Herforder OWL-Forum vor dem Aus: Reaktionen aus Politik und Kultur

Herford. Bürgermeister Tim Kähler will die Entscheidung zum OWL-Forum nun doch nicht in den Rat bringen. Damit ist das Gebäude, das den Schützenhof als Spielort der Nordwestdeutschen Philharmonie und den heutigen Bau des Stadttheater ersetzen sollte, vorerst vom Tisch. Die Entscheidung löst ganz unterschiedliche Reaktionen bei den Ratsmitgliedern und ihren Fraktionen aus. Die Kultur reagiert entsetzt. Die SPD-Fraktion Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Thomas Besler, bedauert den Schritt von Bürgermeister Tim Kähler. &bdquo;Aber es ist die richtige Entscheidung“, sagt Besler zum Ziehen der Notbremse. &bdquo;Ich kann den Schritt verstehen. Es sind keine Mehrheiten absehbar.“ Unabhängig davon, dass ein OWL-Forum ein große Chance für Herford wäre. Besler: &bdquo;Aber wir sind uns ja nicht einmal über den Standort einig.“ Seitens der SPD-Fraktion wird es daher wohl keinen Anstoß für einen Antrag im Rat geben. &bdquo;Ich denke nicht, dass ein OWL-Forum vor der Kommunalwahl noch mal Thema sein wird.“ Dass der Millionenbetrag, den die Stadt als Eigenleistung zu den Fördermitteln erwirtschaften muss, als Argument gegen ein OWL-Forum ins Feld geführt wird, versteht er nicht. &bdquo;Für diese Kritiker müssten alle anderen Varianten auch zu teuer sein“, sagt Besler. Denn ohne ein Kulturzentrum unter einem Dach gibt es von Bund und Land auch keine Finanzspritze. Die CDU-Fraktion Über die Entscheidung von Bürgermeister Tim Kähler war die CDU-Fraktion im Rat offenbar nicht informiert. &bdquo;Es gab keine Koalitionsrunde, keiner wusste etwas“, erklärt der Fraktionschef der Union. Die Entscheidung habe der Bürgermeister offenbar ganz allein getroffen, sagt Thomas Helmerking. Er habe Verständnis dafür, verlange aber auch Transparenz. Kähler hatte auf die aus seiner Sicht nicht ausreichende Mehrheit im Rat abgehoben und sich damit auf die Differenzen innerhalb der Herforder CDU bezogen. Wie berichtet, gibt es Streit zwischen großen Teilen der Ratsfraktion und dem Stadtverband. Den Schwarzen Peter will sich CDU-Fraktionschef Helmerking aber nicht zuschieben lassen. In Kählers Schreiben sei nichts von den aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, der Inflation oder der finanziellen Lage Herfords zu finden – das alles seien für ihn Gründe. Kähler bemühe sich damit, eine Legende zu schaffen. Tatsächlich gebe es noch offene Fragen, wie groß das Investitionsvolumen sei und welche Effekte es für den Haushalt gibt. Sein Vorschlag sei es auch gewesen, die öffentliche Abstimmung im Rat freizugeben. Ein CDU-Ratsherr Eine andere Position hat Andreas Gorsler. &bdquo;Offiziell ist die Entscheidung verschoben“, erklärt der CDU-Ratsherr. Er hatte sich immer wieder für Alternativen zum OWL-Forum ausgesprochen, unter anderem den Plan einer Konzerthalle am Janup kommuniziert. Es gebe eine Mehrheit dafür, dass am bisher vorgesehenen Standort der Arena, dem Alten Güterbahnhof, nicht gebaut wird. Gorsler: &bdquo;Einer der Gründe des Bürgermeisters war sicherlich die Erkenntnis, dass er schon im Kulturbeirat für diesen Standort keine Mehrheit hatte.“ Es gehe nun darum zu diskutieren, welche anderen Möglichkeiten es gibt, und diese Vorschläge genauer unter die Lupe zu nehmen. Von den Linken In die gleiche Kerbe schlägt Harald Korten, Kulturpolitiker der Linken, der die CDU in Schutz nimmt. &bdquo;Es ist bedauerlich, wenn jetzt durch den zweiten ,vorläufigen Stopp’ eines neuen Kulturzentrums die Suche nach einem besseren Standort blockiert würde. Es war abzusehen, dass der Bürgermeister für sein Projekt am Güterbahnhof keine ausreichende Mehrheit finden würde. Wer das einer sich streitenden CDU anlasten will, verkennt, dass über Parteigrenzen hinweg große Bedenken gegen ein Kulturzentrum in der Größenordnung am Güterbahnhof bestehen“, so Korten. In den Berechnungen des Bürgermeisters für das mehr als 120 Millionen Euro teure Projekt lägen zu viele Unwägbarkeiten. Bündnis 90/Die Grünen Am Montag der vergangenen Woche habe man sich innerhalb der Fraktion B 90/Grüne noch einmal sehr intensiv mit dem Thema OWL-Forum auseinandergesetzt, berichtet Irene Broßeit. &bdquo;Und dann haben sich die Ereignisse überschlagen“, sagt sie und meint damit auch den Tod des Grünen-Fraktionsvorsitzenden Herbert Even. Die Fraktion habe ja einen Fragenkatalog bezüglich des Themas an die Verwaltung geschickt, der auch vollständig beantwortet worden sei. Dennoch sei innerhalb der Fraktion sehr intensiv und auch kontrovers diskutiert worden. Klar sei aber unterm Strich, dass sowohl bezüglich des Theaters als auch der Nordwestdeutschen Philharmonie (NWD) etwas passieren müsse. &bdquo;Deshalb hätten wir der Durchführung eines Architektenwettbewerbs im Stadtrat zugestimmt“, so Broßeit. Ein Fragezeichen wäre aber wohl geblieben bezüglich der Kostendeckelung auf 120 Millionen Euro. &bdquo;Für uns ist fraglich geblieben, ob die Anforderungen für NWD und Stadttheater mit dieser Deckelung überhaupt realisierbar gewesen wären. Eine Antwort dazu hätte uns der Architektenwettbewerb liefern können“, so Broßeit. Sie sehe nun, wo &bdquo;das Ganze erst einmal vom Tisch“ sei, nicht, dass eine der Ratsfraktionen einen Antrag auf Weiterbearbeitung stellen werde. Die Philharmonie Der Intendant der Nordwestdeutschen Philharmonie, Andreas Kuntze, und der Künstlerische Betriebsdirektor Friedrich Luchterhandt, nehmen Stellung für das Orchester: &bdquo;Wir sind maßlos enttäuscht. Es muss irgendwie weitergehen am Spielort. Wir müssen irgendwie weiter mit den Umständen zurecht kommen. Für Publikum und Musiker und Musikerinnen ist es nicht schön, auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertröstet zu werden.“ Die NWD-Freunde Der Vorsitzende der NWD-Freunde, Ralf Struthoff, spricht von einer &bdquo;riesengroßen Enttäuschung“. Die NWD-Freunde hätten extrem viele Gespräche in Sachen OWL-Forum geführt und wahrgenommen, dass eine deutliche Mehrheit der Meinung sei, dass etwas geschehen müsse mit den Spielstätten Theater und Schützenhof und dass ein Neubau sinnvoller sei, als eine Sanierung. Leider gebe es im Detail Uneinigkeit und für keine Lösung eine Mehrheit. &bdquo;Wir stehen vor einem Scherbenhaufen“, stellt Struthoff fest. &bdquo;Ich verstehe aber den Bürgermeister, dass er den Antrag zurück gezogen hat. Für so ein großes Projekt reicht eine Mehrheit von vielleicht einer Stimme nicht. Es hätte ja erst einen Architektenwettbewerb gegeben, und endgültig hätte erst der neue Rat nach der nächsten Kommunalwahl entschieden. Sich jetzt mit einer Entscheidung durchzumogeln, hilft nichts. Es bleibt ein Riesenjammer.“ Die Gegner eines OWL-Forums in der geplanten Form hätten &bdquo;leider“ keine Alternative aufgezeigt. Auch die Ideenskizze des CDU-Stadtverbandes für einen Bau auf dem Janup sei nicht als Antrag formuliert worden, über den man hätte diskutieren können. &bdquo;Ich habe keine Ahnung, wie es jetzt weiter gehen soll“, sagt Struthoff. &bdquo;Jetzt sind die dran, die den Vorschlag abgelehnt haben.“ Der Architekt, der für den CDU-Stadtverband die Ideenskizze verfasst habe, sei in seiner Stellungnahme vom vergangenen Freitag inhaltlich nicht auf Kritik eingegangen und habe auch keine konkreten Pläne herausgegeben. Das Kernproblem bleibt nach Struthoffs Ansicht, dass der Janup zu schmal sei und man keine zwei Säle nebeneinander auf der Fläche lassen könne. &bdquo;Es ist eine vertane Chance und die Fördermittel werden verfallen“, fürchtet der NWD-Freund. &bdquo;Es wird nie wieder eine solche Konstellation geben, dass der Bund in Herford so einen Bau fördert“, meint er. Und auch das Land habe seine Zusage wohl nur gegeben, weil der Bund vorangegangen sei. Für die Stadt Herford werde eine Lösung jetzt teurer. Der Theaterverein Die Vorsitzende des Theatervereins, Heidrun Münter, ist &bdquo;zutiefst enttäuscht“ über die Entwicklung um das OWL-Forum: &bdquo;Das ist schlimm, ganz schlimm. Die NWD-Freunde und wir haben unser Möglichstes getan, um das OWL-Forum zu verwirklichen. Aber es gibt zu viele kleine Splittergruppen, die massiv Front gegen das Projekt und den Bürgermeister gemacht haben. In der Sache wird vieles durcheinander gewürfelt. So war früh klar, dass am Janup gar nicht genug Grundstücke zur Verfügung?stehen.?Es?ist?unbestritten, dass die Philharmonie ein besseres Zuhause braucht. Es ist aber eine verfahrene Situation und das ist bitter.“

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