Sensation: Stadt Herford hat 19 Millionen Euro mehr als erwartet

Herford. Es ist eine mittelgroße Sensation, die Kämmerer Jochen Strieckmann und Bürgermeister Tim Kähler jetzt bekannt gaben: Zum 31. Dezember 2022 steht unterm Strich - statt des Anfang 2022 geplanten Minus von 10,5 Millionen Euro - im städtischen Haushalt ein Plus von 8,6 Millionen Euro. In der Summe sind das rund 19 Millionen Euro mehr. Selbst wenn die Stadt die Corona-Kosten, rund 6,3 Millionen Euro, nicht isolieren würde, bliebe ein Plus. Das Rechnungsergebnis 2022 ist vorläufig, ein deutlich positives Jahresergebnis gilt aber als sicher. Darin eingeflossen sind Mehreinnahmen und Minderausgaben aller Dezernate, zudem elf Millionen Euro mehr an Gewerbesteuern als erwartet. Sie liegen nun bei 57,6 Millionen Euro - trotz der Pandemie, Lieferschwierigkeiten und dem Ukraine-Krieg mit seinen Folgen. Strieckmann hatte zwar am Ende des dritten Quartals Verbesserungen bei der Gewerbesteuer angekündigt. In der Höhe seien die aber nicht vorhersehbar gewesen, so Kähler. Er erklärt sich das damit, dass viele Herforder Unternehmen familiengeführt sind und die Kaufleute sehr vorsichtig agierten. Die Zinslastquote der Stadt liegt bei 1,4 Prozent Schon früher hat das vierte Quartal in Herford für positive Überraschungen gesorgt, allerdings nicht in dem Ausmaß. Kähler und Strieckmann räumten ein, dass sie in ihrer Prognose, die ja eine qualitative Schätzung ist, besser werden müssten. Das hätte auch die Diskussion um den gerade erst beschlossenen Etat-Entwurf fürs Jahr 2023 erleichtert, der übrigens mit Gewerbesteuereinnahmen von 55 Millionen Euro kalkuliert. "Es kann nicht sein, dass wir bei der Haushaltsaufstellung Schwierigkeiten haben und dann wie Kai aus der Kiste am Ende doch alles super ist", sagte Kähler selbstkritisch. Das Ergebnis zeige aber, wie robust Herford durch die Krisen gehe, zudem rechneten sie weiterhin sehr konservativ. "Die Stadt betreibt hinsichtlich des Eigenkapitals, der Überschüsse, der Einnahmen und Ausgaben eine sehr solide Haushaltspolitik." So liege ihre Zinslastquote derzeit bei 1,4 Prozent - wie in etwa in den vergangenen Jahren. "Deshalb kann man nicht von Überschuldung sprechen." Zwar hätten sie viele Investitionskredite, die seien aber gemessen an Herfords Finanzkraft sehr gut beherrschbar. Zudem müsse das Vermögen gegengerechnet werden. Die Stadt steht noch vor Herausforderungen Beispiel: Westfalen Weser. Die Anteilskäufe sind mit 99 Millionen Euro kreditfinanziert, brächten aber jährliche Erträge von mehr als 9 Millionen Euro vor Steuern. Auch die städtische Wohnbau WWS saniere mit Hilfe von Krediten, sie bringe aber mehr als 3 Millionen Euro Ertrag. Das Rechnungsergebnis mit dem fünften Plus in fünf Jahren zeige, dass Herford es sich leisten könne, Investitionen in die Zukunft zu machen. Trotzdem gebe es auch Herausforderungen: Mobil- und Energiewende, Konversionsflächen, Innenstadt. Das Bild sei aber auch dadurch verfälscht, dass städtische Zuschussbetriebe im Haushalt abgebildet würden und die Stadt Geld in die Holding schieße, so Kähler. Die größte Herausforderung seien zudem die Transferleistungen, die sie kaum beeinflussen könnten, nicht aber die Schuldenlast, die Zinsquote oder die Personalkosten. Letztere seien im Verhältnis zum Gesamtvolumen des Haushalts in den vergangenen Jahren nur um ein Prozent gestiegen seien - trotz Tariferhöhungen. Strieckmann, der nur mit Bauchschmerzen einer Steuererhöhung erst 2024 zugestimmt hatte, räumte ein, dass sich das im Nachhinein als richtig erwiesen habe. Kähler ist übrigens - für ihn unerwartet - gerade ein Zuwendungsbescheid über 1,5 Millionen Euro für die Kriegsfolgen-Bewältigung zugegangen. Zudem hat er Zusagen über 500.000 Euro aus dem Stärkungspakt des Landes erhalten. Etat-Perspektive: positiv.

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