So können Herforder die Rolle ihrer Ahnen im Dritten Reich erforschen

Herford. Das Ende des Zweiten Weltkriegs und damit das Ende der NS-Diktatur jährt sich am 8. Mai 2025 zum 80. Mal. Berichte von Eltern und Großeltern geben Nachgeborenen meist einen vagen Einblick in den Alltag während der Nazi-Zeit. Doch wie steht es mit Dokumenten? Wo lässt sich feststellen, ob einer der Vorfahren beispielsweise Mitglied der NSDAP war oder wo er während des Krieges eingesetzt wurde? Dass es immer wieder Überraschungen gibt, zeigen die Informationen über den früheren Herforder Bürgermeister Kurt Schober (1917 bis 2003). Dass er Mitglied der Waffen-SS war, wurde erst Jahrzehnte später bekannt. &bdquo;Die weitaus meisten Mitglieder der NSDAP oder von anderen Organisationen haben bei Kriegsende ihre Ausweise verbrannt oder vergraben. Das war nichts, worüber man gesprochen hat“, beschreibt Reinhard Heinsmann vom Arbeitskreis Familienforschung im Kreis Herford die Situation. Tatsächlich gibt es aber noch jede Menge Daten, die es ermöglichen, diesen Fragen nachzugehen. Daten lagern beim Bundesarchiv in Berlin Die umfangreichste Sammlung von personenbezogenen Daten ist mittlerweile beim Bundesarchiv gelagert. Diese Daten werden aber nicht so einfach herausgegeben: Wer dort einen Antrag stellt, muss schon ein berechtigtes Interesse haben. Als berechtigtes Interesse kann etwa ein Verwandtschaftsverhältnis gelten, wenn es sich etwa um den Großvater oder Urgroßvater handelt. Wer mit der Suche beginnen möchte, muss zunächst einen Benutzungsantrag stellen. Den gibt es als Download auf der Seite des Archivs – und Antragsteller müssen ihn eigenhändig unterschreiben und können ihn dann etwa als PDF per Mail absenden. Ganz wichtig: Eine elektronische Signatur zählt hier nicht. NSDAP und andere NS-Organisationen Die Daten zu den Mitgliedern der NSDAP, aber auch der SS und SA sind im Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde gelagert, so ein Sprecher der Behörde. Liegt der Antrag vor, prüft das Archiv zunächst, ob es eventuell noch Beschränkungen gibt, und bestimmte Akten etwa aufgrund personenbezogener Daten noch nicht freigegeben werden können. Die erhaltenen Daten umfassen nach Schätzungen rund 80 Prozent aller NSDAP-Mitglieder. Rund 20 Prozent der Daten sind aber verloren gegangen. Für Antragsteller, die einen negativen Bescheid erhalten, bedeutet das also nicht unbedingt, dass die Vorfahren nicht NSDAP-Mitglieder waren. Liegen der vollständige Name sowie Geburtsort, Wohnort und Geburtsdatum des Gesuchten vor, ist es für die Mitarbeiter des Bundesarchivs meist sehr schnell möglich, nach einer Mitgliedskarte zu suchen. Mehrheitlich erhalten die Antragsteller eine Kopie der Mitgliedskarte. Bei früheren Mitgliedskarten gibt es oft noch ein Foto, bei späteren wurde darauf verzichtet. Auch bei Recherchen zu Mitgliedern von SS und Waffen-SS gibt es vorwiegend nur eine Seite, so ein Experte. Die Suche ist allerdings nicht kostenfrei. Pro angefangener Viertelstunde müssen Antragsteller fünf Euro zahlen. Das Archiv ist dabei tendenziell auf schnelle Recherchen fokussiert, umfassende Akten werden von den Experten nicht durchgearbeitet. In solchen Fällen müssen die Antragsteller nach Berlin reisen und ihnen werden die Akten zur Verfügung gestellt. Bevor das Bundesarchiv die Daten verschickt, gibt es zunächst eine Rechnung, danach erhalten die Antragsteller ihre Kopien. Anhand dieser Daten lassen sich weitere Recherchen anstellen. Anlaufpunkt ist in solchen Fällen dann unter anderem das Herforder Kommunalarchiv. Antragsteller müssen sich aber in Geduld üben. Die Beantwortung kann mehrere Wochen dauern. Immerhin erhält das Bundesarchiv jährlich rund 75.000 Anfragen zur NS-Zeit. Informationen zum Militärdienst während der NS-Zeit Die Daten von Soldaten der Deutschen Wehrmacht waren bis 2018 bei der sogenannten Deutschen Dienststelle zu finden. Die in Berlin angesiedelte Behörde war ursprünglich für die Information von Familienmitgliedern gefallener Soldaten zuständig. Die Hinterbliebenen erhielten Karten zugeschickt, auf denen der Todestag sowie der Ort vermerkt waren. Aufgeführt sind auch gegebenenfalls Sterbeort und Datum sowie die Grabstätte auf einem der Soldatenfriedhöfe – so der Tote dort beerdigt wurde. Aufgeführt ist auch eine eventuelle Kriegsgefangenschaft. Mittlerweile sind die Aktenbestände der Deutschen Dienststelle an das Bundesarchiv am Standort Berlin überführt worden. Diese Akten in Tegel, die es auf eine Länge von 75 Kilometern bringen, umfassen allein frühere Wehrmachtsangehörige. Akten zu den Mitgliedern der SS und der Waffen-SS sind hier nicht zu finden. Die Bearbeitungsdauer liegt meist bei neun bis zwölf Wochen. Eine Stunde Archivarbeit wird mit 20 Euro in Rechnung gestellt, die meisten Rechnungen liegen nach Schätzungen zwischen fünf bis zehn Euro. In der Regel gibt es dann eine Akte mit Foto sowie Daten wie den Beginn der Grundausbildung. Die Daten können dann für weitere Recherchen eingesetzt werden – so lässt sich anhand der Einheiten, in denen die Soldaten kämpften, das Einsatzgebiet feststellen. Letztendlich sind die Archive mittlerweile auch dabei, die Akten zur Entnazifizierung freizugeben. Diese Dateien lagern im Kommunalarchiv, erklärt der heimische Familienforscher Reinhard Heinsmann.

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