"Es schmerzt": Traditionskneipe „Myer Zwo“ in Kirchlengern ist Geschichte

Kirchlengern. &bdquo;Ich bin vorbereitet“, sagt Paul Niehoff, lächelt und stellt einen kleinen Karton auf den Küchentisch. Darin enthalten: jede Menge Bilder und Zeitungsausschnitte aus drei Jahrzehnten &bdquo;Myer Zwo“. Einer wird wohl noch dazukommen: der über die endgültige Schließung der Kneipe an der Stiftstraße, die seit Februar ’22 ohnehin schon geschlossen war. &bdquo;Es schmerzt, darüber nachzudenken, was war – und dass es nun wirklich vorbei ist“, sagt seine Frau. &bdquo;Aber es gibt auch viele Momente à la ,Weißt Du noch?’ und ,Erinnerst Du Dich?’. Und wir sind stolz auf das, was wir hier geleistet haben.“ Den Anfang nahm die Meyer-Zwo-Geschichte 1991. &bdquo;Wir kommen aus Niedersachsen und hatten da schon eine Gaststätte“, erzählen die beiden. Dann hätten sie etwas Neues auf dem Land gesucht. Die Herforder Brauerei habe ihnen die Gaststätte &bdquo;Uppe Treppen“ in Stift Quernheim vermittelt – das Haus hatte da bereits knapp 200 Jahre als Schenke hinter sich. Mehr zu Freizeit-Themen im Kreis Herford und Kreis Minden-Lübbecke finden Sie in unserem Spezial "Lifestyle, Gastro, Shopping" Wieso dieser Name? Um den Menschen zu zeigen, dass etwas Neues öffnete, musste seinerzeit ein neuer Name her. &bdquo;Und weil in der Nachbarschaft alle Meier oder irgendwas mit -meier hießen, haben wir die Kneipe ,Myer Zwo’ genannt“, hatte Niehoff der NW zum 25-Jährigen im Jahr 2016 erklärt. Und die ungewöhnliche Schreibweise? Und die Zwo? &bdquo;Sollte halt irgendwie originell sein“, sagt er und lacht. Geschadet hat’s offensichtlich nicht – der Laden brummte jedenfalls schon ziemlich bald. Niehoff holt ein kleines Album aus dem Karton, mit Bildern jener Gäste der ersten Stunde – und einem charismatischen Wirt, dessen üppiger Schnäuzer das einstige WDR-Walross &bdquo;Antje“ vor Neid erblassen ließe. In den 90er Jahren waren es noch die Rentner, die zum Frühschoppen die Kneipe an der Hauptstraße füllten. Zwischendurch schauten auch Briefträger, Schornsteinfeger oder der Dorfpolizist auf ein Gläschen vorbei. &bdquo;Das hat sich mit den Jahren natürlich kolossal geändert“, erzählt Niehoff. Die Hauptzeit sei irgendwann der Abend geworden. Und: &bdquo;Manche Kunden von zuletzt waren die Kinder der Kunden von früher – da erlebte man ganze Lebensgeschichten mit.“ Der Wirt hört zu - und schweigt Manchmal habe man als Gastwirt auch mehr mitbekommen, als einem lieb war. Politische Einstellungen zum Beispiel. &bdquo;Da hab’ ich mich aber meistens rausgehalten – die Leute wussten ja auch irgendwann, wie ich ticke“, sagt Niehoff. Der 67-Jährige ist TAZ-Leser und Werder-Bremen-Fan, kommt also eindeutig aus dem linken Spektrum. Während er seinen Platz &bdquo;hinterm Brett“ hatte, sorgte seine Frau für die feste Nahrung: Suppen, Salate, Pasta, Pizzen und Baguettes standen auf der Karte. &bdquo;Anfangs mussten wir uns dafür rechtfertigen, dass es bei uns nicht einfach nur Frikadellen und Pommes gab“, erzählt Pfeiffer-Niehoff. Aber auch das hätte sich im Laufe der Zeit geändert. Und dann gibt es noch einige Dinge, auf die die beiden besonders stolz sind: das Stifter Maifest als Nachfolger der Stifter Maiwoche zum Beispiel. &bdquo;Das wurde in unserem Gastraum erdacht und fand auch lange Zeit auf unserem Parkplatz statt“, sagt Ulrike Pfeiffer-Niehoff – und ihr Mann kramt den dazugehörigen NW-Artikel hervor. Traditionen etabliert Dann das traditionelle &bdquo;Adventsgrillen“ an jedem Adventssonntag – wenn man so will, ein Vorläufer des Stifter Weihnachtsmarktes. &bdquo;Heute grillen viele Leute im Winter – früher war das noch was Besonderes“, sagt Niehoff und erinnert sich an einen Gast, der für das Event eigens eine Hütte zimmerte. Unvergesslich auch die zahllosen Konzerte und spontanen Musikaufführungen an langen Freitagabenden. Und geradezu legendär: der &bdquo;scheinheilige Frühschoppen“ am Heiligabend (zum Leidwesen der daheimgebliebenen Angehörigen manchmal ausschweifend lang) mit der wohlbekannten Spendenaktion für bedürftige Kinder in Afrika (die NW berichtete). Und obwohl ein Kunde auch zum jüngsten Weihnachtsfest noch seine 50 Euro für die Aktion vorbeibrachte: Die Geschichte des Myer Zwo ist nun zu Ende geschrieben. Eigentlich, so Niehoff, habe er ja noch &bdquo;bis 70“ weitermachen wollen, zumal die letzten Jahre nicht so toll gewesen seien. Die Pandemie und eine plötzliche Erkrankung hätten einiges kaputtgemacht. Doch seine anhaltenden gesundheitlichen Probleme seien es nun auch, die den beiden keine andere Wahl ließen. &bdquo;Paul wird sicherlich nicht wieder hinter der Theke stehen können“, sagt Ulrike Pfeiffer-Niehoff und ihr Mann streicht sich über das Gesicht, auf dem nun kein Bart mehr wächst. Wie es weitergehen könnte Und was wird aus dem Haus? Und aus der Kneipe direkt unter der Wohnung? &bdquo;Wir wissen es nicht, wir wissen es nicht“, sagt Pfeiffer-Niehoff. Und wenn sich ein Pächter fände und die Kneipe unter demselben Namen übernähme? Die beiden lächeln. Ein schöner Gedanke. Verdient hätte es das Haus. Von den beiden Wirtsleuten, die hier über drei Jahrzehnte Dorfgeschichte schrieben, mal ganz abgesehen.

Meistgelesen