Nach Merz-Eklat: Würde die heimische CDU mit der AfD zusammenarbeiten?

Kreis Herford. "Wenn dort ein Landrat, ein Bürgermeister gewählt wird, der der AfD angehört, ist es selbstverständlich, dass man dann nach Wegen sucht, wie man dann in dieser Stadt weiter gemeinsam arbeiten kann", mit diesen Worten hat der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz eine Welle der Entrüstung losgetreten. Im ZDF-Sommerinterview öffnet Merz anscheinend den Weg für eine Kooperation von AfD und CDU auf lokaler Ebene. Es folgt massive Kritik sowohl von hochrangigen CDU-Politikern auch von konservativen Lokalpolitikern. Im Kreis Herford wird ganz unterschiedlich auf die Aussage von Merz reagiert. "Ich kann diese Hysterie nicht verstehen", sagt Philip Kleineberg, Vorsitzender des CDU-Stadtverbands Enger. "In allen Kommunalparlamenten ist es schon Realität, dass man mit der AfD abstimmt oder für AfD-Anträge abstimmt. Das machen alle Parteien." Es sind tatsächlich Fälle dokumentiert, in denen Mitglieder von SPD, Grünen, FDP oder der Linken mit der AfD auf kommunaler Ebene kooperiert haben. Eine Auswertung des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts von 21 Fällen in Sachsen kommt zu dem Schluss, dass es dort zumeist Kooperationen zwischen CDU und AfD gibt. Eine flächendeckende Erforschung, wie häufig solche Kooperationen sind und welche Parteien beteiligt sind, gibt es bisher jedoch noch nicht. "Realitäten anerkennen" Kleineberg sieht in der AfD "offensichtliche, rechtsradikale Zustimmungen" und er möchte verhindern, dass sie einen Platz in der Engeraner Politik bekommt, doch er sagt auch: "Man muss auch Realitäten anerkennen. Man muss auch anerkennen, dass die AfD bei 22 Prozent steht. Da dürfen wir die Augen nicht vor verschließen." Am Ende des Tages zähle das Wohl der Stadt. Bei pragmatischen Fragen der Lokalpolitik könne er sich auch vorstellen, Anträgen der AfD zuzustimmen. "Wenn es darum geht, einen Kindergarten zu erhalten, wäre es doch reine Ideologie aus Trotz nicht zuzustimmen", sagt Kleineberg. Sowohl in Enger als auch in Spenge sitzt die AfD bisher nicht in politischen Gremien. Daher betont Spenges CDU-Stadtverbandsvorsitzender Michael Schönbeck: "Das ist eine sehr theoretische Frage, weil wir die Situation hier nicht haben." In der CDU gebe es auch eine sehr eindeutige Beschlusslage, dass es keine Kooperation mit der AfD geben werde. "Was Herr Merz hier anspricht: Es gibt einen AfD-Bürgermeister und die Schule braucht eine neue Heizung. Soll der Rat dann nicht zustimmen, weil der Bürgermeister aus der AfD ist?", so Schönbeck. Zurückgerudert auf Twitter Merz selbst ist am Montag nach der sehr lauten Kritik wieder zurückgerudert. Auf dem Nachrichtendienst Twitter schrieb er: "Es wird auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben." Anders hätte er es auch nie gesagt, schreibt Merz im Nachhinein. "Ich hätte mir gewünscht, Herr Merz hätte das weniger missverständlich formuliert", sagt Schönbeck zu diesem Hin und Her. Es ist nicht das erste Mal, dass Friedrich Merz mit kontroversen Äußerungen zur AfD auffällt. Erst in der vergangenen Woche hatte Merz die CDU als "Alternative für Deutschland mit Substanz" bezeichnet. Angesichts der öffentlichen Kommunikation von Merz sagt Schönbeck: "Ich will nicht verhehlen, dass ich so manches mal denke, das könnte man auch geschickter ausdrücken." Für den CDU-Kreisvorsitzenden Joachim Ebmeyer aus Enger ist klar: "Es wird keine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Das sage ich auch als Kreisvorsitzender, dass es keine gibt. Punkt." Sollte es im Kreis Herford jemals einen AfD-Politiker in einer offiziellen Position geben, schließt Ebmeyer eine Zusammenarbeit aus. Dann "würden wir Mehrheiten mit den Parteien aus dem demokratischen Spektrum suchen.“ Er verstehe Friedrich Merz auch dahingehend, dass in einer solchen Situation Mehrheiten ohne die AfD gesucht werden müssten. Aber ist das nicht das genaue Gegenteil von Merz' ursprünglicher Aussage. Auf Nachfrage dazu sagt Ebmeyer, Merz hätte das "missverständlich und unglücklich formuliert." Hier geht's zum Kommentar: Die Causa Merz: Demokratie verteidigt man nicht nur wenn’s bequem ist Mit drei Abgeordneten im Kreistag Auf der politischen Bühne im Wittekindsland ist die AfD seit 2014 vertreten. Während drei AfD-Vertreter dem Kreistag angehören und die Partei auf Kreisebene 2020 einen Sitz zulegen konnte, ist sie im Herforder Rat nicht vertreten. &bdquo;Das wird sich hoffentlich auch nicht ändern“, kommentiert Herfords CDU-Chef Jörg Haferkorn die Situation, um dann auf die Frage einer Zusammenarbeit zu kommen. &bdquo;Generell kann man sagen, eine Zusammenarbeit kommt nicht in Betracht. Friedrich Merz hat das klargestellt. auch für die kommunale Ebene. Letztendlich müssen wir als CDU mit vernünftiger Politik versuchen, die Probleme der Bürger zu lösen.“ Das sei von der AFD nicht erwartbar. Der Beschluss – mit der AfD nicht zusammenzuarbeiten, hat weiterhin Bestand, erklärt Tim Ostermann, der frühere Vorsitzende der CDU im Kreis Herford. Ostermann verweist auch auf den zweiten Tweet von Merz, &bdquo;der klargestellt hat, dass das auch für die kommunale Ebene gilt“. Das bedeute, es gebe keine Zusammenarbeit, keine Koalitionen, keine gemeinsamen Anträge und Initiativen. Die Frage der Richtlinienkompetenz &bdquo;Es gibt keine Zusammenarbeit“, stellt denn auch Thomas Helmerking, CDU-Fraktionschef im Herforder Rat, klar. Er sieht aber insgesamt ein Problem für SPD, CDU, Grüne, FDP oder Linke in Ostdeutschland und hebt in diesem Zusammenhang auch auf die Wahlerfolge der AfD bei einer Landratswahl in Thüringen und einer Bürgermeisterwahl in Sachsen-Anhalt ab. &bdquo;Das Problem ist, dass Bürgermeister und Landräte direkt gewählt sind und die Richtlinienkompetenz haben“, so CDU-Fraktionschef Helmerking. In der täglichen Arbeit gehe es dann um das Klein-Klein der Kommunalpolitik, das eine Stadt am Laufen halte. Und da sei es nicht möglich, eine permanente Verweigerungshaltung gegenüber einem AfD-Bürgermeister oder -Landrat an den Tag zu legen.

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