Kandidaten mit Migrationshintergrund für die Kommunalwahl in Hiddenhausen

Hiddenhausen. In allen Parteien der Gemeinde Hiddenhausen haben auch Migranten ihre Heimat gefunden. Fast alle Parteien stellen in diesem Jahr auch erstmals Kandidaten mit Migrationshintergrund für die Kommunalwahl und die Gemeinderatswahl am 13. September auf. Allein die CDU hat derzeit niemand Zugewanderten im Rennen. nw.de stellt einige von ihnen vor. Der Grieche Christos Zioudas von den Grünen ist Sprecher seiner Partei in Hiddenhausen und sitzt seit 2014 für die Grünen im Rat: "Für mich war die Ankunft hier ja ein bisschen anders als für die anderen”, sagt er. "Ich bin in Deutschland geboren, habe aber natürlich einen Migrationshintergrund.” Seine Eltern sind in den 60ern als sogenannte Gastarbeiter gekommen. "Das war ja von deutscher Seite gar nicht so geplant. Die Migranten sollten eigentlich nur ein paar Jahre lang Vakanzen auf dem Arbeitsmarkt überbrücken und dann wieder in ihre Heimat zurückgehen”, sagt Zioudas. Damals gab es keine Integrationsprogramme, und die Zugereisten dachten, sie würden eh nicht lange bleiben. "Das merkt man auch am Lebenslauf meiner Eltern. Mein Vater hat mit anderen Ausländern in einer kleinen Baufirma eine wilde Mischung verschiedener Sprachen gesammelt, mit denen sich die Männer verständigt haben”, sagt Christos Zioudas. Bis heute spreche er nicht fließend Deutsch. Bei seiner Mutter sei es besser gelaufen, weil sie auch viel mit Deutschen zu tun gehabt habe. "Ich selbst bin zur Schule gegangen und hatte eigentlich keine Probleme. Ich war zwar meistens der Grieche’ in der Schule, aber das war nicht negativ besetzt.” Christos Zioudas ist heute Jobvermittler bei der Agentur für Arbeit. Der Neustart war hart Einen schwierigeren Start in Deutschland hatte dagegen Alexandra Hellmann, die für die FDP bei der Kommunalwahl antritt und in den Gemeinderat möchte. "Meine Eltern und ich, wir sind Spätaussiedler aus Oberschlesien in Polen”, sagt sie. "Sie sind ein Jahr vor mir nach Deutschland gekommen. Ich konnte ihrem Ruf nicht widerstehen und wollte auch bei ihnen sein. Aber der Anfang war hart.” In Polen war sie mit ihren damals 20 Jahren gerade bereit, voll ins Leben zu starten: "Ich hatte meine Ausbildung als Uhrmacherin abgeschlossen und dachte: los geht’s! Dann kam ich nach Deutschland, und das war sehr ernüchternd.” Die Sprache fiel ihr schwer, der Umstieg auf digitale Uhren am Massenmarkt war im vollen Gang, und sie fand keinen Job. "Ich schulte also um auf Erzieherin, heiratete, bekam Kinder und war dann mit Beruf und Familie gut ausgelastet. Aber ich weiß noch ganz genau, wie schwer es damals war.” Deswegen setzt sie sich auch heute für Migranten ein und hat gegen einige Widerstände durchgeboxt, dass die Gemeinde Hiddenhausen in offiziellen Dokumenten die sogenannte "Einfache Sprache” nutzt: "Eben damit es andere leichter haben als ich damals.” Aus dem Arabischen Frühling nach Hiddenhausen Aus einer ganz anderen Gegend der Welt kommen Malek Nohman (Jusos) und Hussien Khedr (SPD). Die beiden leben seit neun Jahren in Hiddenhausen. Die Wirren und Verwerfungen des sogenannten Arabischen Frühlings haben sie nach Deutschland gebracht. Nohman aus Syrien und Khedir aus Ägypten. Beiden war von Anfang klar: Sprache ist der Schlüssel zum Erfolg in der neuen Heimat. Hussien Khedr erinnert sich: "Ich war irgendwann auf dem Amt und habe die Formulare nicht verstanden. Und dann habe ich mir gesagt, entweder die Sprache oder ich”, so erinnert er sich. "Am Ende habe ich gewonnen”, und dann lacht er herzlich. Heute arbeitet er als Perspektivberater beim Deutschen Roten Kreuz, ist mit einer Deutschen verheiratet, und die beiden wohnen gemeinsam mit ihrem kleinen Sohn in Schweicheln. Khedir ist Fachinformatiker und hat einen Uni-Abschluss im Fach Rechtswissenschaften. Malek Nohman ging direkt nach seiner Ankunft in Ostwestfalen zur Sprachschule in Espelkamp. Kurz darauf fand er einen festen Job und ist seitdem Maschinenführer bei einer Firma in Bünde: "Sprache ist einfach das Wichtigste. Ich habe alle Kurse bis Stufe B1 durchgezogen und kann nur jedermann empfehlen, so schnell und so früh wie möglich mit der Sprache in einem neuen Land zu beginnen.” Und wie ist das nun? Fühlen sich die Vier eher als Zugewanderte oder als Deutsche? Hussien Khedr spricht aus, was alle denken: "Ich bin Deutscher und Hiddenhausen ist meine Heimat. Hier fühle ich mich zu Haus.” So sieht das auch Malek Nohman. Für Alexandra Hellmann ist das keine Frage: "Ich komme ja aus einer Spätaussiedlerfamilie. Unsere Kultur war schon in Polen deutsch, außer die Sprache. Deswegen musste ich mich emotional auch nicht umgewöhnen.” Die Sprache ist am wichtigsten Christos Zioudas erzählt eine amüsante Anekdote von seinen Eltern: "Wenn sie in Griechenland, sind meckern sie manchmal mit den Nachbarn rum, wenn die ein bisschen unordentlich sind. Da sind meine Eltern zu 100 Prozent Deutsch”, sagt er mit einem Schmunzeln. "Ich denke so etwas ist typisch, diese zwei Herzen in der Brust. Für mich ist die Sache klar: Natürlich mag ich meine Wurzeln, Land und Kultur und manchmal vermisse ich die dortige Leichtigkeit. Aber mein Leben spielt natürlich in Hiddenhausen.” Gleichwohl Alexandra Hellmann, Hussien Khedr und Malek Nohman neben dem Rat auch für den Integrationsrat kandidieren, ist ihnen alle und auch Christos Zioudas eine Sache besonders wichtig. Hussien Khedr: "Ich denke, obwohl wir einen Migrationshintergrund haben, möchte wir für alle Menschen in Hiddenhausen arbeiten. Ob sie zugewandert sind oder nicht.” Und für Migranten hat er noch einen Rat: "Kommt aus Euren Vereinen raus und engagiert Euch im öffentlichen Leben und in der Politik. Ihr wollt, dass Ihr wahr- und ernstgenommen werdet? Dann müsst Ihr Euch auch mitten zwischen den hier geborenen Deutschen dafür engagieren!”

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