Antwort vom Innenminister: Herforder Milli-Görüs ist nicht verfassungsfeindlich

Herford. Innenminister Herbert Reul (CDU) hat auf Anfrage Tim Kählers die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) bewertet. Das Schreiben des NRW-Ministers mit der Antwort an Herfords Bürgermeister hat Kähler am Donnerstag, 7. August, an alle Ratsmitglieder weitergeleitet. Reul kommt darin zu einem anderen Schluss als der CDU-Stadtverband. Die Christdemokraten in Herford hatten in den vergangenen Monaten massive Kritik an Besuchen des Bürgermeisters und seines Stellvertreters, Thomas Bischoff (SPD), in der Gemeinde an der Engerstraße geübt und dabei die Herforder Gemeinde in die extremistische und verfassungsfeindliche Ecke gestellt. Bischoff war im April einer Einladung der Gemeinschaft Milli Görüs zum Fastenbrechen in deren Räume gefolgt. Eine Bewertung ist nur am Einzelfall möglich Reul erklärt in seiner Antwort auf Kählers Anfrage nun, warum Milli Görüs bundesweit kein einheitliches Bild abgibt und sich die Bewertung am jeweiligen Einzelfall orientieren muss. Ganz klar äußert er sich aber zum Einzelfall Herford: Demnach gibt es über den Ortsverein, in dem die Herforder Gemeinde an der Engerstraße organisiert ist, keine Erkenntnisse, dass dieser eine extremistische Ideologie fördert. Reul erklärt in seinem Schreiben, dass die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs differenziert zu betrachten ist und wo die Trennlinien liegen. Demnach ist die IGMG nach ihrem eigenen Selbstverständnis grundsätzlich weiterhin der Milli-Görüs-Bewegung (MGB) zuzuordnen. Lesen Sie auch: Besuche von SPD-Politikern bei Milli Görüs: Vom Herforder CDU-Stadtverband gibt es harsche Kritik &bdquo;Sowohl in der Türkei als auch in Deutschland besteht die MGB aus mehreren Komponenten, die von einer gemeinsamen ideologisch-religiösen Ausrichtung der ideellen Bindung an den 2001 verstorbenen türkischen Politiker Necmettin Erbakan zusammengehalten werden“, schreibt Reul. Alle MGB-Vereinigungen seien zwar selbstständig und agierten unabhängig voneinander, sie verbinde aber die verfassungsfeindliche Milli-Görüs-Ideologie, wenn auch in unterschiedlich starker Ausprägung. CDU hat fälschlich Bewegung und Gemeinde gleichgestellt Allerdings war die IGMG, Reul zufolge, nur bis 2013 Sammelbecken der außerhalb der Türkei lebenden und organisierten Erbakan-Anhänger und die einzige Repräsentantin der MGB in Europa. Dann hätten sich jedoch weitere der MGB zuzuordnende Organisationen gebildet, darunter die Saadet Partisi (SP) und die Imail Aga Cemati (IAC). Und dadurch habe die IGMG ihren Charakter als Repräsentantin der in Europa lebenden Erbakan-Anhänger verloren. Der Verfassungsschutz habe deshalb Ende 2014 den Sammelbegriff &bdquo;Milli-Görüs-Bewegung“ zu einem &bdquo;Sammelbeobachtungsobjekt“ gemacht. Seither unterscheidet der Verfassungsschutz zwischen den in Deutschland aktiven, der MGB zuzuordnenden Teilorganisationen, die weiterhin dem antiwestlichen, antisemitischen und antidemokratischen Weltbild Erbakans verhaftet sind, und der IGMG, die in NRW kaum noch offene Extremismusbezüge aufweise. Lesen Sie auch: Debatte in Herford geht weiter: Ist die Bewegung &bdquo;Milli Görüs“ verfassungsfeindlich? Der CDU-Stadtverband hatte in seiner Kritik an den Besuchen Bischoffs in der Herforder Milli-Görüs-Gemeinde immer von Milli-Görüs-Bewegung gesprochen, beiden Begriffen also die gleiche Bedeutung zukommen lassen. Kähler fordert eine öffentliche Entschuldigung In einer CDU-Mitteilung im Juni hieß es zum Beispiel von Haferkorn: Wenn der Bürgermeister oder seine Stellvertreter der Einladung einer &bdquo;verfassungsfeindlichen Bewegung“ folgten, &bdquo;ist das ein verheerendes Signal für unsere Demokratie und das Vertrauen der Bürger in die Herforder Kommunalverwaltung“. In der gleichen Mitteilung teilte die CDU mit: Gemeinsame Feiern mit Gruppierungen, die im Verfassungsschutzbericht als erwiesen verfassungsfeindlich klassifiziert seien, werde es mit ihr nicht geben. Anfang Mai hatte der CDU-Stadtverband dem Bürgermeister und seinem Stellvertreter vorgeworfen, sich mit &bdquo;Feinden der Verfassung“ eingelassen zu haben. Lesen Sie auch: Nach massiver Kritik: Stadt Herford rechtfertigt Besuch bei islamischer Gemeinde Milli Görüs Für die falschen Anschuldigungen fordert Kähler nun eine öffentliche Entschuldigung des CDU-Stadtverbandes und seines Vorsitzenden. &bdquo;Aktuell keine relevanten Extremismusbezüge“ Zumal Reul explizit schreibt: &bdquo;In den in Nordrhein-Westfalen agierenden Orts- und Landesverbänden der IGMG sind aktuell keine relevanten Extremismusbezüge und nur vereinzelt Interaktionen mit der MGB feststellbar.“ Es sei insbesondere &bdquo;nicht erkennbar, dass die IGMG-Verbände in NRW die politischen Ziele der Milli-Görüs-Bewegung verfolgen oder organisatorisch maßgeblich unterstützen.“ Aus diesen Gründen werde die Organisation auch nicht im Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalens aufgeführt, obwohl sie im Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz noch Erwähnung finde. Andere in NRW aktive MGB-Teilorganisationen – SP, IAC, Erbakan-Stiftung und andere kleinere, lokale Organisationen – würden wegen ihrer eindeutigen Extremismusbezüge dagegen als Beobachtungsobjekt Milli-Görüs-Bewegung auch weiterhin im Verfassungsschutzbericht NRW genannt.

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