Haushalt Bürger und Wirtschaft in Herford kommen knapp an einer Steuererhöhung vorbei

Herford. Der städtische Haushalt für 2023 kommt ohne Steuererhöhungen aus. Die Stadt wird die höheren Kosten durch die Inflation, den Ukraine-Krieg und bei den Löhnen, die sie erwartet, nicht weitergeben. Sie wollten keine zusätzlichen Belastungen für die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger, sagte Bürgermeister Tim Kähler, kurz bevor Kämmerer Jochen Strieckmann dem Stadtrat das Zahlenwerk vorlegte. Damit werden die geplanten Ergebnisse allerdings auch defizitär sein, ergänzte Kähler. Er halte es dennoch für richtig, antizyklisch zu agieren und Wirtschaft und Bürger in der gegenwärtigen Situation zu unterstützen. Stabilisiere sich die Situation, werde die Stadt gegebenenfalls die Steuern erhöhen. Vorgesehen ist das für 2024 und 2025. Schon 2022 sei absehbar gewesen, dass der 2023er-Haushalt defizitär werde, sagte Strieckmann. Das habe sich bewahrheitet und sogar noch ein wenig verstärkt. Sein Etat-Entwurf sei genehmigungspflichtig, weil die Stadt ab 2025 auf die allgemeine Rücklage zurückgreifen muss. Denn in dem Jahr werde sie - nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge - die in den Jahren 2016 bis 2021 gut aufgefüllte Ausgleichsrücklage aufbrauchen. Der Haushalt ziehe aber kein Haushaltssicherungskonzept nach sich. Die Erträge steigen deutlich, die Aufwendungen aber noch mehr Außerordentlich gut hat die Stadt den Haushalt 2021 abgeschlossen, 2022 werde sie ebenfalls besser abschließen als angenommen, so dass sie das geplante Defizit von 10,5 Millionen Euro noch einmal um 1,5 Millionen Euro verringern könne. Für 2023 rechnet Strieckmann mit einem Defizit von 13,2 Millionen Euro. Dabei sind Kosten, die durch Corona und den Ukraine-Krieg isoliert werden - bis 2026 summieren sie sich auf 55,6 Millionen Euro - bereits rausgerechnet. Strieckmann geht für dieses Jahr von deutlich steigenden Erträgen - auf 243 Millionen Euro - aus. Die Aufwendungen steigen allerdings auf 267,4 Millionen Euro und damit noch mehr. Bei Einflüssen wie der Inflation, den gestiegenen Energiepreisen, höheren Baukosten bei Sanierungen und weiterhin steigenden Sozialausgaben habe die Stadt auch keine Steuerungsmöglichkeiten, so der Kämmerer. Für 2022 geht Strickmann derzeit von Einnahmen durch Steuern und ähnliche Abgaben von 105,3 Millionen Euro aus. Der Plan für 2023 sieht in diesem Bereich Einnahmen von 113 Millionen Euro vor. Der Gewerbesteueranteil liegt dabei für 2022 bei 52,5, für 2023 bei 55,2 Millionen Euro, Tendenz steigend in den Folgejahren. Der Bildungscampus ist "wirtschaftlich kein Verlust" In den Vor-Corona-Jahren schwankte dieser Wert dem Kämmerer zufolge zwischen knapp über 50 und 55 Millionen Euro, das außerordentlich gute Jahr 2019 nicht mitgerechnet. Herford sei steuerstark, gleichzeitig bedinge das auch eine hohe Abhängigkeit der Stadt von den Steuereinnahmen. Profitieren wird die Stadt von einer zehnprozentigen Steigerung bei den Schlüsselzuweisungen. Die Kostenerstattung durch die Fachhochschule für Finanzen entspricht Strieckmann zufolge mit 13 Millionen Euro dem Plan für 2022. Im laufenden Jahr werden die Erträge bei 15,1 Millionen Euro liegen. Der Bildungscampus sei damit "wirtschaftlich kein Verlust", wie es der Kämmerer ostwestfälisch ausdrückt. Hintergrund für die Steigerung von 2022 auf 2023 ist ein indexierter Mietvertrag: Steigen die Verbraucherpreise durch die Inflation, steigt auch die Kaltmiete. Zudem geht der städtische Etat von einer Etat-Verbesserung durch die Mietpreisbremse in Höhe von zwei Millionen Euro aus. Weitere Erträge sieht der Haushalt durch die Veräußerung von Gewerbegrundstücken vor. Erstmals führt die Stadt mehr als 50 Millionen Euro an den Kreis ab Bei den Aufwendungen dominieren die Transferleistungen, vor allem im sozialen Bereich. Im Haushalt 2023 schlagen sie allein mit 113,7 Millionen Euro zu Buche (plus 6,7 Prozent), gefolgt von den Sach- und Dienstleistungen mit 50,9 Millionen Euro und den Personalkosten mit 46,4 Millionen Euro (plus 8,8 Prozent). Bei den Einzelpositionen fallen Mietkostensteigerungen von 4,6 Millionen Euro ins Auge (plus 13,9 Prozent), die an den städtischen Eigenbetrieb zu zahlen sind, und Mehrkosten für Übergangswohnungen von 1 Million Euro (plus 531,6 Prozent). Die Mietkostensteigerung hat mit der Inflation, den Energiekosten, den höheren Unterhaltungskosten für Material und externe Dienstleister zu tun. Auch die Kreisumlage steigt: Erstmals führt die Stadt 2023 mehr als 50 Millionen an den Kreis ab, 2026 wird sie knapp unter 60 Millionen liegen. Als Kähler 2014 Bürgermeister wurde, lag die Umlage bei 39,5 Millionen Euro. Der Kämmerer würde sich jedenfalls freuen, wenn der Kreis noch Potenziale fände, die zu einer Entlastung führten. Die Steuererhöhungen bringen insgesamt 2,325 Millionen Euro im Jahr In der Mittelfristplanung setzt sich Strieckmann zufolge fort, was auch den Haushalt 2023 bestimmt: durchaus steigende Erträge, aber noch höhere Aufwendungen. Nach jetzigen Stand der Dinge liegt das Jahresergebnis 2024 bei einem Minus von 17,8 Millionen Euro, 2025 bei 14,5 und 2026 bei 14,8 Millionen Euro. Die Steuererhöhungen sind da schon eingepreist. Angedacht ist, die Grundsteuer B, die derzeit bei niedrigen 440 Punkten liegt, 2024 auf den durchschnittlichen NRW-Hebesatz von 493 Punkten zu erhöhen. Jeder zusätzliche Punkt spült rund 25.000 Euro in die Stadtkasse, insgesamt geht es also um 1,325 Millionen Euro. Die Gewerbesteuer folgt im Jahr drauf mit zusätzlichen zehn Punkten und einer Erhöhung von 430 auf 440 Punkte. Das entspricht Mehreinnahmen von 1 Million Euro. Bei den Berechnungen sei er vorsichtig vorgegangen, sagt Strieckmann, aber nicht schwarzseherisch.

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