Kirchlengern Schwere Vorwürfe gegen Altenheim: "Mitarbeiter sind am Ende ihrer Kräfte"

Kirchlengern. Schwere Vorwürfe gegen die Seniorenresidenz Klosterbauerschaft: Konkret geht es um die Arbeitsbedingungen sowie Mängel in der Pflege. Weil sie laut eigener Aussage bei den zuständigen Stellen kein Gehör gefunden hätten, wenden sich die Mitarbeiter in ihrer Not jetzt mit einem zweiseitigen Schreiben an die Neue Westfälische. &bdquo;Die Mitarbeiter sind am Ende ihrer Kräfte", heißt es in dem handschriftlich verfassten Brief, der als Absender mit &bdquo;Pflegekräfte der Seniorenresidenz Klosterbauerschaft" unterschrieben ist. In dem Schreiben heißt es, dass viele Kollegen in den vergangenen Monaten die Einrichtung verlassen hätten. &bdquo;Überlastungsanzeigen, die von Mitarbeitern geschrieben wurden, brachten auch keine Wendung. Da viele Mitarbeiter unzufrieden sind, gab es in den letzten Monaten eine große Kündigungswelle." Die Mitarbeiter, die aktuell noch tätig seien, &bdquo;sind am Ende ihrer körperlichen Kräfte". Daher komme es derzeit &bdquo;vermehrt zu Krankmeldungen". "Keinen Praxisanleiter für diese Auszubildende" Die Verfasser erklären, dass derzeit 75 Bewohner auf fünf Wohnbereichen zu versorgen seien. &bdquo;Das muss oft von nur vier bis fünf Pflegekräften geschafft werden", schreiben sie. Unter diesen Mitarbeitern &bdquo;befinden sich oft ein bis zwei Auszubildende im ersten Lehrjahr, die noch gar nicht alleine auf einem Wohnbereich arbeiten dürfen", heißt es in dem Brief. Zudem gebe es auch &bdquo;keinen Praxisanleiter für diese Auszubildenden". Aufgrund der Arbeitsbedingungen sei es zudem schwierig, &bdquo;die Pausenzeiten einzuhalten". Abgerechnet würden diese trotzdem automatisch. Kritisiert wird auch, dass die Pflegekräfte aufgrund des Personalmangels &bdquo;ihren Wohnbereich oft verlassen, um auf anderen Stationen zu helfen". Die jeweiligen Wohnbereiche seien &bdquo;dann unbesetzt und die pflegebedürftigen Personen ohne Aufsicht." Um die Arbeit zu schaffen, sollen an Demenz erkrankte Bewohner &bdquo;oft schon nachmittags Abendessen und Tabletten bekommen" und &bdquo;werden gegen 17 Uhr zu Bett gebracht". Ansonsten sei es nicht zu schaffen, &bdquo;alle Leute zu versorgen". Im Frühdienst laufe es ähnlich ab. Einige Bewohner sollen laut dem Schreiben &bdquo;erst um 11.30 Uhr Frühstück und Medikamente bekommen". Um 12 Uhr gebe es dann schon wieder Mittagessen und Tabletten. &bdquo;Eine fachgerechte und liebevolle Pflege ist bei dem derzeitigen Personalstand nicht möglich." Die Verfasser erklären zudem, dass es in der Einrichtung derzeit an Führungskräften fehle. Laut des Schreibens habe &bdquo;der Pflegedienstleiter vor einigen Monaten gekündigt." Einen Ersatz gebe es noch nicht. Eine kommissarische Pflegedienstleitung sei &bdquo;nur stundenweise im Haus". Eine neue Einrichtungsleitung sei zwar seit Mitte März im Haus, &bdquo;jedoch seit einigen Wochen krankgeschrieben". Unternehmen weist Kritik zurück Die NW hat die Residenz-Gruppe, die die Einrichtung in Klosterbauerschaft betreibt, mit den Vorwürfen konfrontiert. Sprecher Bernhard Rössler erklärt, dass in der &bdquo;gut belegten Seniorenresidenz mit 80 Pflegeplätzen" der vorgegebene Pflegeschlüssel eingehalten werde. Wie viele Mitarbeiter dort konkret in der Pflege beschäftigt sind, teilt das Unternehmen trotz mehrfacher Nachfrage nicht mit. Dass ein Praxisanleiter für Auszubildende fehlt, bestätigt der Sprecher. &bdquo;In der Seniorenresidenz Klosterbauerschaft suchen wir zurzeit intensiv eine geeignete Person, die diese Stelle ausfüllen wird. Bis dahin steht den Auszubildenden jede Pflegefachkraft mit vollem Einsatz zur Seite", so Rössler. Das Unternehmen erklärt auch, dass es zu personellen Umstrukturierungen gekommen ist. &bdquo;Die neue Pflegedienstleiterin, die wir zum 1. Juli eingestellt haben, erhält in ihrem ersten Monat ihre Einarbeitung in einer anderen Seniorenresidenz unserer Gruppe und beginnt am 1. August in der Seniorenresidenz Klosterbauerschaft", erklärt der Sprecher. Während dieser Zeit übernehme eine erfahrene Pflegedienstleiterin einer anderen Seniorenresidenz der Gruppe die Funktion in Klosterbauerschaft. &bdquo;Sie kennt die Residenz sehr gut, denn sie hat hier zuvor selber gearbeitet." Die Aufgaben der Einrichtungsleitung werde interimistisch von der Pflegedienstleitung übernommen – die Besetzung der Position erfolge zeitnah, heißt es in der Stellungnahme. Beschwerde beim Kreis eingegangen Zu den Anschuldigungen im Pflegebereich teilt das Unternehmen mit, dass der Teamgeist besonders wichtig sei. &bdquo;Mitarbeiter helfen sich gegenseitig, wenn in einem Bereich mehr und in einem anderen gerade weniger getan werden muss. Oberster Grundsatz: Es stehen für jeden Bewohner und jeden Wohnbereich immer Mitarbeiter bereit", sagt Rössler. Das Abendessen für Bewohner gebe es zudem um 18 Uhr, anschließend finde die pflegerische Versorgung statt. &bdquo;Aber wenn Bewohner früher schlafen gehen oder später frühstücken möchten, dann geht auch das", sagt der Sprecher. Die Medikamentenabgabe richte sich zudem immer exakt nach der ärztlichen Verordnung. &bdquo;Das gilt auch für ihren zeitlichen Ablauf." Der Kreis Herford teilt auf Nachfrage mit, dass bei der Heimaufsicht derzeit eine Beschwerde über die Seniorenresidenz Klosterbauerschaft vorliege. Diese sei jedoch von Angehörigen und nicht von Mitarbeitern verfasst worden. &bdquo;Eine Regelprüfung ist in der Regel alle zwei Jahre vorgesehen", erklärt Kreissprecher Patrick Albrecht. Außerplanmäßige Kontrollen habe es in der Einrichtung in den vergangenen Monaten nicht gegeben. Auch &bdquo;ordnungsrechtliche Sanktionen" seien von der WTG-Behörde, wie die Heimaufsicht offiziell heißt, nicht ausgesprochen worden.

Mehr zum Thema