Mit 85 am OP-Tisch: Arzt aus dem Kreis Herford operiert seit 20 Jahren Kinder in Afrika

Kreis Herford. Soeben ist er zurück aus dem Kongo. 143 Kinder haben er und seine Kollegen der Ärzte-Organisation &bdquo;Hammer Forum“ dort in knapp zwei Wochen operiert. Eine stolze Zahl. Und trotzdem eine verschwindend geringe - wenn man sie mit der vergleicht, die sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte angesammelt hat: Theophylaktos Emmanouilidis, in Bünde allseits bekannt als &bdquo;Dr. Emma“, ist 85 Jahre alt und fliegt seit gut 20 Jahren jedes Jahr zehn bis zwölfmal nach Afrika, um dort Kinder zu operieren. Tausenden hat er damit das Leben gerettet. &bdquo;Das Thema Kongo deprimiert mich.“ Ein Satz, den Dr. Emma schon häufiger gesagt hat, wenn er aus dem zweitgrößten Land des afrikanischen Kontinents wieder nach Hause kommt. Mit der dort geleisteten Arbeit des Forums ist er eigentlich immer ganz zufrieden, die schwüle Hitze und die ein oder andere Malaria-Infektion steckt er auch locker weg - &bdquo;aber das, was wir dort eigentlich mal vorhatten, hat nicht geklappt - das muss man sich nach einem knappen Vierteljahrhundert vor Ort leider eingestehen.“ Kinderambulanz in Kikwit: Ein gescheiterter Traum Der ursprüngliche Plan: Eine Kinderambulanz in einem Krankenhaus in der Provinzstadt Kikwit aufbauen, &bdquo;Hilfe zur Selbsthilfe“ leisten, irgendwann seine Zelte wieder abbrechen und eine funktionierende Kinderambulanz hinterlassen, die weitestgehend von Einheimischen am Laufen gehalten wird. Doch was in anderen Ländern durchaus schon klappte (oder wenigstens in Ansätzen), scheint im Kongo ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Lesen Sie auch: Arzt aus Bünde erhält zum zweiten Mal das Bundesverdienstkreuz Eine schlimme Kolonialgeschichte, diverse schlimme Regierungen danach, schlimme Armut, schlimme Korruption, schlimme Bürgerkriege und ein letztlich verlorener Glaube der Menschen an sich selbst und an die Fähigkeit, sich eines Tages doch noch mit eigener Kraft aus dem Schlamassel zu befreien - die Gründe, die der ehemalige Chefarzt des Bünder Lukas-Krankenhauses für die Misere ausgemacht hat, sind vielfältig. &bdquo;Und jetzt kommt auch noch der Klimawandel dazu“, sagt er mit Blick auf die sintflutartigen Regenfälle, die er im Kongo seit einiger Zeit erlebt. Auch diesmal wieder. Wenn er die Zustände in der Kinderambulanz und am dazugehörigen Krankenhaus von Kikwit bewerten soll, kommt er zu dem Schluss, dass dort eigentlich alles schlimmer wird. &bdquo;Dort wurde in den vergangenen Jahren nicht ein einziger Cent investiert - nur von uns. Alles geht kaputt und wird nicht repariert - nur von uns. Insgesamt sind dort 160 Ärzte staatlich eingestellt. Wenn 20 davon im Laufe des Tages zur Arbeit kommen, ist das schon viel. Genauso verhält es sich mit dem Pflegepersonal. Aber wer will den Menschen diese Arbeitsmoral verdenken, wenn sie über Monate oder Jahre ihr Gehalt nicht bekommen?“, gewährt der Bünder weitere Einblicke in kongolesische Verhältnisse. Enttäuschungen und bürokratische Hürden Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von HAMMER FORUM (@hammerforum) Schlimm sei die Abwesenheit der Ärzte nicht wirklich. &bdquo;Es sind ohnehin kaum Patienten dort. Die haben, teils zu Recht, weder Vertrauen in die Ärzte noch das nötige Geld für medizinische Eingriffe“, erzählt der 85-Jährige ein wenig kon(go)sterniert. Nur wenn das &bdquo;Hammer Forum“ vor Ort sei, dann kämen sie mit ihren kleinen und großen Wehwehchen zu Hunderten aus der Umgebung und suchten Hilfe. Lesen Sie auch: Dr. Emma wird 80 Jahre alt - ans Aufhören denkt er noch lange nicht Emmanouilidis muss einräumen, dass ihn die Menschen im Kongo schon manches Mal enttäuscht haben – in erster Linie jene, die in Politik oder Wirtschaft eine gewisse Macht haben. Selbst ihm und seinen Kollegen vom Forum würden zuweilen unnötige bürokratische Hürden in den Weg gestellt. Und immer werde von offizieller Stelle die Hand aufgehalten - obwohl man schon so viel mitbringe und ehrenamtlich leiste. Hoffnung und Engagement für Kinder in Not Schon etliche Male habe er sich bei der Vorstellung ertappt, die Brocken im Kongo einfach hinzuschmeißen. Aber dann denkt er sich: &bdquo;Die Kinder können ja nichts dafür.“ Und macht weiter. Und wenn er dann wieder ein todkrankes Kind operiert hat und es drei Tage später fröhlich durch den Krankenhausflur hüpfen sieht, ist alles wieder gut. Der Kongo ist ein Extrembeispiel. In anderen afrikanischen Ländern geht der Plan mit der &bdquo;Hilfe zur Selbsthilfe“ viel besser auf. Schon in wenigen Tagen geht es für Dr. Emma nach Somaliland, einer erstaunlich gut entwickelten autonomen Region am Horn von Afrika. Gegen den Kongo fast ein Wellness-Aufenthalt. Und relativ zeitig im neuen Jahr stehen dann Mauretanien und der Jemen auf der To-Do-Liste. Auch in diesen Ländern gibt es jede Menge Kinder, die nichts dafür können.

Meistgelesen