Die Herforder Polizei wurde zum Instrument der Nazis

Herford. In zwei neu gestalteten Zellen der Gedenkstätte im Keller des Herforder Rathauses präsentiert das Kuratorium Erinnern, Forschen, Gedenken den Zellentrakt als Polizeigefängnis und Terrorinstrument. Unter dem Titel "Polizei ohne Rechtsstaat" geht es um Schicksale von Inhaftierten und Verfolgten und die Geschichte der Herforder Polizei in der NS-Zeit. Die Themen sind von den jungen Herforder Historikern Clara Schmitt und Niklas Gohrbandt erforscht und zusammen mit Elke Brunegraf gestalterisch bearbeitet worden. Die Gedenkstätte Zellentrakt im früheren Herforder Polizeigefängnis wurde 2004 eröffnet. Sie steht im Gedenken an die Opfer oft monatelanger "Schutzhaft" auf engstem Raum und in vielen Fällen anschließender Deportation ins KZ. Betroffen von dem Terror waren insbesondere politische Gegner, jüdische Bürger, Zeugen Jehovas, Zwangsarbeiterinnen und als sozial minderwertig erachtete Volksgruppen. Ihnen wurden und werden immer wieder Sonderausstellungen gewidmet. "Letztes Jahr hat die Stadt einen weiteren Raum für Seminare, Lager und Büro zur Verfügung gestellt", berichtet Stadtarchivar Christoph Laue, der qua Amt auch Geschäftsführer des Kuratoriums ist. So steht das alte Büro des Zellentrakts nun auch als Ausstellungsraum zur Verfügung. "Da in letzter Zeit häufiger auch Anfragen zur Polizeigeschichte kamen, bot sich an, diesen Raum entsprechend zu gestalten", sagt Laue. Umgestaltet wurde auch der Raum, in dem es um die konkreten Verhältnisse in den Zellen geht. Man versucht nicht mehr, das Leiden realitätsnah darzustellen Für die Umsetzung des Projekts in Form eines von der Landeszentrale für Politische Bildung geförderten Werkauftrages konnten die beiden junge Fachleute gewonnen werden. Sie hatten schon vorher Interesse am Zellentrakt gezeigt. Beide sind 23 Jahre alt, haben in Herford Abitur gemacht und anschließend Geschichte und Politik studiert - sie in Münster, er in Bielefeld. Beide haben einen Bachelor-Abschluss und streben noch den Master an. Man stelle sich heute in der Konzeption von Gedenkstätten die zentrale Frage, wie realistisch man die Gegebenheiten der NS-Zeit in Ausstellungen wieder herstellen dürfe, sagt Niklas Gohrbandt. Im Ergebnis gilt es gegenüber den Opfern nicht als angemessen, zu versuchen, die Gewaltverhältnisse realitätsnah darzustellen: "Man kann das Grauen nicht spüren, wenn man es nicht erlebt hat." So hat er das Doppelbett in der Zelle an einer Wand angeordnet, und die Enge des mit sechs Menschen belegten Raums durch rote Markierungen auf dem Boden verdeutlicht. Neue Wandtafeln vermitteln in prägnanten Texten und zeitgenössischen Fotos Schicksale und organisatorische Abläufe. "Biografien nehmen eine immer größere Rolle in Ausstellungen ein", weiß auch Laue. Verwalter des Zellentrakts machte nach dem Krieg weiter Karriere Die Herforder Polizei, war von 1917 bis 1963 im Rathaus untergebracht. Für Clara Schmitt stellt sich die Forschung dazu schwierig dar, weil ein Großteil der Akten zerstört worden ist. Gleich nach der Machtergreifung der Nazis wurde der Polizeiapparat in ein Instrument der NSDAP umgebaut und dann mit der SS verknüpft. Der bekannteste Name ist wohl der von Heinrich Brockmeyer, der den Zellentrakt verwaltet hat und gleichzeitig "Judenkommissar" war. Der Polizist ist in der NS-Zeit aufgestiegen und konnte nach dem Krieg seine Karriere fortsetzen. Das Polizisten Spielraum hatten, zeigt auch eine Entscheidung Brockmeyers. Er hat entgegen den Regeln eine Zwangsarbeiterin, die verbotenerweise ein Kind von einem Deutschen erwartete, nach Monaten der Inhaftierung wieder gehen lassen, statt sie ins KZ zu schicken. Zwei Herforder Polizisten wurden hinter der Ostfront eingesetzt und haben hier wohl eine aktive Rolle in der Verfolgung der Bevölkerung gespielt. Der neue Ausstellungsraum wurde als Verhörraum zeitgenössisch möbliert mit Schreibtisch, Telefon und Schreibmaschine. Eine bedrückende Wirkung erzielt wohl besonders der schwarze Ledermantel der SS am Garderobenständer. Die Wandtafeln werden ergänzt durch einen interaktiven Bildschirm. Hier können Themen vertieft werden. Am Mittwoch, 28. September, um 18 Uhr werden Clara Schmitt und Niklas Gohrbandt eine kurze Einführung in ihre Forschungen und Ergebnisse geben. Im Anschluss folgt um 19 Uhr der Vortrag von Thomas M. Dann: &bdquo;Zum Raub an Mobiliar und Hausrat jüdischer Bewohner".

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