"Völlig peinlich": SPD-Fraktionschef wettert gegen Grüne Integrationsliste

Hiddenhausen. Ulrich Ewering ist ein Politiker von altem, vor allem roten Schrot und Korn. Und das heißt: Mit ihm über politische Grundsätze zu diskutieren, kann zuweilen recht ungemütlich werden. Er scheut sich nicht, eine harte Breitseite in die politische Landschaft zu schießen, wenn ihm etwas nicht passt: “Das, was die Grünen da mit der Integrationsliste machen, ist völlig peinlich und absurd. Die setzen sich bundesweit anerkennenswert für Migranten ein und bekommen hier in Hiddenhausen nicht einen einzigen auf die Liste. Was soll das denn bitteschön?” Der Wahlkampf hat begonnen, aber Ewering trifft einen Punkt, der an den Kern der Sache geht. Die Sache, das ist der Integrationsrat. Er ist ein Instrument demokratischer Teilhabe und soll es insbesondere kürzlich zugewanderten Menschen ermöglichen, sich politisch in ihrer Gemeinde oder Stadt zu beteiligen. Denn viele von ihnen haben keine deutsche Staatsbürgerschaft und dürfen deswegen auch nicht regulär wählen oder gewählt werden. Der Integrationsrat ist also eine Art kleines Parlament, eine Vertretung für Migranten, die noch kein Wahlrecht haben, aber trotzdem an politischen Prozessen teilnehmen wollen. In Hiddenhausen hat der Gemeinderat den Integrationsrat im Jahr 2015 geschaffen. In Kommunen mit bis zu 5.000 Migranten ist ein Integrationsrat nicht zwingend, bei über 5.000 Migranten ist er gesetzlich vorgeschrieben. Ich würde mich verhohnepipelt fühlen “Wir haben den Integrationsrat gerade deswegen ins Leben gerufen, damit sich Migranten auch mit ihren speziellen Sorgen und Nöten an andere Migranten wenden können, die sich mit Gesetzen, Regeln, Behördengängen und so weiter schon auskennen”, sagt Ulrich Ewering noch immer sichtlich ungehalten: “Ich würde mir als Zugereister ehrlich gesagt reichlich verhohnepipelt vorkommen, wenn ich dann nur Bio-Deutsche wählen könnte und als Ansprechpartner hätte.” Und genau solche stehen auf der Liste der Grünen für den Integrationsrat. Es sind Christiane Zioudas, die Frau von Grünen-Gemeindesprecher Christos Zioudas, Yvonne Ufer, Christian Meinhold, André Jahnel und Adam Meinhold. Alles Menschen mit ausschließlich deutsche Familienwurzeln. CDU, FDP und UWG stellen keine Kandidaten für den Integrationsrat auf. Allein die SPD hat eine sehr umfangreiche Bewerberliste mit zugewanderten Menschen. Dabei sind Hussien Khedr, Shakila Ghulami, Merwan Omar, Rawan Hamak, Wadi Alsous und Malek Nohman. Dazu die angestammten Hiddenhauser Angelika Rieke, Olaf Craney und Katja Heide. Neben den Kandidaten mit Migrationshintergrund ist auch der Gemeinderat im Integrationsrat vertreten. Alle Fraktionen entsenden jeweils einen Abgeordneten. Von der CDU ist es der CDU-Vorsitzende Jörg Düning-Gast, für die SPD Bürgermeisterkandidat Andreas Hüffmann, für die Grünen Christos Zioudas und für die UWG Wolfang Körner-Hemicker. Auf der Internetseite des Grünen Bundesverbandes ist derweil unter der Rubrik “Integration” zu lesen. “Grüne Politik fördert Teilhabe, unterstützt die Ankommenden und die hier Lebenden. Wir Grünen sind die Integrationspartei.” Wie passt das dann damit zusammen, dass die Grünen in Hiddenhausen keinen einzigen Migranten ins Rennen für den ureigenen Rat der Zugewanderten schicken? Integration ist ein zweiseitiger Prozess Der Grüne Bürgermeisterkandidat Bernhard Weil versucht zu beantworten, weshalb es in seiner Partei an Kandidaten mit Migrationshintergrund mangelt: “Grundsätzlich ist es natürlich so, dass auch ich mir als Zugewanderter - gesetzt, es wäre der Fall - zunächst mal einen starken Partner suchen würde. Die SPD ist seither die stärkste Partei in Hiddenhausen und hat daher auch die größte Durchsetzungskraft." Gleichzeitig betont er, dass der Integrationsrat mit erheblicher Unterstützung der Grünen zustanden gekommen sei. Wie Weil weiter sagt, entsendet die Grüne Ratsfraktion zudem das einzige Ratsmitglied mit Migrationshintergrund in den Integrationsrat. Es ist Christos Zioudas. Ganz ungeschoren lässt Bernhard Weil den Kritiker Ulrich Ewering allerdings nicht davonkommen und sagt: "Vielleicht hat er noch nicht ganz verstanden, dass Integration ein zweiseitiger Prozess ist. Die Definition und Gestaltung dieses Prozesses ist Aufgabe der Zugezogenen und der Daheimgebliebenen."

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