Zu wenig Personal, zu wenig Geld: Herforder Kitas am Limit

Herford. Am Montag, 16. Oktober, beginnen in den Herforder Kitas die Anmeldewochen für das Kindergartenjahr 2024/2025. Doch dass Eltern für ihr Kind direkt einen Platz in der Wunsch-Kita bekommen, ist nicht garantiert. In einigen Einrichtungen werden nur wenige Plätze frei und diese oft priorisiert an Geschwisterkinder vergeben. Unterdessen kämpfen die Kita-Träger noch mit ganz anderen Problemen. Im aktuellen Kindergartenjahr 2023/2024 gibt es in der Stadt Herford 2.560 Betreuungsplätze, wie das Jugendamt mitteilt. Davon sind 592 Plätze für unter dreijährige Kinder (U3), 1.948 Plätze für Kinder über drei Jahre (Ü3), weitere 211 U3-Plätze befinden in der Kindertagespflege. Einen konkreten Mangel an Kitaplätzen gibt es in Herford nach Angaben der Stadt nicht. Kita-Anmeldewochen In der Stadt Herford soll die Internetplattform &bdquo;mykita VM“ über das Betreuungsangebot informieren und Eltern bei der Suche nach einem Kitaplatz helfen. Über die Plattform ist eine Voranmeldung und Priorisierung für die Kitas im Stadtgebiet möglich. Die Anmeldung selbst erfolgt in den Einrichtungen – dort können sich Eltern während der Anmeldewochen vom 16. bis 27. Oktober oder zu einem individuell vereinbarten Termin vorstellen. Wenn die Anmeldewochen starten, sieht es in der Villa Sonnenschein aber beispielsweise schon düster aus. &bdquo;Wir sind bereits ausgebucht“, sagt Ralf Hoffmann, Geschäftsführer des Kreisverbandes Herford-Stadt des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Die wenigen freien Plätze werden voraussichtlich an Geschwisterkinder vergeben. Anfragen zur Vorstellung in der DRK-Kita Villa Sonnenschein bittet er zu überdenken. &bdquo;Ich sage den Eltern ehrlich, wie die Situation ist“, sagt er und gibt den Tipp: &bdquo;Man muss abwägen – melde ich mein Kind bei der Wunschkita an, obwohl ich da eher geringe Chancen habe, oder bei der Kita, in der ich realistisch die größere Chance habe, einen Platz zu bekommen.“ Auch die elf evangelischen Kindertageseinrichtungen in Herford sind hoch ausgelastet, wie Christina Gaubatz-Könecke, vom Referat Kindertageseinrichtungen des Evangelischen Kirchenkreises Herford erklärt. &bdquo;Dennoch werden zu jedem neuen Kita-Jahr Plätze frei, zum Beispiel von Kindern, die in die Schule wechseln.“ Trotzdem könne es durchaus vorkommen, dass Eltern keinen Platz in ihrer Wunsch-Kita erhalten, sondern ihnen Plätze in anderen Kitas angeboten werden, so Gaubatz-Könecke. Betreuungslücke Die Personalsituation in den Kitas ist NRW-weit angespannt. Das ist auch in Herford spürbar. Im Juni schreibt die Stadt zu diesem Thema in einer Verwaltungsvorlage im Jugendhilfeausschuss: &bdquo;Auch in der Hansestadt Herford mussten in zahlreichen Fällen Reduzierungen der Betreuungszeiten, einschließlich Gruppenschließungen, vorgenommen werden.“ Das stelle Eltern immer wieder vor die Herausforderung, die Betreuung ihrer Kinder kurzfristig eigenverantwortlich zu organisieren. &bdquo;Uns trifft, wie alle anderen Träger auch, der Fachkräftemangel mit voller Wucht“, sagt Gaubatz-Könecke vom Evangelischen Kirchenkreis. Trotz aller Bemühungen könne sie nicht ausschließen, dass in einzelnen Kitas die Betreuungszeiten eingeschränkt werden müssen, weil zeitweise zu wenige Fachkräfte vor Ort sind. Grund dafür sei zum Beispiel eine zufällige Kombination aus Krankheit, nichtbesetzten Stellen und berechtigten Urlaubsansprüchen. Ähnlich sieht es bei den drei Herforder Kitas in Rot-Kreuz-Trägerschaft aus. &bdquo;Im Moment können wir noch vollständig versorgen, das heißt aber nichts“, sagt Ralf Hoffmann. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) teilt als Träger von sechs Kitas im Stadtgebiet mit: &bdquo;In Herford haben wir bedingt durch akute Erkrankungen zurzeit Engpässe in den Kitas Schwarzenmoor und Heidestraße.“ Dort seien Gruppen zusammengelegt und Eltern gebeten worden, wenn möglich die Kinder zu Hause zu lassen. Finanzierungslücke Das größte Problem sei laut den Kita-Trägern derzeit die Finanzierung. Erleichterung verspricht nun das nordrhein-westfälische Familienministerium. Die je betreutem Kind ausgezahlte Pauschale soll ab August 2024 um knapp zehn Prozent angehoben werden. Für die freien Träger soll es zudem eine einmalige Überbrückungshilfe in Höhe von 100 Millionen Euro geben. Mit der ab August 2024 erhöhten Pauschale je betreutem Kind komme das Land laut Hoffmann allerdings nur einer gesetzlichen Pflicht nach. &bdquo;Das ist Volksverdummung und Betrug von Seiten der Politik“, sagt er in Bezug auf die einmalige Finanzspritze sichtlich wütend. Und er rechnet vor: Die Überbrückungshilfe mache einfach gerechnet etwa 10.000 Euro je Kita aus. Die Personalmehrkosten aufgrund der Tariferhöhungen würden sich bei einer Kita mittlerer Größe aber etwa auf 60.000 Euro belaufen. Für die einzelnen Kitas werde die finanzielle Hilfe vom Land &bdquo;nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein“, sagt auch Martina Kechlo, stellvertretende Referatsleitung beim Kirchenkreis. Sie &bdquo;reicht bei weitem nicht zur Deckung der Personal- und Sachkosten aus“. &bdquo;Alle Träger haben eine rasante Kostensteigerung durch die Inflation“, erklärt der AWO Bezirksverband Ostwestfalen-Lippe auf &bdquo;NW“-Anfrage. Hinzu kämen die gestiegenen Personalkosten aufgrund der berechtigten Tariferhöhungen. Auch die Arbeiterwohlfahrt nennt die Finanzhilfen des Landes als einen Tropfen auf den heißen Stein. Folgen Das Defizit müsse dann anderswo eingespart werden, sagt Ralf Hoffmann. Investitionen, beispielsweise in die Instandhaltung der Gebäude und in neue Spiel- und Arbeitsmaterialien, müssten zurückstehen. Im äußersten Notfall könnten sogar Betreuungskapazitäten reduziert werden. &bdquo;Wenn das Geld nur noch für zehn statt zwölf Erzieherinnen reicht, werden Betreuungsplätze wegfallen“, stellt Hoffmann klar. Eine Entlastung der angespannten Lage ist aus Sicht der Träger nur mit einer ausreichenden Finanzierung denkbar. &bdquo;Das Land muss mit den Taschenspielertricks aufhören, sonst fährt das System gegen die Wand“, sagt Hoffmann und schildert damit die dramatische Lage. Nicht nur der laufende Betrieb, sondern auch die Ausbildung von neuem Personal müsse finanziell gestärkt werden, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Zudem müsse ein Quereinstieg in den Beruf ermöglicht werden.

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