Endloser Gastro-Lockdown: "Wir haben aufgehört, zu planen"

Hiddenhausen. Keine Demonstration, kein lautstarker Protest, keine Plakate mit eindeutigen Botschaften. Auf der Wiese an der Herforder Wirtschaft stehen lediglich zehn eingedeckte Tische und 20 Stühle. Es ist ein stilles Zeichen, das den Autofahrern auf der Bünder Straße sofort ins Auge fällt. "Jeder kann es so interpretieren, wie er es möchte", sagt Peter Reiche, der die Herforder Wirtschaft betreibt. Viel Raum für Interpretationen allerdings bleibt nicht. Die Aktion ist ein Hinweis darauf, dass es die Gastronomie in Hiddenhausen und Deutschland noch gibt. Nur das deren Interessen momentan nicht hinreichend abgebildet werden. "Wir haben bald innerhalb eines Jahres acht Monate geschlossen", sagt dann auch Reiche. Wie berichtet, hatte der Gastronom im vergangenen Jahr ein Zelt angeschafft und eine spezielle Lüftungsanlage installieren lassen. Im November jedoch folgte der Lockdown, dessen Ende für die Restaurants, Cafés und Kneipen nun wieder in weite Ferne rückt. "Wir gönnen es jedem, der aufmachen kann. Aber die Unternehmen sollten gleich behandelt werden", findet Reiche. Allein das Abholgeschäft hält das Restaurant über Wasser. "Davon können wir nicht existieren" Doch kompensieren kann das Modell die Umsatzausfälle bei niemanden. "Davon können wir nicht existieren", sagt Tatjana Böselt, Chefin des Alt Hiddenhausen. Ein Rumpsteak etwa sei kein Essen "to go". "Das ist schon was anderes als eine Pommesbude." Das Abholen der Menüs sei daher eher eine Maßnahme, um die Küchengeräte am Laufen zu halten. Im vergangenen Jahr musste Böselt auf 60 reservierte Feiern verzichten. Immer wieder seien die Termine verschoben worden. "Aber es macht keinen Sinn mehr, alles hin- und herzuschieben. Wir haben jetzt erst einmal aufgehört, zu planen", sagt sie mit Blick auf die ständig wechselnde Corona-Gemengelage. Deshalb wollen sie vorerst auf weitere Zeichen aus der Politik warten. "Wir stecken den Kopf nicht in den Sand und freuen uns mega darauf, wieder öffnen zu können." "Das kann man nicht vergleichen", antwortet 'Babis' Moutafidis auf die Frage, ob das Abholgeschäft sich für ihn lohnt. Die Menschen wollten schließlich gemeinsam Zeit miteinander verbringen, in Ruhe essen und sich austauschen. "Es schmeckt ganz anders", sagt der Betreiber des griechischen Restaurants in Oetinghausen. Familienfeiern, Treffen von Kegelvereinen, Freunde im Biergarten treffen - das ist weiterhin nicht möglich. "Ohne die Stammkunden kannst du nicht überleben", so Moutafidis, der in der Küche Unterstützung von seinen Eltern und seinem Neffen erhält. Er zählt darauf, im Mai wieder Gäste empfangen zu können. Draußen vor dem Restaurant wäre Platz für 18 auf Abstand gestellte Tische. Alles kein Problem, wie Moutafidis sagt. Alle hoffen auf den kommenden Mai Das Gartencafé Düsediekerbäumer hat zwar momentan nicht geöffnet. Michaela Gläsker steht trotzdem schon morgens in der Küche und backt Kuchen - gerade jetzt vor Ostern. Freitags bis sonntags werden die Kuchen zum Mitnehmen angeboten. Einmal im Monat gebe es zudem deftige Speisen "to go". "Die Frage ist, was man außer Haus anbieten kann", erklärt sie. Das normale Geschäft sei dadurch jedenfalls nicht zu ersetzen. "Viele Kunden fragen nach, wann wir endlich wieder öffnen." Das könne sie aber genauso wenig beantworten wie wohl alle anderen Gastronomen in Deutschland. Sie verweist in der jetzigen Situation auf den "Rattenschwanz", der an der Gastronomie hängt. Denn Studentinnen, die hier normalerweise arbeiten, "hängen in der Luft und sind traurig". Die Wäscherei habe keine Tischdecken und Handtücher zu waschen, die Brauerei weniger Bier, das sie absetzen kann. "Ich denke, die Probleme haben viele", sagt Gläsker. Gerade bei dem guten Wetter wäre es schön, öffnen zu können. Dem ist nicht so. Wie Moutafidis zählt sie auf den kommenden Mai. Dann könnten die Tische in Hiddenhausen wieder reserviert und die Stühle besetzt werden, so die vorsichtige Hoffnung.

Meistgelesen