Ein umstrittenes Urgestein der Kommunalpolitik verlässt Herford

Herford. Wenn Heinz-Günther Scheffer im Stadtrat das Wort ergriff, lehnten sich Ratsleute gerne erst einmal zurück. Denn die Reden des 72-Jährigen begannen in den meisten Fällen als politischer Rückblick in tiefer kommunalpolitischer Vergangenheit. Nach mehr als 30 Jahren beendet Scheffer nun sein politisches Engagement für Herford. Ab Anfang der 1990er-Jahre saß dieses Unikum und Urgestein der Herforder Kommunalpolitik zunächst im Stadtbildpflegeausschuss, der später als Beirat für Stadtbildpflege neu gegründet wurde. Dabei wusste er zunächst nicht viel über die Geschichte Herfords, wie er einräumt. Er scheute sich aber nicht andere zu fragen, etwa den Stadtführer Paul-Otto Walter, Unternehmer Dieter Ernstmeier und den langjährigen Direktor des Friedrichs-Gymnasiums, Herbert Disep: &bdquo;Die kannten sich aus.“ Scheffer hat an der Universität der Bundeswehr in München Bauingenieurwesen studiert und dann ein Architekturbüro betrieben. Schon sein Vater, ein FDP-Mann, war Architekt. Von 1991 bis 2004 war Scheffer FDP-Mitglied. Er habe die Partei 1999 zurück in den Herforder Stadtrat geführt, sagt er. Er selbst erhielt damals einen von zwei FDP-Sitzen im Rat, trennte sich aber 2004 von der Partei. Lesen Sie auch: Neue Fraktion bildet sich in Herford und bringt einiges durcheinander Guido Westerwelle &bdquo;regierte uns permanent rein“ Als &bdquo;Liste 2004“ machte er sich mit dem mittlerweile verstorbenen Klaus-Peter Wüllner politisch selbstständig. Dafür habe es &bdquo;verschiedene Gründe“ gegeben, sagt Scheffer. Einer war ihm zufolge Guido Westerwelle, der von 1983 bis 1988 Vorsitzender der Jungen Liberalen gewesen war, von 1994 bis 2001 FDP-Generalsekretär und von 2001 bis 2011 der Bundesvorsitzende der FDP. Er &bdquo;regierte uns permanent rein.“ Scheffer: &bdquo;Beim Kreis war die CDU, die 1999 bis 2004, anders als die CDU in der Stadt Herford, über keine absolute Mehrheit verfügte, immer darauf bedacht, dass die FDP-Kreistagsmitglieder mit ihr stimmten.“ Die Unzufriedenheit des ehemaligen FDP-Politikers mit seiner Partei gipfelte im – wie er meinte – zu frühen Verkauf des Energieversorgers EMR an Eon durch den Kreis Herford. Das war &bdquo;ein wirtschaftlicher Schaden“, sagt der 72-Jährige. Bei der Kommunalwahl 2004 errang die neue &bdquo;Liste“ auf Anhieb zwei Sitze im Stadtrat. Seither saß Scheffer immer in dem Gremium. Zeitweise mit unterschiedlichen Koalitionspartnern, so mit Andreas Jotzo vom Herforder Bürger-Bündnis und später mit dem damals fraktionslosen Michael Wollgramm, der im Zwist zwischen CDU-Stadtverband und CDU-Fraktion seine Solidarität mit der Fraktion aufgekündigt hatte. Auch interessant: Ratsherr Scheffer scheitert mit Widerspruch Scheffer ließ sich oft von Herbert Even überzeugen Die kleine Wählergemeinschaft organisierte alle 14 Tage öffentliche politische Stammtische und zur Jahreswende Parlamentarische Abende. Haushaltsbegleitbeschlüssen der Grünen gab Scheffer im Stadtrat oft seine Stimme – nach vorherigem Gespräch mit dem 2024 verstorbenen Herbert Even, aus dessen Feder sie stammten: &bdquo;Nur beim Rückbau der Mindener Straße, war ich nicht dabei.“ Even, der seit 1984 dem Rat angehörte, &bdquo;hatte uns allen was voraus“, sagt der 72-Jährige und Respekt schwingt mit. Zahlreiche Großprojekte erlebte Scheffer in der Zeit seiner Ratstätigkeit. Er stimmte für den Bau des Museums Marta. Mit den immensen Baukosten-Steigerungen – die Projektkosten verdoppelten sich auf mehr 30 Millionen D-Mark – wollte er sich aber nicht abfinden. Er forderte Akteneinsicht und fand, einem Bericht des Deutschlandradios Kultur vom 18. Februar 2008 zufolge, nach eigenen Angaben keinen einzigen Werkvertrag der Stadt mit Handwerkern. Immer wieder fragte der Kommunalpolitiker in den folgenden Jahren bei Großprojekten nach den Verantwortlichen für die Bauaufsicht – und bot seine Unterstützung an. Ein Angebot, das nie jemand annehmen wollte. Vor allem deswegen nicht, weil das zu nicht zu regelnden Interessenskonflikten mit dem umtriebigen und umstrittenen Ratsherrn geführt hätte. Lesen Sie auch: Heinz-Günther Scheffer abgewählt Kaufhof-Areal: Mit der Bebauung nicht zufrieden Als Investoren für die Neubebauung des ehemalige Kaufhof-Areals gesucht wurden, vermittelte Scheffer nach eigenen Angabe den Kontakt zu mehreren großen Projektentwicklern. Den späteren Neubau-Beschluss fasste er ebenfalls mit. Mit der Umsetzung ist er aber nicht zufrieden. Wäre es nach ihm gegangen, hätte der Bürgermeister die bereits geschlossenen Verträge vor Baubeginn wieder gekündigt, so habe er es ihm empfohlen. Das Archäologische Fenster hat den Ratsherrn während seiner gesamten Zeit im Stadtrat begleitet. Erst vor wenigen Monaten wurde der Neubau eingeweiht. Den verstorbenen Stifter Dieter Ernstmeier hätte es gefreut. &bdquo;Aber es gibt sicher noch einen Aufschrei, wenn die Endabrechnung kommt.“ Sehr engagiert hat sich Scheffer, dessen Einschätzungen manch ein Wegbegleiter möglicherweise anders beurteilt als er selbst, in der Initiative zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge, in deren Zuge er die NRW-Petition anführte. Die Kampagne &bdquo;Faire Straße – gemeinsam gegen Straßenausbaubeiträge“ der UWG Freie Wähler Liste 2004 hatte er unter der Schirmherrschaft des damaligen Europaabgeordneten Arne Gericke im April 2018 von Herford aus gestartet. Der zweifache Vater Scheffer wird Herford, die Stadt, in der er geboren und in der er auf dem Stiftberg &bdquo;mit Werre-Wasser getauft“ wurde, nun verlassen: Der Lebensmittelpunkt seiner Familie liegt in München. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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