Bargeldlos in Herford: Gastronom schlägt digital das Trinkgeld vor

Herford. 5, 10, 15 Prozent oder gar nichts? Kartenlesegeräte in Restaurants fragen, wie viel Trinkgeld der Kunde geben möchte. Die Technik ist im Ausland schon weit verbreitet und auch in einigen Lokalen Ostwestfalen-Lippes setzen Gastronomen bereits darauf. In Herford hat sich ein Café dafür entschieden und die neue Technik ausgetestet. Wer im Kontor Kaffee Kuchen und Cappuccino bestellt und bargeldlos bezahlen möchte, bekommt seit einiger Zeit auf dem Display des Kartenlesegeräts nicht nur die Höhe des Preises angezeigt, sondern dazu auch einen Trinkgeldvorschlag. Kundinnen und Kunden können so mit einem Fingertipsen die Höhe des Trinkgelds auswählen, das Geld on top aber auch ablehnen. Seit einigen Monaten testet die Kaffeebar an der Brüderstraße diese Technik. &bdquo;Wir sind sehr zufrieden damit“, sagt Anette Hertel-Krömker, die Frau des Inhabers Henrik Krömker. Der Chef hat die Technik zwar eingeführt, mischt sich in die Trinkgeld-Thematik aber nicht weiter ein. Die Mitarbeitenden seien selbst verantwortlich. &bdquo;Das Trinkgeld kommt wirklich bei uns an“, sagt Jewin Derbas und beantwortet damit eine oft gestellte Frage der Gäste. Er arbeitet seit rund sechs Jahren im Kontor und ist mit dem bargeldlosen Trinkgeld mehr als zufrieden: &bdquo;Ich hätte vorher nicht gedacht, dass da wirklich was bei rumkommt. Die Extra-Einnahmen freuen uns.“ Nutzung bargeldloser Zahlungsmittel in OWL steigt Auch Mitarbeiterin Carolin Hoffmann ist zufrieden mit dem System: &bdquo;Regelmäßig erhalten wir Mitarbeitenden eine Trinkgeldausschüttung.“ Gerecht werde das Trinkgeld durch die Arbeitsstunden der Einzelnen geteilt. &bdquo;Das klappt super“, sagt Hoffmann. Im Vergleich mit seinen europäischen Nachbarn zahlen in Deutschland immer noch viele Menschen am liebsten mit Scheinen und Münzen. Nach einer im Juli von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Studie &bdquo;Zahlungsverhalten in Deutschland 2023“ werden in Deutschland etwa die Hälfte der Bezahlvorgänge im Alltag mit Bargeld getätigt. Lesen Sie auch: Die besten Restaurants zum Frühstücken im Kreis Herford Doch die bargeldlosen Vorgänge nehmen zu. Im Vergleich zur Vorstudie von 2021 steigt die Nutzung unbarer Zahlverfahren um 7 Prozentpunkte auf nun 49 Prozent, wie es von der Bundesbank heißt. Besonders bei höheren Beträgen greifen die Menschen gern zur Debitkarte. Gemessen am Umsatz ist laut Bundesbank-Studie die Debitkarte mit einem Anteil von 32 Prozent das beliebteste Zahlungsmittel, gefolgt von Bargeld (26 Prozent). Auch beim Trinkgeld-System kann der Gast frei wählen Jerwin Derbas schätzt, dass im Kontor Kaffee fast jeder zweite Kunde die Geldkarte oder das Smartphone zückt, um bargeldlos zu zahlen. &bdquo;Die große Mehrheit unserer Gäste findet das neue Trinkgeldsystem daher richtig gut“, sagt er nach der monatelangen Erfahrung. Denn nicht jeder habe immer Bargeld dabei, so Derbas. Wer das System noch nicht kennt, bekommt es vor Ort erklärt. &bdquo;Dabei weisen wir auch darauf hin, dass es möglich ist, kein Trinkgeld zu geben“, sagt Derbas und weiter: &bdquo;Das finde ich auch wichtig.“ Nichts mehr Verpassen: Hier geht’s zum neuen Newsletter &bdquo;Essen & Erleben“ der NW Auf dem Display ist dann übrigens nicht nur die jeweilige Prozentzahl angegeben – das Café hat sich für die Staffelung 5, 10 und 15 Prozent entschieden. Auch die tatsächliche Trinkgeldsumme rechnet das Gerät aus. Wer etwa einen Cappuccino für 3,80 Euro kauft, gibt bei 5 Prozent 19 Cent Trinkgeld, bei 10 Prozent sind es schon 38 Cent. &bdquo;Der Gast kann auch frei wählen“, sagt Derbas. Zudem würden sich die Mitarbeiter dezent wegdrehen, um nicht einsehen zu können, wie viel Trinkgeld der Gast auswählt. Gleichzeitig existiert auch noch die Spardose auf der Theke. Hier werfen Bargeld-Kunden gerne zum Aufrunden einen Teil ihres Rückgeldes hinein. Hoffmann schätzt, dass mindestens jeder zweite Kunde Trinkgeld gibt. &bdquo;Die meisten wählen fünf oder zehn Prozent aus, andere vertrauen dem System aber nicht so richtig und geben uns dann doch lieber Bargeld“, sagt sie. So läuft es in anderen Herforder Gastrobetrieben Nach einer Umfrage bei weiteren Gastronomen in Herford scheint das Trinkgeld-System im Kaffee Kontor noch außergewöhnlich zu sein. &bdquo;Davon habe ich noch nicht gehört“, sagt etwa Hamid Ghanbari vom Kupferherz und weiter: &bdquo;Der Gast entscheidet bei uns selbst.“ Das Trinkgeld on top würde hier bei Kartenzahlung drauf gebucht werden können oder eben in bar dem Kellner zugutekommen. Lesen Sie auch: &bdquo;Genug von Gejammer“: Wie dieses Herforder Restaurant trotz Gastro-Krise erfolgreich ist Im Restaurant Jägerkrug wäre das Trinkgeld-System zwar anwendbar, hier haben die Betreiber aber bewusst darauf verzichtet, die Funktion frei zu schalten. &bdquo;Wir wollen, dass die Trinkgeld-Entscheidung beim Gast bleibt“, sagt Karl-Heinz Bauer. Auch habe ein Steuer-Experte ihnen davon abgeraten, das System zu implementieren. &bdquo;Bei uns geben die Gäste das Trinkgeld in bar, das klappt super“, so Bauer. Auch bei den Gastronomen in der Markthalle ist solch ein System kein Thema. &bdquo;Bei uns gibt es die Funktion im Zahlsystem gar nicht“, sagt Ulrich Stecker von Duke&Earl. Doch auch wenn er sie auswählen könnte, würde der Inhaber der Kaffeebar darauf verzichten. &bdquo;Ich fühle mich bei diesem System selbst etwas unter Druck gesetzt, Trinkgeld geben zu müssen. Wir setzen auf Freiwilligkeit.“

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