Heinkel-Kabinenroller ist der Star der Oldtimer-Szene in der Region Bünde

Kreis Herford. Wenn die legendäre Marlene Dietrich mit ihrem in der Überschrift zitierten Lied von der &bdquo;feschen Lola“ auftrat, war sie ein vielbejubelter Star. Wenn die &bdquo;rote Lola“ aus Bünde auftaucht, ist auch sie ein Star. Ob bei Oldtimer-Treffen, entschleunigten Ausflügen in die Region oder vor dem Eiscafé, der rot lackierte Kabinenroller fällt auf und erntet zahllose, bewundernde Blicke. Doch was das kleine Gefährt heute so liebenswürdig macht, die ungewöhnliche Optik, war einst für das Neufahrzeug eher ein Manko. So verließen während der dreijährigen Bauzeit gerade einmal 11.975 Heinkel-Kabinenroller die Werkshallen im rheinland-pfälzischen Speyer. Doch der Reihe nach. Die Wurzeln von Heinkel in der Luftfahrtbranche Wie schon nach dem Ersten Weltkrieg, hatten auch ab 1945 die alliierten Siegermächte ein strenges Auge auf den Wiederaufbau Deutschlands. Insbesondere jene Industriebetriebe, die zuvor Rüstungsgüter hergestellt hatten, wurden dabei besonders unter die Lupe genommen und die Fertigung bestimmter Produkte gänzlich untersagt. Dazu zählten auch Flugzeuge. Unternehmen, die zuvor in der Luftfahrtbranche tätig waren, suchten also nach Alternativen und da spätestens mit dem sogenannten Wirtschaftswunder der 1950er-Jahre der Bedarf an Kraftfahrzeugen riesig war, setzte eine Reihe von ehemaligen Flugzeugbauern nun auf landgebundene Fahrzeuge. Für Liebhaber: Oldtimer-Treffen im Kreis Herford: Hier können Auto-Klassiker bewundert werden Einer jener Unternehmer, der dieses Schicksal teilte, war Ernst Heinkel, ein umtriebiger Konstrukteur, der das erste Strahlflugzeug – also mit sogenanntem &bdquo;Düsenantrieb“ versehen – entwickelte und in seinen Fabriken eine Reihe von Maschinen für die militärische Nutzung herstellte. Eng mit der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft verwoben und ohne seine bisherigen Werksanlagen im Osten Deutschlands weiter nutzen zu können, sollte es bis 1950 dauern, bis Heinkel wieder tätig wurde. Im 1938 in Stuttgart erworbenen Motorenwerk widmete er sich nun der Entwicklung von Verbrennungsmotoren und schließlich dem Fahrzeugbau. Heinkels Erfolge im Zweiradbau Es entstanden Zwei- und Viertakter für eine Reihe von Automobilproduzenten, ja selbst der erste nach dem Krieg in der Bundesrepublik entwickelte Rennwagen mit Namen &bdquo;Veritas“ wurde von einem Heinkel-Motor befeuert. 1953 stellte Heinkel mit dem grundsoliden &bdquo;Tourist“ sein erstes eigenes Fahrzeug, einen Motorroller, vor. Die überzeugende Konstruktion des verbauten Viertakters und weitere technische Finessen, wie etwa die Antriebsschwinge, machten dieses Zweirad zu einem der erfolgreichsten Modelle auf dem Rollermarkt, das bis 1965 weiterentwickelt und verkauft wurde. Es folgten ein Moped namens &bdquo;Perle“ und ein kleinerer Zweitaktroller, der von der Werbeabteilung auch gerne als &bdquo;Damenfahrzeug“ angepriesen wurde. All diesen Modellen hat sich Dirk Krüger verschrieben, der vor etwa 11 Jahren seine Leidenschaft für das alte Blech und die Firma Heinkel eher zufällig entdeckte. Der Onkel einer Bekannten hatte einen Heinkel Tourist, den der heute 62jährige Krüger immer wieder bewunderte. Als nach dem Tod des Besitzers ein Interessent für das zweirädrige Erbe gesucht wurde, schlug der gelernte Werkstoffprüfer zu. Doch ein Heinkel bleibt selten allein und so haben sich zwischenzeitlich noch etwa sechs weitere Touristen in Krügers Sammlung eingefunden. Nicht zu vergessen, die Schwalbe aus ehemaliger DDR-Produktion von Gattin Melanie. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford Die Heinkel-Community und der Heinkel-Club Deutschland So wie Dirks erster Roller nicht alleine blieb, so hat auch sein Besitzer schnell Anschluss an eine Reihe von Gleichgesinnten gefunden. Zum einen direkt vor Ort, wo sich seit 1991 die Heinkel Freunde Elsetal zu gemeinsamen Aktivitäten treffen. Und zum anderen beim 1983 gegründeten Heinkel-Club Deutschland, der aktuell mit mehr als 4.000 Mitgliedern zu den größten Markenclubs in ganz Europa zählt und diese sogar mittels einer eigenen GmbH mit den erforderlichen Ersatzteilen versorgt. Allerdings hat sich der Bedarf an Teilen zur Behebung von Defekten bislang beim Krügerschen Fuhrpark in Grenzen gehalten. Für die hier vorgestellte Kabine war dies gerade einmal ein Kupplungszug. Die restaurierte &bdquo;rote Lola“ und ihre Zuverlässigkeit Zwar lässt sich die Geschichte dieses 1958 gebauten Exemplars nicht vollständig nachvollziehen, doch kann wohl anhand dieser Zuverlässigkeit darauf geschlossen werden, dass der Restaurator ganze Arbeit geleistet hatte. Denn, obwohl Dirk selbst auch Hand seine Oldtimer anlegt, der Kabinenroller war schon restauriert, als er 2016 aus dem Bremer Raum an die Else umzog. Aus Altersgründen hatte sich der Vorbesitzer von dem Wägelchen trennen wollen und da ihm wohl wichtiger war, ein gutes zu Hause für sein Fahrzeug zu finden, als mit dem Verkauf Reichtümer zu erwirtschaften, konnte der Eigentümerwechsel zu einem sehr moderaten Preis vonstattengehen. Eine Entscheidung, die vom &bdquo;Familienrat“ einstimmig begrüßt wurde, denn endlich zog mit dem – auf den bereits erwähnten Namen &bdquo;rote Lola“ getauften – Rollermobil ein Heinkel-Produkt bei den Krügers ein, an dem auch Frau Melanie und Hund Susi ihren Spaß haben konnten. Denn während sich die Gattin auf den Rollern nur etwas unwohl fühlte, blieb dem zwölfjährigen Retriever/Pudel-Mix die Mitfahrt auf einem Zweirad ja schon aus Sicherheitsaspekten grundsätzlich verwehrt. Nun finden alle drei unter der gewölbten Kuppel ihren Platz. Melanie und Dirk auf der durchgehenden Sitzbank vorn und Susi dahinter, auf der ursprünglich für Gepäck oder die Mitfahrt von Kindern gedachten Fläche im Heck. Die Vorteile der Raumnutzung beim Heinkel-Kabinenroller Nicht nur Sicherheitsingenieure würden heutzutage wohl die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn sie auch nur ansatzweise über diese Möglichkeit des Nachwuchs-Transportes nachdenken würden. Im umkämpften Markt der Kleinstwagen der 1950er Jahre war die mögliche Raumnutzung jedoch ein Plus im Vergleich zu ähnlich gestalteten Fahrzeugen. Allen voran natürlich die von ISO in Italien entwickelte und von BMW in Lizenz gebaute Isetta. Zwar hatte sich vermutlich auch Heinkel an deren Design orientiert, aufgrund seiner Erfahrungen im Flugzeugbau konstruktiv aber durchaus eigene Lösungen gefunden. So brachte Heinkels Kabine dank konsequentem Leichtbau, selbsttragender Karosserie und knappen 300 kg rund einen Zentner Eigengewicht weniger auf die Waage und kam mit unterhaltsgünstigeren 50 ccm Hubraum bzw. zwei PS weniger Leistung daher. Dennoch erreichte das, im eigens erworbenen Werk in Speyer gefertigte Mobil mit 82 km/h nahezu die gleiche Höchstgeschwindigkeit wie das bayerische Pendant und sparte mit 4 Litern Verbrauch dazu noch rund ein Viertel des erforderlichen Kraftstoffes ein. Einzig das starr angeordnete Lenkrad wurde im Vergleich schon bei Erscheinen als ein Nachteil gegenüber der mit der Fronttür vorschwenkenden BMW-Lösung kritisiert. Die Konkurrenz mit der BMW Isetta Immerhin sicherte sich die Firma Heinkel durch diesen Komfortverlust erfolgreich vor eventuellen Plagiatsklagen der Münchener ab. Und obwohl der auf dem Tourist-Antrieb basierende Einylinder-Motor einen Vergleich mit dem ebenfalls aus einem Zweirad entliehenen BMW-R25-Aggregat nicht scheuen musste, entschieden sich mehr als zehnmal so viele Käufer für das bayerische Motocoupé, wie die Bauform durch die zeitgenössische Werbung auch tituliert wurde. Also stellten die Stuttgarter die Fertigung bereits im Jahre 1958 wieder ein. Konstruktion und Produktionseinrichtungen wurden zwar noch in Lizenz vergeben bzw. verkauft, aber auch in Argentinien und Großbritannien sind keine nennenswerten Stückzahlen mehr gefertigt worden. Die &bdquo;rote Lola“ und ihre Reisen So rollt mit der &bdquo;roten Lola“ einer von insgesamt nur wenig mehr als 26.000 gebauten Heinkel-Kabinenrollern nicht nur durch das Bünder Land. Von Einbeck bis Bad Rothenfelde sind die Krügers und ihre Heinkel Freunde aus dem Elsetal bereits gesichtet worden. Und wenn im Sommer der Heinkel-Club Deutschland zu seiner alljährlichen Touristikfahrt einlädt, dann sind Melanie, Dirk und Susi wieder mit dabei. Bei einer Durchschnittgeschwindigkeit von 50 bis 60 km/h genießt das Trio dann nicht nur die landschaftlichen Reize, sondern auch die Aufmerksamkeit, die die rollenden Produkte aus dem Hause Heinkel noch heute bei den Passanten erregen. Weitere Oldtimer-Geschichten: 50 PS und 1,1-Liter-Motor: Ein Bünder und sein Opel Kadett aus den 1970ern Kunterbunter VW Käfer: 21-Jährige belebt Oldtimer-Szene im Kreis Herford Vom Wirtschaftswunder zum Sammlerstück: Bünder restauriert Mercedes &bdquo;Ponton“ Oldtimer-Legende BMW E24: Engeraner ist unterwegs wie einst der &bdquo;Bulle von Tölz“ Zeitreise auf zwei Rädern: Wie eine Vespa aus dem Jahr 1960 das Herz eines Bünders bewegt Verschollen: Hiddenhauser Oldtimer-Fan gibt Suche nach 50 Jahre altem DKW Cabriolet nicht auf Herforder restauriert sein Goggomobil TA 250 aus dem Jahr 1971

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