Hiddenhausen. Die frühere Monteur-Unterkunft am Bahnhof im Hiddenhauser Ortsteil Schweicheln war in der Vergangenheit immer wieder Ort von Einsätzen des Kreises, der Polizei, des Zolls und des Ausländeramts. Als Unterkunft genutzt werden darf das Gebäude nicht mehr. Untergebracht waren dort vor allem osteuropäische Arbeiter, die unter anderem rund um die Großgemeinde für einen in Hiddenhausen und Bünde lebenden Geschäftsmann Glasfaserleitungen verlegten.
Das ARD-Magazin Report Mainz hat nun einen der Männer, die in Hiddenhausen für den Subunternehmer arbeiteten, in Ungarn getroffen. Der Familienvater berichtet in dem Beitrag von Ausbeutung und körperlicher Gewalt. Das gezeigte Beispiel, so das Magazin, sei zwar ein extremer, aber kein Einzelfall beim Glasfaserausbau.
Seinen Job in Hiddenhausen hatte der Mann über einen Arbeitsvermittler in Ungarn bekommen. „Morgens gegen 6.45 Uhr, 7 Uhr sind wir los und es kam oft vor, dass ich erst gegen 21.30 Uhr wieder in der Unterkunft war“, berichtet der Mann vor der Kamera über seinen Arbeitstag.
670 Euro für zwei Monate Arbeit
Unter anderem hatte er - zusammen mit Kollegen - in Werther Glasfaserleitungen verlegt. Ein körperlich anstrengender Job. Erhalten habe er damals für zwei Monate Arbeit 670 Euro. Dabei seien mehrere Tausend Euro als Lohn vereinbart gewesen, berichtet der frühere Glasfaser-Arbeiter, der derzeit mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in einem einzigen Zimmer lebt. Versorgt worden seien sie nicht. In einer übersetzen Handynachricht fragt der Mann nach Nahrung: „Bald ist es Mittag. Wir haben noch nichts gegessen. Weil es nichts zu essen gibt. ... Was sind wir, Hunde???“
Unter anderem berichten auch zwei Einwohner aus Werther von ihren Erfahrungen mit den Mitarbeitern, die bei ihnen um Wasser baten. Und weiter berichtet der Familienvater: Sein Chef habe ihn hingehalten, seine Frau Pfandflaschen sammeln müssen, um über die Runden zu kommen. Auch eine Krankenversicherung habe es für ihn nicht gegeben.
Arbeiter berichtet von Ohrfeigen
Darüber hinaus kam es zu einem gewalttätigen Übergriff. Er sei von seinem Chef mehrfach geohrfeigt und samt seiner Familie bei Nacht und Nebel rausgeworfen worden. Der Chef des Subunternehmens war bereits in der Vergangenheit mehrfach wegen gewalttätiger Übergriffe aufgefallen und wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden.
Der Inhaber des Glasfaser-Subunternehmens muss deshalb auch noch eine Gefängnisstrafe absitzen. Auf Anfrage von Report Mainz gab es bisher von seinen Anwälten zu den Ausbeutungsvorwürfen keine Stellungnahme.
Wie berichtet, war die Unterkunft mehrfach Schauplatz von Einsätzen. So hatten im Sommer 2020 Beamte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls, des Ausländeramts, der Bauaufsicht des Kreises und der Polizei das Objekt unter die Lupe genommen. Zuvor hatte der Kreis Herford das Gebäude einmal zwangsräumen und versiegeln lassen. Die gesetzlichen Mindeststandards sollen nicht eingehalten worden sein. In einem ähnlichen Verfahren hatte es bereits eine Bauordnungsverfügung gegeben. Behördlicherseits war von einer menschenunwürdigen und Lager ähnlich anmutenden Unterbringung die Rede, so Report Mainz.
Kontrollen in ganz OWL
Dabei gibt es ähnlich gelagerte Fälle: Im Oktober 2023 hatten Ermittler der Finanzkontrolle Schwarzarbeit aus Münster auf einer Glasfaser-Baustellen im Kreis Steinfurt 25 ausländische Arbeitnehmer ohne Aufenthaltserlaubnis angetroffen. Der Zoll ist wegen der dokumentierten Verstöße derzeit auch dabei, Glasfaserbaustellen in OWL unter die Lupe zu nehmen.
Der rund zehnminütige Beitrag ist online in der ARD-Mediathek abrufbar. Der Titel lautet: „Report Mainz Hungern trotz Arbeit - Ausgebeutet im Glasfaserausbau“.