Freiwillige sortieren Kleidung in Herford: „Manchmal steckt ein ganzes Leben im Sack“

Kreis Herford. Seit Wochen sortieren Ehrenamtliche dienstags in der Recyclingbörse an der Kiebitzstraße, was in Altkleidersäcken angeliefert wird – und was der gemeinnützige Verein zeitweise in großen Hallen bis unter die Decke stapeln musste. Jetzt richten Vorstand Claudio Vendramin und Nicole Draws, die für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, ein Dankeschön an alle, die mit anpacken. &bdquo;Manchmal steckt in einem Sack ein ganzes Leben“, sagt Draws, während ein Helfer Hosen, Hemden und Jacken auf den Tisch schüttet. &bdquo;Man merkt sofort, ob da ein Mensch gestorben ist“, sagt auch Galina Flachmann. Die Ehrenamtliche, die in einem Gartencenter als Verkäuferin arbeitet, hat an diesem Dienstag eigentlich ihren freien Tag. Sie achte jetzt mehr darauf, dass sie nicht so viele Dinge ansammele, erzählt die 58-Jährige. &bdquo;Hier lerne ich, mich zu trennen und nicht so viel zu kaufen.“ Als Freiwillige am Sortiertisch gebe sie etwas zurück. Und nett sei es auch: Die Beschäftigten freuten sich, wenn sie komme. Die Stimmung sei sehr gut: &bdquo;Und wenn ich nach Hause komme, habe ich ein gutes Gefühl.“ Lesen Sie auch: &bdquo;Fit for Future“: Auf diese neue Strategie setzt die Recycling-Börse in Herford Sämtliche Kleidung stammt aus der Sacksammlung Sortieren heißt, die Kleidung zu identifizieren, die als Second-Hand-Artikel für die acht Läden der Recyclingbörse geeignet sind. Sie darf keine Löcher und keinen klemmenden Reißverschluss haben, nicht dreckig sein und nicht stinken. Alles, was auf den Sortiertisch kommt, stammt aus den Sacksammlungen, die der Arbeitskreis Recycling kreisweit, nur nicht in Rödinghausen, durchführt. Seit Januar ist das Aufkommen an Kleidung aber enorm gestiegen, weil Städte und Gemeinden seither Altkleider getrennt sammeln müssen. Das hat vielfach dazu geführt, dass die Bürger auch verdreckte Schuhe, löchrige Kleidung oder gebrauchte Unterwäsche, die in den Restmüll gehören, in die Sammlung geben, vor allem allerdings in Altkleider-Container. Denn: &bdquo;Die Leute stellen keine Säcke mit verdreckter Kleidung vor ihre Haustür“, sagt Vendramin. Altkleider-Container, die die Recyclingbörse mal in Löhne hatte, hat sie längst abgegeben. Aus gutem Grund: Die verwertbare Kleidung aus Containern liegt bei 5 bis 15 Prozent, die aus der Sacksammlung bei 50 Prozent. Seit der gesetzlichen Neuregelung erhält die Recyclingbörse allerdings deutlich mehr Kleidung. Zeitweise stapelten sich in den Hallen an der Kiebitzstraße 400 Gitterboxen mit je 30 Säcken. Der Vorrat für den Verkauf reichte für drei bis vier Monate. Der Verein musste seine Sammlung deshalb am 15. September stoppen. Auch interessant: Lager platzt aus allen Nähten: Recyclingbörse Herford stoppt wochenlang Kleiderannahme Viele Altkleider landen in der Müllverbrennung Inzwischen sind es deutlich weniger volle Paletten in den Hallen – auch dank der Ehrenamtlichen. &bdquo;Ich habe nicht damit gerechnet, dass überhaupt Freiwillige kommen“, sagt Draws. Sie habe gedacht: Okay, versuchen wir es mit einem Aufruf, aber das wird sowieso nichts. Es kam anders. &bdquo;Wir sind extrem positiv überrascht, dass uns die Leute so großzügig unterstützen.“ Die Stimmung in der Sortierung sei gut, immer wieder kämen andere Leute. &bdquo;Das ist mal der SPD-Ortsverein, mal eine Mutter, die sich mit Kindersachen gut auskennt“, sagt Vendramin. Die Mitarbeiter der Recyclingbörse leiten die Leute an, &bdquo;die Hauptarbeit leisten die Ehrenamtlichen.“ 10 oder 20 Freiwillige schafften an einem Tag um die 20 Gitterboxen. Früher gingen, zusätzlich zu den 50 Prozent Altkleidung, die für den Second-Hand-Verkauf geeignet sind, rund 25 bis 30 Prozent ins Ausland, sagt Vendramin. Der Absatz für B- und unsortierte Ware ist aber eingebrochen. Mit Alttextilien lassen sich zwar auch die Innenverkleidungen von Autos und Malervlies herstellen, das passiert aber nur in sehr geringem Ausmaß. &bdquo;Es gibt zurzeit nur den Weg in die Müllverbrennung“, sagt Vendramin: &bdquo;Das finden wir auch sehr traurig.“ Ebenfalls lesenswert: Mäusejäger in Herford: Süßes Kater-Duo sorgt in Recyclingsbörse für Ordnung Recyclingbörse nimmt wieder Altkleidung entgegen Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Recyclingbörse (@recyclingboerse) Für die Sortierung setzt die Recyclingbörse weiterhin auf Ehrenamtliche: Denn inzwischen dürften sich größere Mengen Altkleider bei den Bürgern angesammelt haben. Wer mithilft, darf ein oder zwei Stücke der Second-Hand-Ware für sich selbst mitnehmen. Zudem erhalten Freiwillige Kaffee, Kuchen und ein Mittagessen. &bdquo;Wir haben hier auch Helfer, die Upcycling machen, die dürfen die Sachen, die wir wegwerfen, natürlich mitnehmen“, sagt Draws. &bdquo;Das finde ich sehr positiv, weil das dann nicht im Müll landet.“ Die Marketingexpertin kauft selbst nur Second Hand ein. &bdquo;Das war anfangs gewöhnungsbedürftig.“ Jetzt komme kaum noch anderes infrage: Für sie ist der Weitergebrauch sinnvoll – wie für viele Ehrenamtliche ihr Dienstagseinsatz: &bdquo;Wenn das Rad stockt, müssen wir zusammenkommen und sehen, dass es wieder läuft“, sagt Biologie-Studentin Sophie Brinkhoff. &bdquo;Das ist gelebte Nachhaltigkeit.“ Ihre Mutter Ulrike kommt hingegen, &bdquo;weil’s ihr Spaß macht: nette Leute, nette Atmosphäre“. Die Recyclingbörse nimmt wieder Altkleidung entgegen – in den Läden und bei den kreisweit 160 mobilen Sammlungen im Jahr. Die Sacksammlung wird es regulär aber nur noch in Hiddenhausen geben, sagt Vendramin. Denn die Gemeinde zahlt künftig für Abholen und Sortierung. Das könnte Sie auch interessieren: Herforder Secondhand-Geschäft zieht aus der Radewig in die Neustadt Wann Sie bei der Textil-Sortierung helfen können &bdquo;Wir sind der Meinung, dass unsere Leistung zwei Euro je Einwohner und Jahr wert ist“, so der Vorstand, der seit Jahren die Kommunen erfolglos auf Zahlung drängt. Deshalb will er die Sacksammlung vorerst nur noch nach eigenem Bedarf und Ermessen durchführen. Die nächsten Termine für Freiwillige in der Textil-Sortierung der Recyclingbörse, Kiebitzstraße 33, sind an den Dienstagen, 18. und 25. November, 10 bis 15 Uhr. Wer Lust hat, kommt ohne Anmeldung einfach vorbei. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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