Mitwirkung bei der Bahnunterhaltung und Ausübung der Bahnpolizei obliegt.“ Das heißt, sie hatten die verantwortungsvolle Aufgabe, die Schranken an Bahnübergängen händisch herunter zu kurbeln und das Signal zu geben, wenn der Zug kam – und das Tag und Nacht. Deshalb mussten sie in Schichten arbeiten. Bahnbewachungsbeamte gingen aus Zivilanwärtern (Arbeitern der Verwaltung) oder aus Versorgungsanwärtern und Anstellungsanwärtern hervor und hatten sich erst einer Prüfung zu unterziehen, bevor sie als qualifiziert galten. Die Zahl der Bahnwärter der Reichsbahn in 1929 betrug laut Verkehrsbuch 10.532. Als die Schranken dann modernisiert und automatisch heruntergingen, begannen die DB und das Bundeseisenbahnvermögen die Diensthäuser entweder zu verkaufen oder abzureißen, so ein Sprecher der Deutschen Bahn. &bdquo;Da beim Verkauf der Häuser die Originalunterlagen dem Käufer übergeben wurden, gibt es selten Unterlagen in den Bahnarchiven.“ Wie viele Bahnwärterhäuschen es in Deutschland noch gibt, könne er nicht sagen. Viele Bahnwärterhäuser werden heute über Airbnb angeboten Auffällig ist aber, dass die Bahnwärterhäuser, die heute noch stehen, sich einer gewissen Beliebtheit erfreuen. &bdquo;Aus vielen wurden Airbnbs gemacht“, erklärt die Immobilienmaklerin Stefanie König. Das ist eine Plattform, worüber private Wohnungen gemietet oder vermietet werden können. Es gebe sogar eine Gemeinschaft, die sich speziell auf Bahnwärterhäuschen eingeschworen hätte. &bdquo;Es ist die Alleinlage, die die Immobilie so interessant macht“, mutmaßt König. Den Grund hätten auch Kaufinteressenten genannt. Die Nachfrage bei dem Gebäude sei groß gewesen, so die Immobilienmaklerin. Mittlerweile hätte sich auch schon ein neuer Eigentümer gefunden.&bdquo;Was auch nicht jedes Haus hat, ist die Treppe von der Küche hoch ins Schlafzimmer“, sagt sie. Man kann also über das Treppenhaus im Flur in den ersten Stock gelangen und über die schmale Treppe in der Küche wieder hinunter. Auch habe das Haus mit der etwa 110 Quadratmeter großen Wohnfläche noch den historischen Charme erhalten: die hohen Fenster mit den Klappläden, die Türbogen und der Kamin zum Beispiel. Ansonsten ähnelt die Raumaufteilung den heutigen Häusern: Oben befinden sich zwei Schlafzimmer, Durchgangszimmer und Bad, im Erdgeschoss dann die Küche, Esszimmer und Wohnzimmer sowie der Gang über einen Fachwerkanbau nach draußen auf die Terrasse und im Keller befindet sich der Heizungskeller sowie Vorratsräume. Um die dortige Schranke muss sich niemand mehr kümmern. Der Bahnübergang wurde laut der Maklerin 1995 stillgelegt. Der Rest der Straße, die dort lang führte, ist jetzt die private Zufahrt zu dem etwa 2.000 Quadratmeter großen Grundstück.

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