Kein Platz für Baufahrzeuge: Herforder Paar fühlt sich bei Haussanierung im Stich gelassen

Herford. Die Schubkarre hat sich Christopher Bicker vollgepackt. Bauschutt und abgeschlagene Ziegelsteine stapeln sich. Per Hand transportiert er den Schutt so von der Baustelle bis zur Mulde. Die steht allerdings nicht direkt vor dem zu sanierenden Einfamilienhaus. Der Weg vor der Immobilie an der Thusneldastraße ist zu schmal, um die Mulde aufstellen zu können. Auch dürfen dort keine Baufahrzeuge stehen. Platz genug gäbe es - theoretisch. Da die Stadt zwei Grundstücksanteile der Straße zur Nutzung an Nachbarn gegeben hat, ist ein Teil des Weges seit geraumer Zeit ein Vorgarten. Dadurch verzögern sich die Renovierungsarbeiten der Bickers - das kostet nicht nur Zeit, sondern auch mehr Geld. Rund 30 Meter weit schätzt Bicker den Weg von der Baustelle bis zur Mulde. Wie oft der Familienvater diesen schon gegangen ist, kann er nicht mehr zählen. Doch alles, was aus dem Haus hinaus und hinein transportiert werden muss, ist Handarbeit. Ob Dämmung, Werkzeuge oder Getränkekisten für die Helferinnen und Helfer: Alles muss von der Hermannstraße über den kleinen Weg zur Immobilie getragen werden. &bdquo;Mit einer Baustellenstraße wären wir schon weiter gewesen. Es erfordert so deutlich mehr Zeit und Kraft“, sagt Christopher Bicker. Geschätzte 10 bis 20 Prozent Mehrkosten Er und seine Frau Fiona stehen im Erdgeschoss ihres Eigenheims und schauen auf blanke Wände und viel Schutt. &bdquo;Alles muss hier im Haus bewässert werden, damit es nicht staubt, wenn wir die Schubkarre in der Mulde entleeren“, nennt der Herforder ein Beispiel für einen weiteren Arbeitsschritt, der Zeit koste. Verständlich sei das, räumt er ein. Denn das Haus, das direkt an die Mulde grenzt, hat erst einen neuen Anstrich bekommen. Bicker ist Handwerker und kann die Arbeiten daher gut einschätzen. Viel macht er selbst, doch alles ist nicht möglich. Für die Modernisierungsarbeiten, dem Einbau der Fenster, die Dämmung, aber auch für Erdwärme und Solaranlage müssen Fachfirmen her. &bdquo;Aufgrund der fehlenden Baustellenstraße gehe ich von 10 bis 20 Prozent Mehrkosten aus.“ Einige angefragten Betriebe hätten sich aufgrund der Gegebenheiten gar nicht erst zurückgemeldet, andere verlangen aufgrund des Aufwands höhere Preise. Und auch dann ist noch viel eigene Arbeit gefordert. Bicker: &bdquo;Unser Dachdecker würde uns die Pfannen in den Vorgarten schmeißen, damit wir sie entsorgen.“ Die Thusneldastraße ist auf Höhe des Bicker-Hauses ein Rad- und Fußweg. Poller sperren Autos aus, der Weg ist 2,75 Meter breit und damit zu schmal für Last- und Baufahrzeuge. Denn Begegnungsverkehr von Radlern und Fußgängern muss möglich bleiben. Zwei zusätzliche Meter hat die Stadt an Nachbarn zur Nutzung vergeben. Das bestätigt der Beigeordnete Peter Maria Böhm auf Nachfrage der &bdquo;Neuen Westfälischen“. Das Grundstück gilt als erschlossen, hier kann gewohnt werden Es gehe um zwei Grundstücksanteile, so Böhm. Ein Teil verläuft auf dem Grundstück der neuen Eigentümer, das zweite Teilstück ist seit vielen Jahren in einen Vorgarten verwandelt worden. Nach Angaben von Fiona und Christoph Bicker gab es seitens der Stadt Zustimmung, dass hier eine Baustellenstraße eingerichtet werden könnte und der Vorgarten demnach zurückgebaut werden müsste. Dann hätten Fahrzeuge hier genug Platz. “Wir haben vor dem Kauf nachgeforscht. Die Signale stimmten uns optimistisch, sonst hätten wir das Haus nicht gekauft“, sagt Fiona Bicker, die allerdings auch einräumt: &bdquo;Es gab aber keine Zusage.“ Das Grundstück gilt als erschlossen. &bdquo;Man kann dort wohnen und bauen“, sagt Böhm. Auch die Feuerwehr könnte im Notfall löschen. &bdquo;Die Eigentümer wussten sehr wohl, was sie kaufen und dass das Grundstück schwerer zu erreichen ist“, sagt Böhm. Das Problem sei bekannt und absehbar gewesen. Mit einem Mitarbeiter der Bauverwaltung stand Familie Bicker lange Zeit in Kontakt. Er habe sich sehr bemüht, so die Herforder. Doch die letzte Mail stammt vom 28. August des vergangenen Jahres. &bdquo;Auf unsere Rückfragen wird nicht mehr geantwortet. Wir fühlen uns allein gelassen.“ Überfahrung des Weges wäre generell möglich Zwei Möglichkeiten, mit Baufahrzeugen näher ans Grundstück heranzukommen, formuliert Böhm im &bdquo;NW“-Gespräch dann doch. &bdquo;Die Parteien müssten es untereinander klären“, sagt er mit Blick auf die zwei Meter Grundstücksanteile, die die Stadt an Nachbarn zur Nutzung gegeben hat. Böhm: &bdquo;Wenn sie sich einig sind, können sie auf die Stadt zukommen.“ Auch wäre eine Überfahrung des Thusneldaweges für Firmenfahrzeuge generell möglich. &bdquo;Allerdings darf auf dem Weg kein Fahrzeug stehen, das ist nur auf dem eigenen Grundstück erlaubt“, sagt Böhm. Begegnungsverkehr müsse gewährleistet bleiben. &bdquo;Wenn sie sich an die Spielregeln halten und die Kosten für den Ab- und Aufbau des Pollers übernehmen, kann es ihnen eingeräumt werden.“ Spezielle Kleinfahrzeuge von Handwerksbetrieben würden mit der geringen Breite des Weges kompatibel sein, weiß Böhm. Dass diese dann eventuell teurer werden könnten, müsse einberechnet werden. Hingegen fragt sich Familie Bicker, wie lange sie die Doppelbelastung - Miete der derzeitigen Wohnung und Sanierung der neuen Immobilie - noch stemmen kann. Den Kaufvertrag haben sie im Januar 2023 unterschrieben. Seit mehr als einem Jahr ist Christopher Bicker auf der Baustelle. &bdquo;Mit einer Baustellenstraße wären wir jetzt schon deutlich weiter“, mutmaßt er. Beide hoffen, dass es trotz der Widrigkeiten vorangeht. &bdquo;Es wäre toll, wenn wir im Sommer umziehen können“, sagt Fiona Bicker. Denn dann wird Tochter Madita eingeschult.

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