Herforder wandert bis zum Schwarzen Meer: Noch 2.840 Kilometer liegen vor Dirk Strehl

Herford. Das Wetter ist komplett umgeschlagen. Nach der Hitzewelle jetzt höchstens noch 15 Grad und viel Regen. In der ersten Nacht Starkregen und umgestürzte Bäume. Die Auswirkungen werde ich noch Tage später immer wieder erleben. Ich bin leider der einzige Gast im Naturfreundehaus - und das in der Hauptsaison. Selbst Mitglied bei den Naturfreunden, habe ich vor vielen Jahren die Ortsgruppe Herford mit gegründet. Die Naturfreunde sind vor etwa 100 Jahren aus der Arbeiterbewegung entstanden und haben sich die Freizeitgestaltung in der Natur auf ihrer Fahnen geschrieben. So liegen die meisten Häuser auch irgendwo mitten im Wald und wer die Ruhe sucht ist hier gut aufgehoben. Preiswerter kann man keinen Urlaub machen. Ich laufe gut gestärkt im Nebel los, komme zum Brendturm, von dem man eigentlich bis zu den Alpen sehen kann. Heut lohnt kein Aufstieg, alles grau in grau. Ich laufe weiter bis zur Bregquelle, die Sonne kommt raus und es reicht für ein Foto. Ein kurzes Innehalten und ich mache mir nochmal klar, was ich mir da eigentlich vorgenommen habe. Die Kuckucksuhr war einfach da Hier will ich also starten - bin neugierig und gespannt, wie weit die Füße tragen. Zuerst einmal immer stark bergab bis Furtwangen, die kleine Stadt mit dem großen Deutschen Uhrenmuseum. Die begeisterte Leiterin führt mich durch die Ausstellung. Vom Sextanten bis zur Atomuhr, von Omas Küchenuhr bis zur Spieluhr ist hier alles vertreten - mehr als 8.000 Exponate. Aber die meisten ausgestellten Uhren sind Kuckucksuhren. Auf meine Frage, wer die denn erfunden hat, gibt es keine erschöpfende Antwort. Irgendwann im 18. Jahrhundert war sie einfach da. Das Aussehen war dann später an Bahnwärterhäuschen angelehnt. Und warum Kuckucksrufe und nicht beispielsweise das Krähen von Hähnen? Ganz einfach - die Töne wurden durch zwei kleine Blasebälge auf Pfeifen übertragen und mehr als zwei Töne waren zu kompliziert. Und dann wären da noch die Max-Bill-Uhren. Wer erinnert sich nicht an die große Max-Bill-Ausstellung im Marta - und ich hab auch eine Max-Bill-Uhr! Ich lerne, dass das Zentrum der deutschen Uhrenproduktion hier im Schwarzwald war mit Junghans, Kienzle und anderen namhaften Herstellern - heute ist nicht mehr viel davon übrig. Allein die Deutsche Uhrenstraße mit 36 Orten erinnert an diese große Zeit. Jetzt heißt der Fluss Donau Von Furtwangen bis Donaueschingen ist die alte Trasse der Bregtalbahn als Wander- und Radweg ausgebaut. Diese Bahnlinie wurde um 1900 gebaut und existierte bis in die 70er Jahre. Heute hätte man die Bahn gern zurück. Zwei Freunde aus Bielefeld kommen und begleiten mich auf meinem feuchtnassen Weg bis Donaueschingen. Nach zwei Tagen sind sie leider schon wieder abgereist. Ich miete mir in Donaueschingen ein Zimmer gegenüber vom Bahnhof neben einem Supermarkt in einem Siedlungsbau. Die Wohnung ist ca 50 Quadratmeter groß und ich bin froh, dass ich die Wohnung für mich allein hab und die eigentliche Bewohnerin nicht auch zuhause ist. Erst hier fällt mir auf, wie privilegiert ich selbst wohne und wieviel Platz ich für mich und meine Bücher hab. Ich erinnere mich an meine Kindheit, in der wir genauso wie hier gewohnt haben. Ich gehe zum Zusammenfluss von Brigach und Breg, etwa einen Kilometer hinter dem offiziellen Quelltopf. Von hier ab heißt der Fluss dann Donau. Jetzt geht es also eigentlich erst richtig los. Bis jetzt bin ich 120 Kilometer gelaufen und es liegen noch 2.840 Kilometer vor mir. Das kann noch spannend werden.

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