Von der Ruine zum Schmuckstück: Einblick in ein altes Müllerhaus im Kreis Herford

Herford/Rödinghausen. Ins Auge sticht sofort die kornblumenblaue Tür. Dahinter verbirgt sich ein Schmuckstück, das den Charme des ehemaligen Müllerhauses nicht verloren hat. Zwei Jahre lang hat die Instandsetzung des einstigen Mühlenbetriebs in Rödinghausen gedauert: &bdquo;Ich habe jede freie Minute in das Haus gesteckt“, sagt Ralf Litschel. Das hat der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gewürdigt und das Wohnhaus sogar als Denkmal des Monats ausgezeichnet. Das Fachwerkhaus ist 1840 erbaut worden und Teil der Rödinghauser Mühlengeschichte. Bis Ende der 1950er-Jahre lief der Mühlenbetrieb. Von der einstigen Windmühle ist heute aber nur noch der gemauerte Stumpf erhalten geblieben. Ein Blick ins Innere lässt erahnen, wie viel Arbeit Litschel und seine Familie bei der Sanierung des Haupthauses hatten. &bdquo;So ähnlich sah es dort drinnen nämlich auch aus“, sagt Litschel und zeigt auf Schutt, Geröll, Steine und etliche Spinnenweben. Lesen Sie auch: Gradlinig in Weiß: So wohnt eine Architekturstudentin in Herford Hier könnten sich die neuen Eigentümer nun austoben, so Litschel. Denn er hat das Ensemble aufgrund familiärer Veränderungen im Mai schweren Herzens verkauft. &bdquo;Hier steckt eine Menge Herzblut drin“, sagt er. Beauftragt hat er als Makler König Immobilien. Expertise eines auf Denkmal spezialisierten Architekten war Gold wert &bdquo;Es ist ein tolles Haus mit Geschichte“, sagt Maximilian König vor Ort, der gemeinsam mit seinem Bruder Constantin in die Fußstapfen seiner Eltern getreten ist. &bdquo;Ich finde es toll, an wie viele Details hier gedacht worden ist. Das ist etwas Besonderes“, sagt der 32-Jährige. Ralf Litschel hat es sich zur Aufgabe gemacht, das ehemalige Mühlenensemble historisch so aufzubauen, wie es vorher mal war. Im August 2017 hat die Familie den Kaufvertrag unterschrieben und anschließend unermüdlich am Wohntraum gearbeitet. &bdquo;Wir haben das Gebäude komplett entkernt und vor dem Verfall gerettet“, sagt Litschel. Bei einigen Arbeiten musste das Fachwerk zusätzlich abgestützt werden, &bdquo;sonst wäre es wohl zusammengebrochen“. Litschel erinnert sich an die Anfänge: &bdquo;Wir haben erst nach und nach gesehen, wie marode es wirklich war.“ Lesen Sie auch: Warum zwei Rentner Mitbewohner für eine besondere WG in Herford suchen Dem Prozess zur Seite stand Architekt Lars Jacobs, der auf Denkmalschutz spezialisiert ist. &bdquo;Er hat ordentlich Expertise mit rein gebracht. Die Zusammenarbeit haben wir sehr geschätzt“, sagt Litschel, der auch selbst viel vor Ort gewerkelt hat. &bdquo;Ich habe stets als Hiwi angefangen und im Laufe der Arbeiten viel gelernt.“ Gebäude in Rödinghausen ist in die Denkmalliste eingetragen Auch zur Zusammenarbeit mit der Gemeinde Rödinghausen sowie dem Landschaftsverband äußert er sich positiv. Das Wohnhaus und ehemalige Viehhaus hat die Gemeinde 2018 in die Denkmalliste eingetragen. Eine Auszeichnung als Denkmal des Monats folgte 2019 vom LWL. Von Grund auf haben die Litschels das Fachwerkhaus, wo einst die Müllerfamilie ebenso schlief wie das Vieh, aufgebaut. &bdquo;Alles ist hier neu, auch die Steckdosen“, sagt König beim Rundgang begeistert. Gearbeitet haben die Litschels ausschließlich mit natürlichen Materialien und vieles, das sie im Haus herausgeschlagen haben, erneut verwendet. Ralf Litschel zeigt auf die Steine in der Wand neben dem Deelentor: &bdquo;Das sind die Steine, die wir aus dem Boden genommen haben. Der hat nur aus Lehm und Steinen bestanden.“ Heute liegt eine Fußbodenheizung über dem geschliffenen Sichtestrich. &bdquo;Die ist klasse, so gibt es hier keine störenden Heizkörper.“ Die würden den Charme des historischen Fachwerks nur stören. Und auch in den Wänden ist eine Heizung verbaut. Das sei vor allem für die Außenwände Gold wert. Das Haus ist atmungsaktiv. &bdquo;Alle Materialien sind nachhaltig, wie die Wände aus Lehm“, sagt Litschel. Die würden die Feuchtigkeit aufnehmen und sie abgeben, wenn es trocken ist. &bdquo;Das schafft ein tolles Wohnklima.“ Großzügige Wohnküche besticht mit außergewöhnlichen Kacheln Das alte Deelentor gibt auf beiden Seiten einen fantastischen Blick frei. Von innen blicken die Bewohner auf die Felder Rödinghausens, drehen sie sich um, sehen sie in die große Wohnküche mit einer Deckenhöhe von 3,60 Metern. Hier fallen dem Betrachter sofort die Kacheln im Küchenbereich auf, die einen schönen Farbtupfer zur Fachwerkkonstruktion bilden. Darüber ist ein Balken mit Inschrift installiert. &bdquo;Das Holzstück haben wir bei der Sanierung gefunden und wollten es unbedingt integrieren“, sagt Litschel. Auch außen über dem Deelentor hat er die einstigen Inschriften herrichten lassen. Einige Steine des alten Steinbodens bilden die Abgrenzungen zum Kräuterbeet. Auf dem weitläufigen Grundstück sind nicht nur die Überreste der Mühle zu sehen, es gibt auch einen Brunnen und gleich drei Möglichkeiten, am Haus in der Sonne zu sitzen. 1846 wurde neben dem Haupthaus auch ein Viehhaus gebaut, das als weiteres Wohngebäude dienen kann. Die Zuleitungen - Gas, Wasser und Strom - sind hier schon verlegt, &bdquo;doch zum Ausbau sind wir nicht mehr gekommen“. Auch der Dachboden im bereits sanierten Fachwerk bietet noch Platz zur eigenen Gestaltung. Hier lagen früher die Kammern zum Wohnen und Schlafen. Die Ausbaureserve ist schon genehmigt, so König, der solche Schmuckstücke wie in Rödinghausen nur zu gern an neue Eigentümer bringt. Familie hat sechs Jahre hier gewohnt &bdquo;Aber ich mag auch Penthousewohnungen“, sagt König und lacht. Er selbst lebe in einem Landhaus. Jedes Gebäude habe seinen eigenen Charme. Aus ganz Deutschland kamen die Interessenten. Erworben hat es letztendlich eine Familie aus der Nähe von Bielefeld. Der ehemalige Hausherr, der mit seiner Familie zwischen 2019 und 2025 hier gelebt hat, gibt das Denkmal schweren Herzens ab. &bdquo;Aber ich habe ein gutes Gefühl, dass das Haus in gute Hände kommt. Das macht es leichter.“

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