Extremfrühchen aus Hiddenhausen kommt mit 440 Gramm im Universitätsklinikum Minden zur Welt

Minden/Hiddenhausen. Die E11, die Früh- und Neugeborenen-Intensivstation im Universitätsklinikum Minden, ist für die kleine Sommersprosse und seine Eltern ein besonderer Ort. Das Leben des kleinen Jungen aus Hiddenhausen hat dort begonnen –102 Tage zu früh. Vier Monate vor seinem errechneten Geburtstermin muss der kleine Junge im Sommer 2024 per Notkaiserschnitt geholt werden. Er ist gerade mal 440 Gramm schwer – ein Extremfrühchen. Ein winzig kleines Herz schlägt in seiner Brust, doch sein Lebenswille ist riesig groß. Und so kämpft sich das Baby Tag für Tag ins Leben. Heute ist er 16 Monate alt und nicht nur für seine Eltern ein echtes Wunder. Wenn Annika Buschmann mit ihrem Sohn die E11 betritt, dann kommen ganz viele Erinnerungen hoch. Die Zeit hier hat sie geprägt und hallt nach. Das Licht, die Geräusche, der Geruch. Alles hier ist der dreifachen Mutter vertraut. &bdquo;Ich komme immer gerne hierher, alle freuen sich so, uns zu sehen, und immerhin war das hier für mehrere Monate so etwas wie unser zweites Zuhause“, erzählt die Hiddenhauserin. Ihren Sohn nennt Annika Buschmann liebevoll &bdquo;kleine Sommersprosse“ – sie möchte ihre Kinder schützen und nutzt deshalb keine vollen Namen. Und tatsächlich ist die Sommersprosse ein kleiner Star auf der Station E11. Alle kennen ihn und seine Geschichte. Ein bisschen schüchtern schaut der inzwischen 16 Monate alte Junge, als er freudestrahlend vom Pflege-Team begrüßt wird. Die Schüchternheit ist aber schnell abgelegt. Er ist fröhlich, lacht viel und ist sehr aufgeweckt. &bdquo;Ein ganz normaler kleiner Junge“, sagt seine Mutter. Dass sein Start ins Leben so schwer war, merkt man ihm nicht an. Er ist zwar etwas zarter als Gleichaltrige und läuft noch nicht, aber eigentlich ist er auch erst ein Jahr alt – und nicht 16 Monate. Plötzlich auf dem Weg ins Krankenhaus Ihm fehlen einfach 102 Tage. Diese 102 Tage fehlen aber auch seiner Mutter. &bdquo;Die Zeit vor und kurz nach der Geburt war die emotional schwierigste Zeit meines Lebens“, erzählt Annika Buschmann. Lesen Sie auch: So kämpft Frühchen Nora im Klinikum Herford für den Start ins Leben Als sie in der 25. Schwangerschaftswoche im Universitätsklinikum Minden aufgenommen wird, ist das Thema Geburt noch meilenweit für sie entfernt. Immerhin hätte sie noch 15 Wochen bis zum Entbindungstermin gehabt. Das Baby in ihrem Bauch spürt sie zu dem Zeitpunkt auch erst seit wenigen Tagen, und das auch nur ganz zart. &bdquo;Ich hatte noch gar keine richtige Verbindung zu meinem Kind, aber wir sollten ja eigentlich noch einige Monate haben, eigentlich, denn am Ende kam ja alles ganz anders.“ Ins Klinikum muss die damals 34-Jährige, weil ihr Blutdruck so hoch ist – ihre Gynäkologin vermutet eine Schwangerschaftsvergiftung, die abgeklärt werden soll. Außerdem passen Gewicht und Größe des Babys für die Schwangerschaftswoche nicht, &bdquo;es hieß immer, er ist zu klein und wiegt zu wenig“, erinnert sich Annika Buschmann. Im Universitätsklinikum Minden werden einige Kontrolluntersuchungen durchgeführt, und die junge Mutter bekommt eine Lungenreifespritze verabreicht – zur Sicherheit, falls es doch eher losgehen sollte, um die Lungenreifung des Fötus zu beschleunigen. Zustand des Babys wird schlechter Innerhalb weniger Stunden verschlechtert sich der Zustand des ungeborenen Kindes zunehmend. &bdquo;Das CTG war sehr auffällig, sofort kamen mehrere Ärzte in mein Zimmer und haben mich informiert, dass er jetzt schnell geholt werden muss“, berichtet die dreifache Mutter. &bdquo;Wir kämpfen im Perinatalzentrum um jeden Tag, den das Kind im Bauch der Mutter bleibt. Denn jeder Tag im Bauch ist gut für das Kind und seine Entwicklung. Doch wenn es notwendig ist und wir feststellen, dass das Kind in Gefahr ist, handeln wir unverzüglich und tun alles, um das Leben des Kindes zu retten. Dafür sind wir als Perinatalzentrum Level 1 auf die Versorgung von Frühgeborenen spezialisiert. Dank der modernen Intensivmedizin und einer aufwendigen professionellen pflegerischen Versorgung haben heute auch extrem frühgeborene Kinder eine Überlebenschance“, erklärt Universitätsprofessor Philipp Soergel, Direktor der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Minden. Auch interessant: Nach schwerem Start ins Leben: So geht es Frühchen Nora aus Herford heute Drei Kliniken in OWL für Extremfrühchen Das Universitätsklinikum Minden verfügt als eine von insgesamt drei Kliniken in Ostwestfalen-Lippe über ein Perinatalzentrum Level 1, ein Perinatalzentrum vereint eine geburtshilfliche und eine neonatologische Abteilung. Hierbei müssen höchste Qualitätsanforderungen erfüllt werden. Der Schwerpunkt der Früh- und Neugeborenen-Intensivstation liegt in der Betreuung und Behandlung extrem unreifer Frühgeborener. Durch die Erfolge der neonatologischen Intensivmedizin können Frühgeborene heute ab der 23. bis 24. Schwangerschaftswoche überleben. Neben den Frühgeborenen können aber auch bei Reifgeborenen Anpassungsschwierigkeiten, bereits vorgeburtlich erkannte Erkrankungen oder unvorhersehbare Probleme eine fachspezifische Behandlung erfordern. Per Notkaiserschnitt kommt die kleine Sommersprosse schließlich am 28. Juni 2024 zur Welt. Ein kleines Bündel Leben. &bdquo;Dass er so winzig war, hat mich zum Glück nicht schockiert, da ich Bilder von Extremfrühchen kannte“, erinnert sich Annika Buschmann. Ein Kraftakt für die Familie Die Namenssuche ist anfangs schwierig, in der Zeit entsteht auch der Kosename: &bdquo;Unsere kleine Sommersprosse hatte erst keinen Namen, so weit waren wir ja noch gar nicht.“ Die nächsten Monate sind ein Kraftakt für die fünfköpfige Familie aus Hiddenhausen. Vormittags ist Annika Buschmann immer im Klinikum – nachmittags Zuhause. &bdquo;Es war ein Spagat, ich habe aber nie gedacht, dass ich nicht mehr kann. Man funktioniert einfach“, erzählt die Sozialpädagogin. Prägend waren in dieser Zeit auch die Reaktionen aus dem Umfeld. &bdquo;Viele Menschen wussten gar nicht, ob sie uns zur Geburt gratulieren sollten. Sie haben gedacht, er schafft es nicht“, erzählt die Mutter. &bdquo;Dabei hätten wir uns einfach über ganz normale Glückwünsche gefreut. Wir haben nie daran gezweifelt, dass er es schafft. Wir haben immer an ihn geglaubt.“ Lesen Sie auch: So erlebten Herforder Eltern die Zeit auf der Frühchenstation Fast vier Monate im Klinikum 15 Wochen liegt der kleine Junge auf der Station E11 im Inkubator und wird mit Sauerstoff versorgt. &bdquo;Wir sind so dankbar, dass sich alle so rührend um unser Kind gekümmert haben, sowohl das Pflege-Team als auch die Ärzte. Alle sind mit ganz viel Herz und Menschlichkeit für uns da gewesen“, betont Annika Buschmann. Eine, die ganz nah dran war in dieser ganzen Zeit, ist Kinderkrankenpflegerin Alexandra Benz: &bdquo;Den Kleinen jetzt so zu sehen, rührt mich sehr. Wenn man jemanden über Monate pflegt, baut man eine Beziehung auf. Die schönsten Momente sind für uns, wenn die kleinen Kämpfer endlich nach Hause zu ihren Familien gehen können.“ Als die Sommersprosse entlassen wird, ist er noch auf Sauerstoff angewiesen. Das Sauerstoffgerät ist überall dabei. Acht Monate schläft seine Mutter auf dem Sofa – wacht über ihr Kind. Trotz aller Belastungen hat die Situation die Familie nicht zerrissen. Im Gegenteil: &bdquo;Unsere Ehe hat das Ganze nur stärker gemacht. Man merkt, was wirklich wichtig ist. Über Kleinigkeiten ärgert man sich nicht mehr“, sagt Annika Buschmann. Wie es ihm heute geht Heute ist die Sommersprosse ein lebhafter kleiner Junge. Aufgeweckt, neugierig und voller Energie. Die Familie genießt wieder einen normalen Alltag. Auch Bernhard Erdlenbruch, Direktor der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Minden, freut sich über die Entwicklung der kleinen Sommersprosse: &bdquo;Solche Geschichten sind der schönste Lohn für unsere Arbeit. Extremfrühchen wie unser Patient aus Hiddenhausen zeigen, was moderne Neonatologie leisten kann – und wie stark ein kleiner Mensch sein kann, wenn er von Anfang an die bestmögliche medizinische und menschliche Unterstützung bekommt.“ Für Annika Buschmann ist ihre kleine Sommersprosse ihr &bdquo;allergrößtes Wunder“. Auf ihrem Instagram-Profil teilt die dreifache Mutter ihre Geschichte – möchte anderen betroffenen Familien Mut machen, zeigen, dass alles gut gehen kann. &bdquo;Nicht viele Menschen haben an unseren Sohn geglaubt. Nicht mit dem Gewicht. Nicht mit diesem Start ins Leben. Aber er hat gezeigt, wie stark er ist. Stärker als manche von uns. Und er zeigt uns jeden Tag, wie wertvoll und kostbar das Leben ist.“ Manchmal sind die kleinsten Menschen die größten Kämpfer. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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