Interview: SPD-Fraktionschef würde an "Meiers Stelle nicht kandidieren"

Kirchlengern. Die SPD Kirchlengern hat sich jüngst im Vorstand neu aufgestellt. Axel Meier trat als Vorsitzender zurück, Falk Krüger übernahm kommissarisch. In einem Jahr steht die Kommunalwahl an. Wie wollen sich die Sozialdemokraten dafür rüsten? Und mit welchem Kandidaten? Im Interview blicken Falk Krüger und der Fraktionsvorsitzende Oliver Lüking auf die Entscheidung zum Aqua Fun zurück, verraten erste Details für die Kommunalwahl und sagen, auf welche Themen es ankommen wird. Herr Krüger, Sie sind seit etwa einem Monat kommissarischer Vorsitzender der SPD Kirchlengern. Haben Sie sich in die neuen Aufgaben schon eingearbeitet? Falk Krüger: Axel Meier hatte in der Vergangenheit, als ich Stellvertretender Vorsitzender war, schon die eine oder andere Aufgabe delegiert. Da haben wir eng zusammen gearbeitet. Insofern war eine große Einarbeitung nicht erforderlich. Axel Meier ist aus beruflichen Gründen zurückgetreten. Wie kam es, dass Sie den Posten übernommen haben? Krüger: Axel Meier hatte mir mitgeteilt, dass er aus beruflichen Gründen deutlich kürzertreten muss. Er hatte - für diesen Fall - dem SPD-Kreisverband im Vorfeld versprochen, einen Nachfolger vorzuschlagen. Und da hatte er mich gefragt, ob ich es mir vorstellen kann. So ist es dann auch gekommen. Dementsprechend werde ich mich für den Posten des neuen Vorsitzenden zur Wahl stellen. Heißt, Sie wollen das Amt nicht nur vorübergehend, sondern länger ausüben? Krüger: Wenn die Genossen das wollen, dann würde ich das wahnsinnig gerne tun. Das Datum für die Wahl des Vorsitzenden haben wir noch nicht festgelegt. Das wird vermutlich um den Jahreswechsel sein. "Die Einzigen, die Rückgrat hatten" Herr Lüking, in diesem Jahr gab es eine große Entscheidung in Kirchlengern: der Neubau des Aqua Fun. Für Außenstehende wirkte es wie ein Hin und Her. Erst lehnt der Rat einen Neubau mit Sauna ab, dann kommt es zum Bürgerentscheid. Zwischenzeitlich fordert die UWGUWG einen Ratsbürgerentscheid über das gesamte Projekt. Wie haben Sie die SPD in dieser Zeit erlebt? Lüking: Die Meinungen in meiner Fraktion waren - ähnlich wie in der Bevölkerung - unterschiedlich. Wir hatten uns beraten und kamen zu dem Ergebnis, dass wir bei einem neuen Bad möglichst Kosten sparen wollen. Deshalb sprachen wir uns mehrheitlich dafür aus, auf die Sauna zu verzichten. Wir führten Gespräche mit der CDU. Und auch dort herrschte die überwiegende Meinung, dass wir ein Bad ohne Sauna bauen. Daraufhin vereinbarten wir mit der CDU: Wenn wir zu einem gemeinsamen Ergebnis - also, ein Bad ohne Sauna - kommen, dann wollen wir das vertreten und nach außen darstellen. Im Flyer zum Bürgerentscheid waren wir aber neben der FDP die Einzigen, die das Rückgrat hatten, ihre Positionen auch deutlich darzustellen. Darüber war ich sehr verwundert. Die SPD-Fraktion votierte im Mai mehrheitlich für den UWG-Antrag, dass die Bürger über das gesamte Projekt Aqua Fun entscheiden sollen. Warum? Lüking: Ein Projekt in dieser Größenordnung hat es in Kirchlengern noch nicht gegeben. Die finanziellen Auswirkungen werden noch in den nächsten 40 und 50 Jahren spürbar sein. Das betrifft somit mehrere Generationen. Da fanden wir den Vorschlag der UWG gut. Hätte es solch einen Ratsbürgerentscheid nicht schon früher geben müssen? Lüking: Je tiefgründiger geplant wurde, desto detaillierter standen die Kosten fest. Vorher waren es nur Daumensprünge. Die bis jetzt endgültigen Zahlen wurden erst um den Jahreswechsel präsentiert. Von daher war der Zeitpunkt für einen Ratsbürgerentscheid nicht zu spät, höchstens nur ein paar Monate. Krüger: Wir sehen beim Brexit, welche Auswirkungen es hat, wenn man die Bürger vor eine Entscheidung stellt, deren Konsequenzen nicht vollständig klar sind. Daher war es sinnvoll, das Projekt erst mit einer Planung zu hinterfüttern, bevor man solch eine Frage stellt. "Mehrere Personen als Bürgermeister-Kandidaten auf dem Zettel" Die SPD hat in Kirchlengern bei der Europawahl 15 Prozent der Stimmen im Vergleich zu 2014 verloren. Wie wollen Sie bei der Kommunalwahl ein besseres Ergebnis erreichen? Lüking: Kommunalwahlen werden zwar von bundespolitischen Stimmungen beeinflusst. Persönlichkeit spielt jedoch eine sehr große Rolle - vor allem in kleinen Kommunen wie Kirchlengern. Ich sage immer: Man wird nur gewählt, wenn man einen kennt. Es geht also nur über die handelnden Personen in den einzelnen Wahlbezirken. Wen will die SPD als Bürgermeister-Kandidaten ins Rennen schicken? Lüking: Wir haben mehrere Personen auf dem Zettel. Momentan führen wir noch Gespräche. Was feststeht: Wir werden nicht ohne Bürgermeister-Kandidat ins Rennen gehen. Stehen auf dem Zettel nur Personen, die in der SPD schon aktiv sind? Oder auch welche, die in der Kommunalpolitik noch nicht tätig sind? Lüking: Sowohl als auch. Ich kann aber noch keine Namen nennen. Bis wann haben Sie sich eine Deadline gesetzt? Krüger: Es könnte bis zum Frühjahr dauern. Derjenige, den es betrifft, hat auch ein Wörtchen mitzureden. Die Deadline ist die Einreichung der Wahlunterlagen. Diese Frist ist im Frühjahr. Lüking: Ich gehe davon aus, dass wir den Kandidaten früher präsentieren werden. Aber zuvor muss erst eine Entscheidung getroffen werden. Krüger: Wir können aber etwas zum Team sagen. Wir werden vom Durchschnitt her jünger und weiblicher werden. Das ist der Weg, den wir der Bundes-SPD unter dem Stichwort Erneuerung vormachen müssen. "Es muss kein Parteimitglied sein" Von welchen Faktoren hängt es ab, wer Bürgermeister-Kandidat wird? Lüking: Er muss die politische Richtung widerspiegeln. Das heißt nicht, dass es unbedingt ein Parteimitglied sein muss. Die Zeiten, in denen man beim Kandidaten streng nach dem Parteibuch schaut, sind vorbei. Die CDU stellt aktuell den Bürgermeister. Sehen Sie sich in der Außenseiter-Rolle? Lüking: Es ist normal, dass die Partei, die den Bürgermeister stellt, einen sogenannten Amtsbonus hat. Selbst wenn Rüdiger Meier nicht kandidieren würde, hat die CDU andere Möglichkeiten, den "Nachfolger" zu präsentieren. Da haben sie einen Vorteil - das muss aber nichts heißen. Ich weiß nicht, ob Rüdiger Meier noch einmal kandidieren wird. Ich persönlich würde es an seiner Stelle nicht machen. Er sollte - solange es noch geht - mehr Zeit bei seiner Familie verbringen. Das gönne ich ihm und seiner Familie von Herzen. Das ist auch nicht ironisch gemeint, sondern meine tiefste Überzeugung. Die Grünen sind im Aufwind, auch bei der Europawahl in Kirchlengern. Gibt es Überlegungen, einen gemeinsamen Kandidaten zu stellen? Lüking: Mit den Grünen haben wir natürlich die größte Schnittmenge. Gespräche mit den Grünen über einen gemeinsamen Kandidaten haben wir aber bisher nicht geführt. "In Kirchlengern ist viel von Aktionismus geprägt" Welche Themen werden für die anstehende Kommunalwahl entscheidend sein? Lüking: Neben der Klimaproblematik fällt mir das Thema soziale Gerechtigkeit ein. Ein paar Beispiele, wie es auch im Kleinen umgesetzt werden kann: Wir haben beantragt, dass der Personenkreis für den ermäßigten Eintritt bei der Veranstaltungsreihe "Kultur im Forum" erweitert wird. Unser Antrag für die Schülerbeförderungskosten ist weiterhin offen. Krüger: Auch die Mobilität ist ein wichtiges Thema im ländlichen Kirchlengern. Wir müssen Mobilität herstellen. Genau wie das Thema Sicherheit. Wir müssen uns damit vertraut machen, dass möglicherweise bald wieder mehr Flüchtlinge vor der Tür stehen. Und uns überlegen, wie wir damit als Gemeinde umgehen. Auch das Thema Umwelt muss man unter den sozialen Aspekten sehen. Lüking: Es ist ein generelles Problem in Kirchlengern, das viel von Aktionismus geprägt ist. Wir haben den Mustergärten an der Kita Häver zugestimmt - als einmalige Sache. Nur: Was folgt jetzt? Kommen noch 30 weitere Anträge mit Mustergärten? Was fehlt, ist ein Plan für die vielen Grünflächen in Kirchlengern. Mir schwebt vor, das Ganze zu bündeln. Können wir ein Konzept finden, um die Grünflächen aus umweltpolitischen Gesichtspunkten umzugestalten? Genauso herrscht beim Straßenbau Aktionismus. Es gibt eine Prioritätenliste mit Straßen, die in den kommenden Jahren saniert werden sollen. Sie wurden aber allesamt nicht untersucht. Deshalb haben wir ein Straßenerhaltungsmanagement gefordert, um die Straßen zu untersuchen. Und somit längerfristig festzulegen, welche Straße mit welchen Mitteln saniert wird. Mir fehlt im Umwelt-, Klima- und Straßenbereich die Vision für die nächsten 15 Jahre. Sie haben eben das Thema Sicherheit angesprochen. Worauf zielen Sie ab? Krüger: Ich möchte in einer Gemeinde leben, in der sich jeder sicher fühlen kann. Es ist indiskutabel, dass wir keine Polizeiwache in Kirchlengern haben. Doch das Thema Sicherheit ist nicht nur die Polizei, es sind mehrere soziale Aspekte, die dort eine Rolle spielen. Und in diesem Bereich wollen wir uns tummeln. Lüking: Was biete ich den Jugendlichen vor Ort? Auch diese Frage gehört zum Thema Sicherheit. Zum Beispiel treffen sich in Stift Quernheim die Jugendlichen an allen möglichen Orten: hinter der Kirche, am Buswartehäuschen an der Neuen Straße. Es ist auch für die Jugendlichen nicht befriedigend, wenn sie keinen Treffpunkt haben. Da wäre es schön, wenn wir im Norden der Gemeinde ein kleines Jugendzentrum bekommen würden. Das muss mittelfristig ein Ziel sein.

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