Bauhaus-Meister in Herford

Seltene Kunstwerke von Lyonel Feininger in Herford ausgestellt

Die Stiftung Ahlers pro Arte zeigt eine Übersicht über das Werk des Malers Lyonel Feininger zwischen Ostsee und Hochhausschluchten, Thüringen und New York.

Christian Torner (v. l.), Stella Ahlers (beide Ahlers pro Arte) und Kurator Ulrich Luckhardt neben dem Gemälde „Trompetenbläser im Dorf“, die eigentlich einen Tubisten zeigt. | © Ralf Bittner

Ralf Bittner
22.03.2025 | 23.03.2025, 13:10

Herford. Spätestens seit der Berufung als Meister an das neu gegründete Bauhaus 1919 in Weimar zählte der 1871 in New York geborene und 1956 auch dort gestorbene Lyonel Feininger mit expressiver Formensprache und sich in Prismen oder kristallinen Formen auflösenden Landschafts- und Architekturbildern zu den bedeutendsten und populärsten Künstlern Deutschlands. Die neue Ausstellung in den Räumen der Stiftung Ahlers pro Arte „Lyonel Feininger. Von der Stadt am Ende der Welt bis zur Ostsee“ gibt einen Überblick über das Schaffen des Malers und Grafikers.

Feininger war als Sohn deutsch-amerikanischer Musiker nach Deutschland gekommen, um Musik zu studieren. Stattdessen wandte er sich dem Grafik- und Kunststudium zu und arbeitete ab 1893 in Berlin als freier Illustrator und Karikaturist für Zeitschriften. Das weisungsgebundene Arbeiten, wo die Themen oft von den Redakteuren vorgegeben wurden, lag ihm nicht.

Ein Vertrag mit der Chicago Tribune 1906 ermöglichte es ihm, nach Paris zu gehen und sein weiteres Werk unabhängig als Künstler zu entwickeln. Begegnungen mit der europäischen Avantgarde trugen dazu bei. Da war er bereits Mitte 30.

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Lyonel Feininger: Ein Leben zwischen Kunst und Avantgarde

In Paris zeichnete er Unmengen von Menschen, die sich als geradezu archetypische Figuren in seinen späteren Bildern wiederfinden werden. In Deutschland hatten es ihm besonders die Ostseeküste, die Architektur um Weimar mit den dortigen Dorfkirchen angetan. Überall fertigte er seine Natur-Skizzen als Zeichnung oder Aquarell an, um sie später im Atelier zu Kompositionen auszuarbeiten.

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So entstanden Welten, die sich logischen Erklärungen und der Realität entziehen und bei den Betrachtenden eine Art Kopfkino ablaufen lassen. Seine typischen kristallinen Architekturbilder trafen den Zeitgeist, ebenso seine Darstellungen von Segelschiffen und Strandbildern.

Die Vielfalt der Techniken und Motive

Seine Natur-Skizzen wurden auf immer neue Art zum Ausgangspunkt seiner Arbeiten. So ist die Gelmeroder Kirche als Tuschezeichnung aus dem Jahr 1910, als Holzschnitt aus dem Jahr 1918 und als Lithografie aus dem Jahr 1955 als schattige Struktur, die mit ein paar Federstrichen Form erhält, vor einem in kristallinen Formen zerfallenden Himmel zu sehen. So unterschiedlich Technik und Wirkung auch sind, immer sind genaue Beobachtungen Ausgangspunkt seiner Arbeiten.

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Lyonel Feininger in Herford

1912 malte er ein Bild mit dem Titel „Hohe Häuser“, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. In der Ausstellung ist eine gleichnamige Zeichnung zu sehen, die deutlich macht, wie penibel der Künstler hier die Formen aufgelöst, neu zusammengefügt und die Farben in Hell-Dunkelwerten festgelegt hatte. Das Verdichten unzähliger Beobachtungen von Wolken, Schiffen und Naturphänomenen findet sich auch in „Stiller Tag am Meer I“ (1926), einer Komposition voller Stille und bleierner Ruhe mit einem gelbliche-grauen Quadrat im Zentrum, in dem sich nichts, aber auch gar nichts, zu ereignen scheint.

Lyonel Feininger: Ein Künstler im Wandel der Zeit

Als Lehrender am Bauhaus ahnte Feininger früh, was die Nazis für die Kunst bedeuten würden. 1936 unterrichtete er in Oakland und bereitete dabei seine Übersiedlung in die USA vor. 1937 konnte er mit seiner jüdischen Frau Julia das NS-Deutschland in Richtung USA verlassen und auch den Großteil seiner Skizzen und Werke mitnehmen. Obwohl Deutsch-Amerikaner war der Neuanfang des in den USA eher unbekannten Feininger nicht leicht, auch weil ihm die aus Deutschland bekannten Motive fehlten. Später entdeckte er die Hochhäuserschluchten Manhattans als Motiv für sich. Während er in Deutschland als entarteter Künstler galt, richtete ihm das Museum of Modern Art in New York bereits 1944 eine Retrospektive aus.

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Die vom Feiniger-Spezialisten Ulrich Luckhardt kuratierte Ausstellung zeichnet in 70 nur selten zu sehenden Arbeiten den künstlerischen Weg eines Malers nach, der wie ein Solitär zwischen amerikanischen Einflüssen und europäischen Tendenzen kunstgeschichtlich nur schwer eindeutig verorten lässt. Dabei dürften gerade die frühen Arbeiten eine Entdeckung sein – für Feininger-Fans und Neugierige gleichermaßen.

INFORMATION


Öffnungszeiten und Führungen

Eröffnet wird die Ausstellung in den Räumen der Stiftung Ahlers pro Arte, Goebenstraße 2, am Freitag, 14. März, um 19 Uhr. Danach ist sie bis zum 13. Juli jeweils donnerstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.

Führungen gibt es jeweils sonntags um 11.30 Uhr. Erstmals werden am 9. und 10. Mai zwei Kurautorenführungen mit Ulrich Luckhardt angeboten, die über den Ticketshop auf www.ahlers-porarte.com bereits gebucht werden können.

Ermutigt durch den Erfolg der ersten Ausstellung am neuen Standort mit Werken Gabriele Münters, die rund 4.000 Besuchende angezogen hatte, soll es demnächst neue Führungsformate für Kinder und Familien geben.