Corona: "Europa kann von Afrika lernen"

Kirchlengern/Freetown. Susanne Schröder sitzt in ihrer Wohnung in Stift Quernheim. Zwei Wochen eher als ursprünglich geplant. Ursprünglich wollte sie jetzt noch nicht in Kirchlengern, sondern in Sierra Leone sein. In der Hauptstadt Freetown leitet sie das Büro der Clinton Health Access Initiative (CHIA) und kümmert sich um die Verbesserung des dortigen Gesundheitssystems. Zudem engagiert sie sich bei den Driving Doctors. Der in Kirchlengern gegründete Verein unterstützt mobile medizinische Teams und hilft besonders Schwangeren und Kindern. Doch der Ausbruch des Coronavirus hat die Situation verändert. Flugverkehr im Land gestoppt Zwar vermeldete der afrikanische Staat erst am vergangenen Dienstag den ersten bestätigten Corona-Fall, die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus laufen aber schon deutlich länger. Seit dem 13. März musste sich jeder, der aus einem Land mit mindestens 50 Fällen nach Sierra Leone einreisen wollte, 14 Tage lang isolieren. Es wurde angekündigt, dass Beamte Kontrollbesuche durchführen. Die Kirchlengeranerin erwischt noch einen der letzten Flüge von Air France, die das Land verlassen. "Die letzten drei Flüge von Brussel Airways waren alle sofort ausverkauft. Mittlerweile ist der Flugverkehr für drei Monate gestoppt", sagt Susanne Schröder. Derzeit arbeitet sie aus dem Home Office in Stift Quernheim für die weltweit vernetzte Initiative. Anstatt in persönlichen Gesprächen wird jetzt telefoniert oder per Laptop kommuniziert. Doch auch das ist nicht immer einfach. Der Kontakt mit einem Kollegen in Indien lässt sich nur schwer halten. "Dort arbeiten so viele Menschen zu Hause, dass das Internet immer mal wieder zusammenbricht", berichtet Susanne Schröder. Es wird improvisiert so gut es geht. Man merkt ihr an, dass der Abschied aus Free Town schwer gefallen ist. "Obwohl unsere Zentrale allen Mitarbeitern freigestellt hat, von zuhause aus zu arbeiten, hatte ich das Gefühl, dass man die Mitarbeiter im Stich lässt", sagt Susanne Schröder. Virus bremst Hilfsprojekt Die Zeit für ihre Mitarbeiter in Free Town sei schwer, berichtet sie. Die Angst vor einer Ansteckungswelle ist vorhanden und vielen Menschen in Sierra Leone sind die Ausbreitung von Ebola und die schwerwiegenden Folgen noch gut in Erinnerung. Europa könne aber von Afrika lernen, sagt Susanne Schröder. Schließlich sei ein wirksames Mittel gegen Ebola die Unterbringung von Infizierten in Quarantäne gewesen. Vielleicht können die vor einigen Jahren gemachten Erfahrungen ein Vorteil sein, um die Ausbreitung des Coronavirus im kleinen afrikanischen Staat zu verlangsamen und zu stoppen. Folgen hat der Coronavirus auch für das Hilfsprojekt der Driving Doctors. Die mobilen medizinischen Teams können die Dörfer derzeit nicht anfahren. In den Unterständen der Helfer versammeln sich meist große Menschenmassen. "Oft warten dort 70 bis 100 Frauen auf Hilfe", sagt Susanne Schröder. Das Ansteckungsrisiko ist derzeit zu groß. "Daher haben wir das Projekt erst einmal gestoppt", sagt sie. Seife wird in Dörfer gebracht Die Zeit, in der die fahrenden Gesundheitsmitarbeiter nicht unterwegs sein können, nutzt der Verein für Fortbildungen. "Unsere Mitarbeiter werden zum Beispiel im Bereich der Hygienemaßnahmen geschult", berichtet Susanne Schröder. Zudem ist ein Projekt in Aussicht, dass sich um die Versorgung der Dörfer mit Hygienematerial kümmern soll. Die Driving Doctors wollen abgelegene Dörfer mit Seife versorgen. "Alle sollen sich gründlich die Hände waschen, doch viele können sich die Seife nicht leisten", sagt Schröder.

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