Schäbig ist beim CDU-Stadtverband Herford Programm

Eigentlich machen sich Redaktionen nicht selbst zum Thema ihrer Berichterstattung. In diesem Fall machen wir eine Ausnahme: Im Frühjahr hatte der CDU-Stadtverband zu einer Mitgliederversammlung eingeladen, allerdings – obwohl eine öffentliche Versammlung – nicht die Medienvertreter. In der Redaktion ging keine Einladung per Post ein, keine E-Mail, kein Telefonanruf. Dass überhaupt eine Versammlung stattfand, erfuhren die Pressevertreter, als Mitglieder der CDU-Fraktion plötzlich geschlossen eine andere Sitzung verließen, um rechtzeitig bei der CDU-Versammlung zu sein. Im Nachgang verbreitete der CDU-Stadtverband, die Neue Westfälische habe berichtet, obwohl sie es für nicht nötig erachtet hatte teilzunehmen. Die Geschichte zeigt schlechten Stil: Erst die Bedingungen so arrangieren, dass eine bestimmte Reaktion erfolgt, und dann den Betreffenden einen Strick daraus drehen. So oder so ähnlich war das in den vergangenen Jahren mehrfach. Das Theater ging schon los, als Anke Theisen Bürgermeister-Kandidatin war und im Wahlkampf ihre Felle schwimmen sah. Plötzlich hieß es, ihr hätte die Unterstützung aus den Reihen der – inzwischen durch Austritt von acht Fraktionsmitgliedern auf sechs Personen geschrumpften – Fraktion gefehlt. Mehr Infos: Interne Streitigkeiten eskalieren - Herforder CDU-Fraktion halbiert sich Die Fraktion hat den Konsens gesucht Dort sitzt beispielsweise Meike Voßmerbäumer, die große Teile des Wahlprogramms geschrieben und Theisen auch zu mindestens einem Termin begleitet hat. Die frühere CDU-Stadtverbandsvorsitzende Bärbel Müller beschrieb damals in einem Leserbrief, wie schäbig sie die Vorwürfe des Stadtverbandes fand. Es folgten zwei getrennte Wahlpartys – auf der einen Seite die Anhänger der Fraktion, auf der anderen die des Stadtverbands. Danach machte Anke Theisen gelegentlich bei Facebook Stimmung gegen die Fraktion. In einer Whatsapp an die Redaktion rechtfertigte sie das: Sie habe mit ihrem Statement, das die CDU-Haltung zur Zweispurigkeit der Mindener Straße der Entscheidung der Fraktion gegenüber gestellt hat, sich einfach nur bei ihren Wählerinnen und Wählern &bdquo;entschuldigen“ wollen, die sich möglicherweise &bdquo;betrogen“ fühlten. Die CDU-Fraktion befand sich damals bereits in einer Großen Koalition mit der SPD und hatte sich in diesem Punkt nicht durchsetzen können, wie Voßmerbäumer bei ihrem Parteiaustritt erklärte, inzwischen aber 80 bis 90 Prozent des CDU-Wahlprogramms umgesetzt. Einer Großen Koalition, mit der die Fraktion sich den immensen Herausforderungen stellen wollte, unter anderem der Pandemie, die nach Ansicht der neu gebildeten &bdquo;Union für Herford“ nur in einem breiten Konsens bewältigt werden konnten. Den Anwalt mit in den Gerichtssaal gebracht Teile der Fraktion kündigten dem Stadtverband Anfang Juni 2021 die Zusammenarbeit auf: Schon unter Führung von Thomas Beck war der Verband 2020 und 2021 mit Positionen an die Öffentlichkeit getreten, die weder mit der Fraktion abgesprochen waren, noch ihre Zustimmung fanden. Stichwort: Streaming von Ratssitzungen. Das setzte sich fort, als Jörg Haferkorn im September 2022 an die Spitze des Stadtverbands gewählt wurde. Erinnert sei hier an eine Mitgliederversammlung, in der sich Teile der Fraktion plötzlich einem Misstrauensantrag gegenüber sahen. Oder an die Schlammschlacht, die Michèle Saskia Pohle zusammen mit Susanne Büttner anzettelte: Die Frauen warfen der Fraktion Anfeindungen, Bedrohungen und Beleidigungen in Sitzungen vor und dass sie Unterlagen zu spät bekämen. Sie selbst machten ihr eigenes Ding und stellten einen Antrag ohne Absprache mit der Fraktion. Pohle warf der Fraktion Behindertenfeindlichkeit vor, entschuldigte sich aber später dafür. In Elverdissen sammelte Pohle dann Unterschriften für die Absetzung Oliver Gallings an der Spitze des Ortsvereins. Angeblich, weil er seine Aufgabe nicht mehr so wahrnahm, wie es von ihm zu erwarten wäre. Galling sprach von Druck, der offensichtlich auf die 14 Unterzeichner des Schreibens ausgeübt worden war. Pohle brachte danach regelmäßig ihren Anwalt mit in den Ratssaal. Als Beobachter konnte man den Eindruck gewinnen, die Erwartungen Pohles an die Politik entsprachen der an eine Selbsthilfegruppe. Dahinter stecke &bdquo;Hass“ auf den Bürgermeister Die Liste der Streitereien lässt sich fortsetzen. Und es liegt auf der Hand: Schon in der Vergangenheit hat der Stadtverband nach Anlässen gesucht, gegen die Fraktionsmehrheit im Stadtrat an den Karren zu fahren, zum Beispiel als er eine Äußerung von Voßmerbäumer zur Finanzsituation der Stadt in einer öffentlichen Stellungnahme zerriss. Nur, wozu das alles? &bdquo;Hass auf Kähler“ und damit auf die Fraktionsmitglieder, die sich auf eine Große Koalition eingelassen hatten, wie kürzlich ein Ratsmitglied im NW-Gespräch sagte. Dass Bürgermeister Tim Kähler das eigentliche Ziel ist, liegt nahe: Die CDU-Gegenstimmen, zum Beispiel zum Haushalt in den vergangenen Jahren, kamen aus den Reihen der Anhänger des CDU-Stadtverbandes. Dass aber nun aber auch Werner Seeger, ein immer um Ausgleich und einen respektvollen Umgang bemühtes Mitglied des Rates in die Schusslinie geraten ist, macht schon fassungslos. Und wie immer steht nur eine Behauptung ohne Erklärung im Raum, in diesem Fall des Kreisvorsitzenden Joachim Ebmeyer: &bdquo;Der Weg, den Werner Seeger eingeschlagen hat, hat unter Parteimitgliedern für Kopfschütteln gesorgt.“ Welchen Weg denn? Dazu äußert sich Ebmeyer nicht. Jahrelange Unzumutbarkeiten sind jetzt beendet In der Vergangenheit hat es den Vorwurf gegeben, die Fraktion habe nicht genügend Sachkundige Bürger aus den Reihen der CDU-Mitglieder eingebunden. Allerdings: Schon im Sandkasten lernen wir, dass niemand mit uns spielen will, wenn wir mit Förmchen auf andere einschlagen. Wir alle dürfen jedenfalls gespannt sein, was da – außer einer Blockade-Haltung im Stadtrat – sonst noch alles kommt. Ich würde darauf setzen, dass die Rest-CDU im Stadtrat Fraktionsvorsitzenden Thomas Helmerking absetzt, der trotz aller Anfeindungen aus den Reihen des Stadtverbandes in der Partei und der CDU-Fraktion geblieben ist. Denn schäbig ist beim CDU-Stadtverband Programm. Die acht ausgetretenen Mitglieder kann man nur beglückwünschen, sie haben durch ihren Austritt Rückgrat bewiesen und jahrelange Unzumutbarkeiten beendet.

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