Streit in der Herforder Politik: Zwischen Inkompetenz und Böswilligkeit

In der Pandemie hat unser aller Kommunikation gelitten. Was sich allerdings die Herforder CDU seit Jahren leistet, ist mit nichts mehr zu rechtfertigen - und gipfelte unlängst in einem Schreiben des Stadtverbandsvorsitzenden Jörg Haferkorn an die CDU-Mitglieder. Das Papier hatte offenbar vor allem einen Zweck: die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Meike Voßmerbäumer zu diffamieren. Worum es beim Streit in der Herforder CDU geht In dem Schreiben Haferkorns heißt es, und das haben wir unseren Lesern bisher vorenthalten: "Unzutreffend ist zudem die öffentliche Aussage der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, dass jeder vom Kreis ausgegebene Euro die Stadt Herford 0,31 Euro koste. Dieser Behauptung liegt entweder die Fehlvorstellung zugrunde (gemeint ist wohl: Voßmerbäumer ist inkompetent, sie versteht den Haushalt nicht), dass die Erträge des Kreishaushalts ausschließlich aus der Kreisumlage bestehen oder es wird versucht, mit falschen Informationen Stimmung gegen den Kreis zu schüren (gemeint ist hier wohl: Sie ist böswillig). Dann folgt, was Haferkorn für richtig hält. Aus den Worten Voßmerbäumers ist unschwer herauszulesen, was sie meinte: Von dem, was der Kreis bei seinen Kommunen einsammelt und dann ausgibt, kommen 31,5 Prozent aus Herford. Unabhängig davon, dass sie sich geschickter hätte ausdrücken können, ist Haferkorns Umgang mit ihr völlig inakzeptabel. Seinen Tonfall hält er selbst allerdings "nach wie vor für angemessen", wie er - auf telefonische Anfrage - in einer E-Mail am Tag darauf mitteilt. Gefragt war außerdem, warum es ihm nicht gelingt, die CDU zu einen. Die Antwort: Nach seiner Wahrnehmung gebe es in der CDU Herford keine Uneinigkeit. Eine interessante Einschätzung. Am Telefon erklärt Haferkorn auch das Anliegen seines Mitgliederbriefs: Er habe Voßmerbäumers "Aussagen richtigstellen" wollen. Und dass sie sich für einen Mitgliederbrief und nicht für eine Presseveröffentlichung entschieden hätten, weil sie die Diskussion nicht in die Breite tragen wollten. Dazu folgendes: Was das bedeutet Erstens ist der Mann entweder nicht in der Lage, zwischen Sachinformation und Diffamierung zu unterscheiden (das deutet dann auf kommunikative Inkompetenz). Oder er hat Voßmerbäumer bewusst diffamiert und versucht, das nun als Sachinformation darzustellen (dann ist er böswillig). Zweitens weiß er, dass unter seinen CDU-Mitgliedern auch Pressevertreter sind. Zudem ist ein Schreiben, das er an rund 270 Personen richtet, quasi öffentlich. Denn irgendwer reicht so etwas immer an die Presse weiter. Das weiß sicherlich auch Haferkorn. Und damit sagt er nicht die Wahrheit, wenn er behauptet, er habe seine Reaktion nicht in die Öffentlichkeit tragen wollen. Zudem handelt sich bei Voßmerbäumer, die schon als Jugendliche bei der Jungen Union war, und den anderen Mitgliedern der CDU-Fraktion um Ehrenamtliche, die mit ihrer Kommunalpolitik im Dienste der Allgemeinheit agieren und dafür viel Zeit verwenden. Mal ganz grundsätzlich: Ehrenamt verdient Wertschätzung. Wofür die Fraktion steht Man mag ja mit der einen oder anderen Entscheidung unzufrieden sein, kann aber der Fraktion kaum vorwerfen, dass sie keine CDU-Politik macht. Um nur einiges zu nennen, was die Handschrift der CDU trägt: Eine zweite Gesamtschule ist vom Tisch, ebenso eine Schließung der Geschwister-Scholl-Realschule. Die soll vielmehr ein neues Gebäude erhalten. Das Ravensberger Gymnasium wird bereits neu gebaut. Auch einen weiteren Sozialwohnungsbau, an dem ja auch immer Sozialausgaben hängen, wird es mit der CDU in Herford wohl nicht geben. Die Stadt wird weitere Gewerbegebiete erschließen, hat weder das H&M- noch das Döring-Gebäude gekauft und entwickelt den Bildungscampus mit privaten Investoren weiter. Den Wittekindsbrunnen soll wieder Wasser umspielen. Die City-Wache wird personell aufgestockt. Der Offene Ganztag erhält zwei Prozentpunkte mehr an städtischen Zuschüssen, ohne dass sich die Elternbeiträge erhöhen. All das ist mit Sicherheit in Fraktionssitzungen vorbesprochen worden, an denen im Übrigen auch der Stadtverbandsvorstand mit einer Person teilnimmt. Die agierenden Personen Und nun zum dritten Punkt, den Haferkorn preis gibt: Er hat von mehreren Personen gesprochen ("wir"), als es um die Absichten hinter dem Mitgliederbrief ging. Schauen wir doch mal auf die handelnden Personen, die solche Spielchen, bei denen die CDU Herford als Ganzes nur verlieren kann, mit betreiben: CDU-Kreisvorsitzender Joachim Ebmeyer hatte den Mitgliederbrief auf dem Schreibtisch, bevor er versandt wurde. Haferkorn zu stoppen, war offenbar nicht in seinem Sinne. Auf Anfrage verweist Ebmeyer darauf, dass er sich generell mit Bewertungen zurückhalte - sowohl beim Streit in der CDU als auch beim Inhalt des Mitgliederbriefs. Damit öffnet er allerdings Diffamierungen und Intrigen Tür und Tor. Ansonsten deutet Ebmeyer Vorgeschichten an, bleibt aber vage, was genau passiert ist (der Stadtverbandsvorsitz sei herausfordernd), wie genau darauf reagiert wurde (die Mediationsfrage seien sie schon angegangen) und wo er sich selbst informiert (nach seinem Kenntnisstand sei mehrfach versucht worden...). Letztlich ist nichts nachprüfbar. Was nachprüfbar wäre, belegt er nicht. Muss er auch nicht. Daraus lässt sich aber schlussfolgern: Ebmeyer will sich schadlos halten. Vielleicht hat er in der CDU noch Größeres vor. Und die weiteren Akteure? Thomas Beck, Christoph Büker, Anke Theisen, alle im Stadtverbandsvorstand, sind alle mit ihren Plänen gescheitert. Beck wollte stellvertretender Fraktionsvorsitzender werden, Büker sachkundiger Bürger, Theisen Bürgermeisterin. Apropos: Nach der Wahl 2020 hat Theisen der Fraktion in nicht-öffentlicher Mitgliederversammlung mangelnde Unterstützung im Wahlkampf vorgeworfen. So ganz kann das nicht stimmen. Selbst auf ihrer Facebook-Seite ist noch nachzulesen, wohin Voßmerbäumer sie im Wahlkampf begleitet hat. Auch andere Vorwürfe wie der, "viele Mitglieder" träten wegen des Fraktionsvorstands aus, erscheinen bei genauerer Betrachtung sehr zweifelhaft. Wie's weiter gehen könnte Zurück zum Scheitern: Der Umgang mit Niederlagen ist nicht leicht. Ist das der Grund, warum Beck, Büker und Theisen mit Haferkorn, inzwischen flankiert von den Fraktionsmitgliedern Michèle Saskia Pohle und Susanne Büttner, die Fraktionsspitze wegbeißen? Man weiß es nicht. Meine Vermutung ist aber, dass wir den letzten Akt im Streit noch nicht gesehen haben. Ich tippe auf eine weitere nicht-öffentliche Mitgliederversammlung - mit ganz großer Abrechnung und Rücktrittsforderungen gegenüber der Fraktionsspitze. Und der SPD als lachender Dritter.

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