Bau-Experte aus dem Kreis Herford: Was den Hausbau so teuer macht und wo man sparen kann

Herford. Die Preissteigerung ist immens: Die Baukosten eines Einfamilienhauses lagen im Jahr 2020 im Durchschnitt bei 300.000 Euro. Mittlerweile sind sie auf 420.000 Euro geklettert. Ein Grund sind die stark gestiegenen Energiekosten, die für das Brennen von Steinen und Dachziegeln, aber auch für Transport oder Dämmung fällig werden. Nicht eingerechnet sind die Preise für ein Grundstück. Hier werden meist zwischen 200 und 400 Euro je Quadratmeter fällig. Damit bewegen sich die Kosten für einen Neubau mittlerweile bei rund 500.000 bis 600.000 Euro – für viele junge Familien sind das Beträge, die nur sehr schwer und meist eher gar nicht zu schultern sind. Ähnlich sieht es auch beim Wohnungsbau aus. Doch wo lässt sich sparen? Und vor allem: Wo könnten Politiker nachsteuern? &bdquo;Wir haben in Deutschland den Wunsch, alles perfekt zu machen“, sagt Klaus Bockermann, promovierter Bauingenieur von der gleichnamigen Bockermann-Fritze-Unternehmensgruppe in Enger. Der Wunsch, das Optimum zu erreichen, lasse die Kosten steigen, so Bockermann, der zusammen mit Oberbauleiter Lutz Striehn über die Herausforderungen berichtet. Es gibt bundesweit rund 35.000 DIN-Normen, die weitaus meisten beziehen sich auf den Bau. Klaus Bockermanns Kritik setzt bereits bei den Ländern an: &bdquo;Benötigen wir wirklich 16 unterschiedliche Landesbauordnungen?“, fragt der Geschäftsführer. Bei neuen Mehrfamilienhäusern muss in NRW deutlich früher ein Aufzug eingebaut werden, während er in Niedersachsen nicht nötig ist. Das Problem: Ein Aufzug benötigt zusätzlichen Platz und verursacht zusätzliche Kosten. Die Frage sei also: &bdquo;Ist ein Aufzug notwendig?“ Die Flurbreite kostet Geld Ähnlich sieht es bei einem anderen Punkt aus: der Breite von Fluren in Mehrfamilienhäusern. Die muss mittlerweile 1,50 Meter betragen. Ein Rollator oder ein Rollstuhl müssen auf einem solchen Korridor abgestellt werden können. Diese Barrierefreiheit auf dem Flur - die Fläche könnte der Wohnung zugeschlagen oder eingespart werden - lässt die Baukosten pro Wohnung, so Bockermann, um 6 bis 12 Prozent steigen. Hier sei eine gesellschaftliche Entscheidung gefragt, ob tatsächlich alle Wohnungen barrierefrei ausgestaltet werden müssen. Denn bei Weitem nicht alle Bewohner werden im Alter auf Rollator oder Rollstuhl angewiesen sein. Auch interessant: Wenn Milliarden fließen: Wie ein Unternehmen aus Enger Deutschlands Infrastruktur mitplant Eine DIN-Norm regelt ebenfalls den Einbau von ebenerdigen, barrierefreien Duschen. Wird eine solche Dusche eingebaut, reicht es nicht aus, den Bereich drumherum komplett abzudichten. Das gesamte Badezimmer muss mit einer speziellen Folie und Mörtel wie eine Wanne gestaltet werden, damit für den Fall, dass etwa Haare den Siphon verstopfen und Wasser nicht ablaufen kann, dieses die Decke durchdringt. Die Kosten liegen meist bei 1.500 bis 3.000 Euro. Nun scheint es, rein theoretisch, die Möglichkeit zu geben, dass ein Bauherr auf die Wanne verzichtet, weil er das Geld sparen will und das in einer Erklärung unterschreibt. Doch das entbindet das verantwortliche Bauunternehmen nicht von seiner Haftung. Sobald eine DIN-Norm besteht, gilt sie als verbindliches Verfahren, das durch eine schriftliche Erklärung eines fachlichen Laien auf keinen Fall ausgesetzt werden kann. Daher besteht nach wie vor für das Bauunternehmen eine Schadenersatzpflicht. Keller fällt weg Die meisten Bauherren verzichten aus Kostengründen bereits auf Keller. &bdquo;Wir haben Keller nur noch bei etwa jedem zwanzigsten Einfamilienhaus“, erklärt Diplom-Ingenieur Lutz Striehn, Oberbauleiter bei Bockermann-Fritze, in einem der Neubauten, die das Unternehmen gerade in Bielefeld-Vilsendorf fertigstellt. Letztlich sind auch die Preise für den Aushub des Bodens explodiert. Bevor Boden abgeladen werden darf, etwa auf einer Deponie, muss jeder Transport auf mögliche Schadstoffe untersucht werden. Lesen Sie auch: Wo wird im Kreis Herford gebaut? Hier entstehen neue Wohngebiete Im Gegensatz zu Häusern, die vor zwei oder drei Jahrzehnten gebaut wurden, sind heutige Neubauten isoliert und de facto luftdicht. &bdquo;Wir müssen aber einen Mindestluftwechsel gewährleisten“, erklärt der Diplom-Ingenieur. Das wiederum sei nur mit einer technischen Anlage möglich, die Geld kostet. Im Vilsendorfer Neubau ist der Platz an den Löchern für die Anlage erkennbar, die Frischluft ansaugen und verbrauchte Luft nach draußen blasen. Das weitere Problem verortet Klaus Bockermann im Bereich der Förderung. Bis 2003 gab es für Bauherren die sogenannte Eigenheimzulage - eine staatliche Zahlung, die an Bauwillige vom Staat geleistet und je nach Zahl der Kinder aufgestockt wurde. Die sei weggefallen. Für den Bau von Mietwohnungen gab es eine degressive Abschreibungsmöglichkeit von zunächst fünf Prozent. Auch sie ist gestrichen. &bdquo;In Folge dessen wurden deutlich weniger Wohnungen gebaut“, stellt der Geschäftsführer fest. Und an diesem Neubau-Tal leide Deutschland noch heute. Bauland für Familien: Wohnen darf kein Luxus sein – Herford vergibt Bauplätze per Punktesystem Das Problem der Verlässlichkeit Letztlich zeigt sich der Geschäftsführer auch bei den Ausgestaltungen der Kreditkonditionen, die klimafreundliches Bauen fördern sollen, kritisch. Das Problem sei etwa, dass bestimmte Förderungen dann gewährt werden, wenn ein sehr hoher Standard gewählt wird - das wiederum lässt die Baukosten steigen. Letztlich geht es auch um die Zuverlässigkeit: Er habe es schon erlebt, dass KfW-Förderungen gänzlich ohne weitere Informationen von einer zur anderen Woche einfach gestrichen wurden und damit auch das Bauprojekt einer Familie von einem auf den anderen Tag kippte, da es nicht mehr finanzierbar war.

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