Babyboomer gehen in Rente, Nachwuchs fehlt: Personalsorgen für die Stadt Herford

Herford. Die Babyboomer-Generation geht nach und nach in Rente. Und immer weniger Menschen rücken nach. Das könnte den Fachkräftemangel in nächster Zeit noch mehr verschärfen. Oliver Daun, Geschäftsführer der Stadtwerke Herford, sagt, dass in den nächsten zwölf Jahren die Hälfte seiner Belegschaft in den Ruhestand geht. Bis zum Renteneintritt ohne Abzüge warten nicht mehr viele. Daun: &bdquo;Die meisten gehen früher.“ Es gilt, gegenzusteuern. Ein Weg ist, dass sich die Stadt und ihre Gesellschaften immer mehr als Konzern aufstellen, flexibler in den Arbeitszeiten- und orten werden und auf eigenen Nachwuchs setzen. Im Gespräch mit der &bdquo;Neuen Westfälischen“ gehen Vertreter der Stadtwerke, der Kultur gGmbH und der Stadtverwaltung auf die derzeitige Situation und ihre Fallstricke ein, erklären, wie sie um gute Arbeitskräfte buhlen und warum die Möglichkeit des fließenden Renteneintritts eine besondere Herausforderung für die Personalplanung darstellt. In fünf Jahren wird es eng Vor zehn Jahren hat Richard Rönn, Abteilungsleiter Personal bei der Stadt, schon vor einem ähnlichen Problem gestanden. &bdquo;Heute ist der demografische Wandel allerdings verschärfter“, sagt Rönn, der selbst zur Generation der geburtstenstarken Jahrgänge gehört. Seit 25 Jahren ist er für die Personalplanung zuständig. Mit Blick auf die Zahlen sagt er: &bdquo;Die nächsten vier Jahre stehen wir noch ganz gut dar. Dann wird es eng.“ Arbeitskräftemangel bestehe schon länger. Die Verwaltung habe daher schon früh gegen gelenkt. Rönn: &bdquo;Wir haben immer ausgebildet, auch über Bedarf, also wenn kaum jemand in den Ruhestand gegangen ist.“ Der eigene Nachwuchs sei essenziell für die Planung. &bdquo;Wir haben Politik und Verwaltungsleitung überzeugt, dass wir weiter ausbilden“, sagt Personaldezernent Jochen Strieckmann. Sieben Stellen gebe es pro Jahr. Eine der größten Herausforderungen ist der fließende Renteneintritt. &bdquo;Zwischen 63 und 67 Jahren ist alles möglich“, sagt Rönn. Dabei reiche es aus, dass die Beschäftigten ein halbes Jahr vorher kündigen. &bdquo;Aber in einem halben Jahr lässt sich keine Personalplanung machen“, kritisiert er. Das sieht Oliver Daun von den Stadtwerken ähnlich. &bdquo;Man hat vorher keine Gewissheit.“ Er habe in seinem Unternehmen jetzt den gegenteiligen Fall. &bdquo;Wir haben schon jemanden eingestellt, weil ein Mitarbeiter in Rente gehen wollte. Jetzt hat sich die Person doch entschieden, länger zu bleiben.“ Manche Bewerber seien kaum zumutbar Während die Verwaltung mit anderen Kommunen um gute Nachwuchskräfte konkurriert, &bdquo;stehen wir im Wettbewerb mit der Industrie“, sagt Daun. Und die zahle häufig mehr. &bdquo;Das treibt mich um.“ Problematisch sei auch die Qualität der angehenden Lehrlinge. &bdquo;Das ist manchmal nicht zumutbar“, sagt Daun offen. Deshalb finde er nicht immer für jede offene Stelle einen geeigneten Bewerber. &bdquo;Wir haben auch schon mal ein Jahr ausgesetzt.“ Personal zu gewinnen und die guten Mitarbeiter dann auch zu halten, sei eine weitere Herausforderung, sagt der Chef der Kultur gGmbH, Christian Kötter-Lixfeld. Den Mix aus Sicherheit und Flexibilität, den die Stellen im Konzern Stadt mit sich bringen, müssten deutlicher herausgestellt werden. Sichtbarer gilt es zu werden und auch die Attraktivitäten der Stadt herauszuarbeiten. Kötter-Lixfeld: &bdquo;Viele Bewerber haben einen ganzen Katalog an Bedingungen, die sie im Gespräch bei uns abfragen.“ Das Image der öffentlichen Verwaltung sei schlechter als die Realität: &bdquo;Hier muss man ran.“ Ebenso an die Eingruppierung. &bdquo;Es gibt im positiven Sinne schräge Lebensläufe. Wir suchen nicht nur nach Schema F. Aber die passende Eingruppierung darf ich demjenigen nicht bieten“, sagt Kötter-Lixfeld. Hier müsse dringend ein Umdenken stattfinden. Ein Positionspapier des Deutschen Städtetags, in dem es darum geht, dass Kommunen in Zeiten des Arbeitskräftemangels handlungsfähiger werden, ist ganz aktuell veröffentlicht worden, teilt Strieckmann mit. Der Konzern Stadt muss sich noch attraktiver aufstellen In diesem Papier heißt es, dass bis 2030 jeder dritte Beschäftigte im öffentlichen Sektor altersbedingt ausscheiden wird. Das seien 1,5 von rund 5 Millionen Beschäftigten. Hinzukommen etwa 400.000 Stellen, die derzeit nicht besetzt seien. Um attraktiv zu sein, hat sich auch die Stadt umgestellt. Denn, so Rönn, &bdquo;Leute, die heute einsteigen, haben andere Anforderungen als früher“. Die Freizeit nehme einen hohen Stellenwert ein. &bdquo;Unser Zeitmodell geht darauf ein“, sagt er. Arbeitszeiten zwischen 6.30 und 19 Uhr seien möglich. Auch gebe es vermehrt Anfragen zur Stundenreduzierung. &bdquo;Wir versuchen die Wünsche zu erfüllen“, sagt Strieckmann, &bdquo;doch wir sind, was die Vier-Tage-Woche angeht, noch ganz am Anfang.“ Bis Ostern sollen zumindest alle Arbeitsplätze technisch so ausgestattet sein, dass Homeoffice möglich ist. &bdquo;Das wird in Vorstellungsgesprächen immer abgefragt“, sagt Rönn. Vor Corona hätten drei Mitarbeiter der Verwaltung von zuhause gearbeitet. Eine solch geringe Anzahl sei heute kaum noch denkbar. Verwaltung bietet 25 verschiedene Ausbildungsberufe Auch die Sinnhaftigkeit des Jobs werde von den jungen Leute hintergefragt. &bdquo;Die Frage bekomme ich immer öfter gestellt“, sagt Daun und macht deutlich, dass es ohne die Stadtwerke beispielsweise das H2O oder die Eishalle nicht geben würde. Mehr als 2.000 Beschäftigte hat der Konzern Stadt. Er ist damit einer der größten Arbeitgeber Herfords. &bdquo;Durch unsere Konzernstruktur haben wir einen unendlichen Pool an Möglichkeiten“, sagt Strieckmann. Die Chance einer beruflichen Veränderung sei enorm. Offene Stellen werden in allen Gesellschaften kommuniziert. Allein in der Verwaltung gebe es 25 verschiedene Ausbildungsberufe. &bdquo;Dieses Alleinstellungsmerkmal müssen wir noch sichtbarer machen.“ Deswegen ist der Gang auf Ausbildungsmessen für ihn unerlässlich. Rönn: &bdquo;In 14 Tagen sind wir sogar in Bielefeld.“

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