Zu wenig Ehrenamtliche: Das Einkaufs-Taxi in Oetinghausen ist in Gefahr

Oetinghausen. Wer in Oetinghausen einkaufen möchte, aber nicht mehr gut zu Fuß ist, der hat Glück. Denn die Arbeiterwohlfahrt (AWO) betreibt dort seit Anfang 2018 einen Fahrdienst, der ältere Menschen zum Einkaufen und zurück bringt. Nur wie lange fährt das Taxi noch? Jeden Mittwoch, gegen 8.45 Uhr, startet der rote AWO-Bulli vom Begegnungszentrum an der Eilshauser Straße und sammelt die Einkäufer ein. Nach fünf Minuten Fahrt steigt an diesem Mittwoch als erste Einkäuferin Hannelore Sprengel zu. Genauer gesagt hüpft sie in den Bulli, denn die lebensfrohe Seniorin ist mit ihren 90 Jahren bewundernswert fit. Kein Wunder, hat sie doch ihr Leben lang Sport getrieben und geht heute noch wöchentlich zum Turnen und in die Sauna: "Ich soll nicht mehr Autofahren, weil es besonders abends mit dem Gucken nicht mehr so gut klappt. Deswegen bin ich hier jeden Mittwoch dabei und sehr froh, dass es den Service überhaupt gibt", sagt sie mit herzerfrischender Fröhlichkeit. Insulin gegen Diabetes zu hoch dosiert und Führerschein verloren Eine Lupe braucht Heinz Koch, der in der Oetinghauser Heide zusteigt, noch nicht. Doch sein Diabetes hat ihn vorerst den Führerschein gekostet – und er weiß nicht, wie und wann er ihn zurückbekommen kann: "Es war auf der Bismarkstraße in Herford. Ich konnte auf einmal beim Autofahren nicht mehr richtig gucken und bin rechts ran, um mich zu erholen." Koch hatte von seinem Arzt eine höhere Dosierung Insulin verschrieben bekommen, die er offensichtlich nicht vertrug. Die Polizei sah, dass er Schlangenlinien fuhr und zog noch vor Ort den Führerschein ein. Die Staatsanwaltschaft muss jetzt entscheiden, ob er den Schein zurückbekommt. Heinz Koch schätzt das Einkaufstaxi, denn "wenn man im Alter nicht mehr fahren darf, merkt man erstmal so richtig, wie abgehängt man ist." Momentan ist zwar noch kein Ende abzusehen, aber auch die Arbeiterwohlfahrt muss rechnen. Denn der Bulli, den die AWO für den Einkauf nutzt, gehört zum Tagespflegedienst der AWO, der zusammen mit dem Pflegekinderdienst ebenfalls im Begegnungszentrum an der Eilshauser Straße untergebracht ist. Adolf Pöppelmann leitet seit dem überraschenden Tod von Norbert Wellmann den Ortsverein der AWO in Oetinghausen kommissarisch. Er schildert das Problem: "Den Bulli zu unterhalten, kostet natürlich Geld. Fahrten für den Pflegedienst kann man auch auf dem freien Markt einkaufen. Den TÜV hat der Bulli jetzt zwar bestanden. Aber, wenn er mal zu alt ist, ist nicht sicher, ob ein Neuer angeschafft wird und der sich dann rechnen würde." Der Bulli kommt in die Jahre und Helfer fehlen Kein Bulli bedeutet, keine Einkaufsfahrten mehr. Und das Gefährt kommt so langsam in die Jahre. Über 180.000 Kilometer hat es seit der Zulassung im Jahr 2009 runter. Sorgen macht den Verantwortlichen auch regelmäßig eine besonderes Zubehörteil, das für den Transport von Senioren überaus wichtig ist: eine kleine Hilfsstufe, die sich bei Bedarf per Knopfdruck ausfahren lässt und über die die Senioren ohne Probleme in den Wagen steigen können. Die Stufe muss oft gewartet werden und ist nicht immer kostengünstig zu reparieren. Elke Petring von der AWO begleitet die Senioren beim Einkaufen und benennt ein weiteres Problem: "Es mangelt ein bisschen an ehrenamtlichen Mitfahrern, die den Senioren zur Hand gehen. Wir Hauptamtlichen können das aus Zeitgründen nicht immer schaffen." Bullifahrer hat die AWO derzeit drei. Reinhard Nößler ist einer von ihnen. Er ist Rentner und opfert seine freie Zeit: "Wenn ich etwas Gutes tun kann, warum nicht? Ich tue es gerne." Hilfe kann bei den Einkaufsfahrten besonders die 89-jährige Gerda Prochnow aus Hiddenhausen gut gebrauchen. Sie hat Probleme beim Laufen und muss oft die Lupen beim Einkaufen zur Hand hernehmen. Nicht nur einkaufen, auch ein nettes Pläuschchen Nach rund zwanzig Minuten Fahrt bei Edeka Wehrmann in Eilshausen angekommen, schnappt sich jeder einen Einkaufswagen, und los gehts. Hannelore Sprengel hat sich einen handgeschriebenen Zettel vorbereitet: "Aber wo sind denn nur die Erdbeeren? Ach ja, da!" Aber die Waage funktioniert nicht. Eine höfliche Mitarbeiterin hilft und wiegt die Früchte auf einem anderen Gerät. Heinz Koch kauft zwei Paletten Joghurt – "die mit Schokolade isst meine Frau", und Reinhard Nößler hilft Gerda Prochnow langsam von Regal zu Regal. Nach einer halben Stunde ist alles eingetütet, und es geht zurück nach Hause. Am kommenden Mittwoch sehen sich die drei Einkäufer wieder. Oft sind noch andere dabei. Es ist eine muntere Gruppe, die auch so manches amüsante Pläuschchen hält. Wer den Einkäufern jeweils mittwochs zwischen 8.45 Uhr und 11.15 Uhr helfen möchte, der kann sich bei der Arbeiterwohlfahrt an der Eilshauser Straße melden. Die Telefonnummer lautet 05221 – 66565.

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