Insolvente Herforder Heinze-Gruppe hat die Chance, bis 2024 weiterzuproduzieren

Herford. Eigentlich ist es eine schlechte Nachricht - die aber auch einen guten Aspekt hat: Bisher hat sich kein Käufer gefunden, der die seit Anfang Herbst 2021 insolvente Heinze-Gruppe übernehmen will. Als mögliches Datum für das Aus der Produktion des Unternehmens mit seinen rund 700 Mitarbeitern wurde deshalb bisher der 1. August genannt. Die Betroffenen würden dann ihren Job verlieren. Doch dieses Datum gilt derzeit alles andere als fix, wie ein Gespräch mit dem Insolvenzverwalter Stephan Höltershinken zeigt. Möglicherweise, so der Mindener Rechtsanwalt, könne die Produktion des Herforder Traditionsunternehmens bis ins kommende Jahr fortgesetzt werden. Darüber hinaus gibt es nun noch Interessenten für zwei Tochterunternehmen. Produkte für die Auto- und Lebensmittelindustrie Der komplette Verkauf von Heinze mit seinen Töchtern, die sowohl die Lebensmittel- aber auch die Automobilindustrie beliefern, war gescheitert. Zunächst hatte Corona die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigt. Mit den Lieferkettenproblemen, den steigenden Zinsen und seit dem russischen Überfall auf die Ukraine, war offensichtlich keines der elf zunächst an Heinze interessierten Unternehmen mehr bereit, eine Übernahme der breit aufgestellten Gruppe zu wagen. Die Firmen hatten Ende September 2021 jeweils Insolvenzanträge gestellt. Das zum 1. Januar 2022 eröffnete Insolvenzverfahren bezieht sich auf die Heinze-Gruppe GmbH, Heinze-Verwaltung GmbH, Heinze-Gruppe Grundbesitz GmbH & Co. KG, Heinze-Kunststofftechnik GmbH & Co. KG, HeRo Galvanotechnik GmbH, HeiForm GmbH und Krallmann Kunststoffverarbeitung GmbH in Herford, Hiddenhausen und Bad Salzuflen. Produkte sind schwer zu ersetzen Gleichzeitig sind die Heinze-Produkte aber für viele Kunden nicht so einfach zu ersetzen. &bdquo;Wir haben nach Gesprächen mit den größten Kunden sogenannte Ausproduktionsvereinbarungen getroffen“, erklärt Stephan Höltershinken. Das bedeutet, die Produktion wird fortgesetzt. Mit einer sofortigen Produktionseinstellung bei Heinze wäre der Kollateralschaden in der Industrie überaus hoch gewesen, erklärt er. Die Kunden haben darüber hinaus einer für die Beschäftigten vorteilhaften Regelung zugestimmt. Danach erhalten die Mitarbeiter unter bestimmten Voraussetzungen im Juli mit ihrem Gehalt weitere fünf Monatsgehälter als Treue-Prämie, erklärt der Insolvenzverwalter.&bdquo;Die Kunden haben bereits gezahlt und das Geld liegt auf einem Treuhandkonto.“ Und wenn die Gläubiger mitmachten, könne die Produktion über den August hinaus bis ins kommende Jahr fortgesetzt werden. Damit seien die Beschäftigten bessergestellt als mit Insolvenzausfallgeld. Kunden zahlen Produktion Die Kunden hätten auch über vereinbarte Preiserhöhungen dafür gesorgt, dass der Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten werden könne. Denn das größte Problem seien natürlich bei einer Insolvenz Neuaufträge. Eine Insolvenz führe nämlich sonst fast immer zu einem Umsatzrückgang. Höltershinken hatte dagegen noch im vergangenen Jahr melden können: &bdquo;Durch die hohe Motivation und gute Mitarbeit aller Beschäftigten im Antragsverfahren ist es nicht nur gelungen, dass alle Kunden dem Unternehmen die Treue bewiesen haben, es konnten auch neue Aufträge abgeschlossen werden." Unabhängig vom Gesamtverkauf der Gruppe gibt es aber derzeit intensive Verkaufsgespräche zwischen dem Insolvenzverwalter und zwei verschiedenen Kaufinteressenten für die Heinze-Töchter Heiform in Bad Salzuflen und Krallmann in Hiddenhausen. Die Unternehmen wollten die Geschäftsbetriebe übernehmen und so erhalten, meint der Mindener Insolvenzverwalter. Wie es zur Schieflage kam Die weltweite Halbleiter-Krise und der damit verbundene Rückgang bei der Automobilproduktion hatte die Insolvenz bei Heinze im September 2021 ausgelöst. Deren geringere Pkw-Produktionszahlen machten sich auch in Herford bemerkbar. Die Herforder produzieren Kunststoffteile für Branchengrößen wie Porsche oder Mercedes. Während die Aufträge im Automobilbereich damals aber zurückgingen, blieben die Kosten bestehen, das Material musste bezahlt, Mitarbeiter entlohnt werden. Das führte zu einem Liquiditätsengpass, der schließlich in dem Insolvenzantrag endete.

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