Neuregelung für Haus- oder Wohnungsbesitzer: Hohe Rechnungen könnten auf Herforder zukommen

Herford. Folgende Situation: Ihnen gehört ein Haus oder eine Wohnung in Herford. Die Stadt hat die Straße davor schon vor Jahren ausgebaut. Endausgebaut, wie sie glauben. Doch nun flattert Ihnen eine Rechnung über Endausbaubeiträge ins Haus, die Sie gar nicht mehr erwartet haben. Anliegern von vielleicht 50 oder 60 Straßen könnte es so ergehen, sagt Baubeigeordneter Peter Böhm. Das sei aber nur eine grobe Schätzung. Am Ende seien es vielleicht auch 30 oder 80. So kann es kommen, wenn der Gesetzesentwurf der Landesregierung zu den Straßenausbaubeiträgen Rechtskraft erhält. In der Stadtverwaltung begrüßt Böhm den neuen Entwurf. Denn das Gesetz bringe den Kommunen Klarheit, sagt er. Der Zeitpunkt des Beginns eines Endausbaus war bislang nicht ausreichend definiert Wie berichtet, können Städte und Gemeinden Endausbaubeiträge erheben, sobald Straßen technisch zum ersten Mal komplett fertig gestellt sind. Bislang mussten sie dabei zwei Fristen beachten: Abrechnen durften sie innerhalb von 25 Jahren nach Beginn des Straßenendausbau oder innerhalb von zehn Jahren nach vollständiger Fertigstellung des Ausbaus. Jetzt gilt nur noch eine Frist: Die Straßen müssen innerhalb eines Zeitraums von 20 Jahren nach ihrer technischen Fertigstellung endabgerechnet werden. Böhm zufolge war bisher oft unklar, was mit dem Beginn der Baumaßnahme gemeint sein könnte. Das sei nicht ausreichend definiert gewesen. Zum Beispiel hätten Wege oft zunächst eine Asphaltdecke erhalten, vielleicht wurde einige Jahre später ein Kanal hineingelegt. Und vielleicht kam wieder einige Jahre danach eine Beleuchtung hinzu. Ob davon irgendetwas als Baubeginn oder erster Spatenstich zum Endausbau gilt, ist oft strittig. Einige Anlieger seien in der Vergangenheit beispielsweise davon ausgegangen, dass eine technische Herstellung ihrer Straße bereits mit dem Ausbau des Kanals vor vielen Jahren erfolgt sei - und damit in ihrem Fall sämtliche Fristen inzwischen überschritten seien. Sie werden nun unter Umständen doch noch eine Rechnung erhalten. Denn jetzt gilt: Die neue 20-jährige Frist hat erst ab dem Zeitpunkt begonnen, ab dem die Straße endgültig technisch fertiggestellt wurde. Möglich, dass Anlieger nur glauben, ihre Straße sei endausgebaut Böhms Einschätzung nach sind Straßen, die in seiner Zeit als Bauamtsleiter oder Baubeigeordneter fertig gestellt wurden, auch alle abgerechnet worden. Und in diesen Funktionen ist er immerhin schon seit 2001 bei der Stadt Herford, also seit inzwischen 22 Jahre. Allerdings gebe es noch Straßen, die vor vielleicht vier oder fünf Jahren fertiggestellt wurden und noch nicht abgerechnet seien. So etwas könne schon mal länger dauern, sagt Böhm. Das sei zum Beispiel dann der Fall, wenn der Verwaltung die Schlussabrechnung noch nicht vorliegt oder wenn, weil sie einen Formfehler gemacht hat, noch Gerichtsverfahren laufen. Böhm geht aber auch davon aus, dass vielleicht 50 oder 60 Straßen in Herford noch nicht endgültig ausgebaut sind, obwohl die Anlieger das möglicherweise annehmen und daher auch glauben, dass die Frist für die Abrechnung bereits verstrichen ist. Das sei aber nur eine sehr grobe Schätzung. Es könnten auch mehr oder weniger Straßen sein. Kaufwillige sollten mögliche Kosten im Blick haben Die Sandbrede in Herford, gegen deren Ausbau und in der Folge auch gegen die Ausbaubeiträge sich die Anlieger wehren, könnte ein solcher Fall sein: Ein Teilabschnitt ist aus Sicht der Stadt noch nicht endausgebaut. Die Anlieger sehen das allerdings anders. Problematisch könnten die Ausbaubeiträge zudem für Bürgerinnen und Bürger werden, die ein altes Gebäude in der Annahme kaufen, dass es an einer endabgerechnete Straße liegt. Es liegt allerdings in der Verantwortung der Immobilienkäufer, sich darüber im Vorfeld Klarheit zu verschaffen. Anlass für die Änderung der NRW-Regelung zu den Straßenausbaubeiträgen war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von November 2021, das eigentlich Rheinland-Pfalz betraf. Weil aber hierzulande eine ähnliche Regelung galt, hatte auch die NRW-Landesregierung Handlungsbedarf gesehen. Die neue Regelung soll rückwirkend zum 1. Juli 2022 in Kraft treten. Erst zu dem Zeitpunkt war die Zehn-Jahres-Frist in NRW ab der endgültigen Herstellung in Kraft getreten.

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