Herforder Wanderer erlebt Überraschungen auf letzter Etappe

Ulm/Herford. Ulm lässt mich nicht los. Ich bleibe ein paar Tage und nutze das nasse Wetter, um Ausflüge in die Umgebung zu machen. Erste Station ist Blaubeuren mit dem Blautopf. Deutschlands schönste Karstquelle ist fast 22 Meter tief und hat ein eine unglaublich intensive blaue Farbe. Es liegt daran, dass alle Farben außer blau vom Wasser verschluckt werden und nur diese eine Farbe reflektiert wird. Selbst im Regen sehr imposant. Ich traue mich kaum zu schreiben, dass auch hier direkt neben der Quelle wieder ein berühmtes Kloster liegt. Solch eine Kloster und solche Kirchendichte gibt es wohl nur hier im Süden Deutschlands. So erklärt sich mir auch die hiesige, stark ausgeprägte Religiosität. Auf Schritt und Tritt prunkvoller Barock. Der Höhepunkt allerdings am nächsten Tag - das Kloster Wiblingen mit der einmaligen Rokokobibliothek. Der reinste Rausch fürs Auge. Und erst beim genauen Hinsehen erkenne ich, dass die Säulen aus bemaltem Holz statt aus Marmor sind und die Figuren aus Stuck. Also die wussten schon damals, wie man mit weniger Geld die tollsten Eindrücke erzeugt. Das Revier des Bibers Nächster Tag - nächstes Museum. Neben dem Ulmer Münster die Kunsthalle Weishaupt mit der Ausstellung DYNAMIC - Fotos, Nagelbilder, Flimmereffekte. Die Auflösung des starren zweidimensionalen Bildes. Für alle Kunstliebhaber - Klauke, Longo, Mack, Tinguely, Uecker und Co. Es wird Zeit, dass ich hier aus dieser Stadt verschwinde - zu viel stürmt auf mich ein und der Kopf sehnt sich wieder nach Grün und wenigen subtileren Eindrücken. In Günzburg beginnt der DonAUwald-Wanderweg, ein 60 km langer zertifizierter Wanderweg, der schon ausgezeichnet wurde als zweitschönster Wanderweg Deutschlands und ich finde zu Recht. Donaualtarme, Überschwemmungsgebiete mit Weiden, Eschen, Erlen und Eichen, Röhricht und Schilf mit Schwertlilien und Teichrosen - so sieht ein Auwald aus. An manchen Stellen sehr schmal, dass ich vom Steilhang auf ein Gewirr aus Teichen und Wald schauen kann. Hier ist das Revier des Bibers. Es muss hier unglaublich viele geben. Bestimmt alle 100 Meter eine Biberautobahn, regelrechte Wege von einem Teich zum anderen, erkennbar daran, dass die Wiese plattgewalzt ist oder an manchen Stellen des Biberweges gar nichts mehr wächst. Besonders beliebt sind Maisfelder. Hier kann man sehen, wie ganze Pflanzen abtransportiert wurden und nur noch Stängel - und abgefressene Maiskolbenreste am Wasserrand liegen. Das wird die Bauern nicht freuen. Für mich ist dieser Teil der Wanderung wieder besonders schön.Offingen, Lauingen, Dillingen, Schwenningen - immer alles hier mit - ingen, oder -ing wie Schwabing am Ende. Ja woher kommt das nur ? Gibts bei uns nicht in dem Ausmaß. Auf der Zeltwiese vom Kanuklub Musste ich erst nachsehen - stammt noch aus der Zeit der Völkerwanderung, ist also schon ziemlich lange her und bedeutete die Zugehörigkeit zu einem Anführer. Die Sigmaringer gehörten zu Sigmar und das stammt noch von den Franken und die waren bei uns nicht und deshalb lernen wir alle Orte mit -hausen wie Lippinghausen oder das schöne Herringhausen. So - jetzt habe ich was gelernt und erreiche Donauwörth. Hier auf der Zeltwiese vom Kanuklub - ich bin der Einzige - sehe ich dann nachts bei Vollmond direkt vor mir im Fluss zwei Biber schwimmen. Das ist für mich ein wunderbares Erlebnis. Jetzt kürze ich meine Beschreibung ein wenig. Von Donauwörth in zwei Tagen nach Neuburg, einer sehr schönen Stadt mit altem Stadtkern und von da zum Endpunkt meiner diesjährigen Wanderung nach Ingolstadt. Ich bin jetzt 583 Kilometer gelaufen, habe unglaublich viel erlebt und gesehen. Ich bin immer noch nicht wieder so kräftig, wie vor meiner Krankheit und der Rucksack war zwischendurch verdammt schwer, aber ich hoffe, dass es nächstes Jahr weitergeht. Jetzt reicht es auch - abends ist es sehr früh dunkel, morgens immer alles feucht und nass und nachts auch schon ganz schön kalt.Nun soll der Herbst mal kommen.

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