Wo Eltern von Sternenkindern im Kreis Herford Hilfe finden

Herford. Emel Bilgetekin war in der 16. Schwangerschaftswoche, als die junge Frau ihr Kind still zur Welt bringen musste. &bdquo;Es hat meiner Familie und mir den Boden unter den Füßen weggerissen“, sagt Bilgetekin. Sie hat sich allein gefühlt, wollte sich mit anderen Betroffenen von Sternenkindern austauschen. &bdquo;Es gab in Herford aber kein Angebot“, sagt die heute 35-Jährige, die für eine Trauergruppe bis nach Bielefeld gefahren ist. Das war im Jahr 2017. Heute ist Emel Bilgetekin selbst Trauerbegleiterin und gründet mit Christiane Menzel in Herford eine Selbsthilfegruppe für Familien von Sternenkindern. Mehr zu Christiane Menzel: Diese Herforderin steht Eltern von Sternenkindern zur Seite Als Sternenkinder werden Kinder bezeichnet, die vor, während oder kurz nach der Geburt verstorben sind. Bei Emel Bilgetekin war die Geburt ihres zweiten Wunschkindes gleichzeitig ein Abschied. &bdquo;Im Krankenhaus hat man mich gefragt, ob ich einen Seelsorger in Anspruch nehmen möchte“, erinnert sich die junge Frau. Sie selbst ist Muslima, der Seelsorger Katholik. &bdquo;Ich war offen dafür und dankbar für dieses Angebot. Die Hilfe war schön“, sagt Bilgetekin, die sich anschließend eine weitere Begleitung in Form einer Trauergruppe gewünscht hätte. Drittes Gräberfeld für Sternenkinder auf Herforder Erikafriedhof Nach ihrer stillen Geburt hat sich die Erzieherin und Sozialpädagogin intensiv mit den Themen Tod und Trauer beschäftigt und eine Weiterbildung zur Sterbebegleiterin gemacht. In der Hospizbegleitung hat sie Christiane Menzel kennengelernt. Die Fotografin ist ebenfalls Trauer- und Sterbebegleiterin. Ihr ältestes Geschwisterkind war ein Sternenkind. &bdquo;Das hat mir meine Mutter erst erzählt, als ich selbst schwanger war“, erzählt Menzel. Gemeinsam gründen die beiden Frauen eine Trauergruppe für Familien von Sternenkindern, um im Kreis Herford ein Angebot zum Austausch zu schaffen. &bdquo;Es hilft, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Sie verstehen einen, wissen, was man selbst durchgemacht hat“, sagt Bilgetekin. Das gebe Halt. Auf dem Erikafriedhof werden Sternenkinder in Herford beigesetzt. Zweimal im Jahr, im März und September, finden eine ökumenische Beisetzungsfeier und die jährliche Gedenkfeier für Sternenkinder auf dem Grabfeld Morgenröte statt. &bdquo;Die erste Beisetzung war 2006“, sagt die Pfarrerin der evangelischen Emmaus-Kirchengemeinde, Eva-Maria Schnarre. Lesen Sie auch: Engel wacht über Sternenkinder von Herford Sternenkinder können individuell beigesetzt werden In den jeweiligen Urnen sind die Sternenkinder des vergangenen halben Jahres. &bdquo;Immer gab es durch mich und meinen katholischen Kollegen Ulrich Martinschledde auch ganz individuelle Begleitung bei individuellen Beisetzungen sowie seelsorgliche Gespräche“, sagt Schnarre. Doch was bisher fehlte, war eine Möglichkeit zum Austausch betroffener Eltern und Familien. Das soll mit dem Angebot der Trauerbegleiterinnen Emel Bilgetekin und Christiane Menzel nun anders werden. Finanziell unterstützt die Stiftung Meilenstein vom Kirchenkreis Herford das Angebot. Zunächst einmal monatlich sollen Sterneneltern dazu eingeladen werden, mit den beiden Frauen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Besonders dabei ist, dass Menzel Christin und Bilgetekin Muslima ist. Gemeinsam und religionsoffen leiten sie die Treffen ab Oktober. Lesen Sie auch: Viel zu früh und tot geboren: Hilfen in der Trauer um ein &bdquo;Sternenkind“ Genauere Informationen gibt es am Mittwoch, 18. September, nach der Sternenkinder-Beisetzung im Café Marienblüte am Erikafriedhof oder über einen direkten Kontakt zu: Christiane Menzel, Tel. 0170 8818072, E-Mail: info@zeit-fuer-trost.de oder über Emel Bilgetekin, Tel. 0176 30525571, E-Mail: info@lebenszeit-lebensende.de. Herforderin trägt bleibende Erinnerung am Handgelenk &bdquo;Wir möchten mit dem Angebot zeigen, dass Familien von Sternenkindern nicht alleine sind“, sagt Menzel. Die Anzahl der Betroffenen ist groß. &bdquo;Bis zu jede 10. Schwangerschaft ist betroffen“, sagt Menzel. Doch oftmals werde das Thema noch tabuisiert und über diese schweren Verluste geschwiegen. &bdquo;Reden hilft“, weiß Bilgetekin. Auf dem Erikafriedhof ist mittlerweile ein drittes Gräberfeld für Sternenkinder geschaffen worden, teilt Pfarrerin Schnarre mit. Frei von Kosten können Eltern ihr verlorenes Kind hier unter einem großen Baum begraben. Auf dem Erikafriedhof liegt auch das Kind von Emel Bilgetekin. Mit ins Grab hat sie einst das Andenken vom Klinikum gelegt, das sie nach ihrer stillen Geburt bekommen hat. &bdquo;Ich als Mutter habe auch eins bekommen. Ich bin monatelang nur damit überall hingegangen. Ich brauchte etwas, woran ich mich festhalten konnte“, erzählt sie offen. In dieser schweren Zeit hat sie sich auch ihre Tätowierungen am Handgelenk stechen lassen. So trage sie ihr Kind, das sie nicht aufwachsen sehen kann, immer bei ihr. Bilgetekin: &bdquo;Und das Andenken hängt mittlerweile bei uns im Wohnzimmer.“

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