Pflegekräfte haben mit Papierkram zu kämpfen: Digitale Krankenhausbetten sollen helfen

Herford. Pflegekräfte haben ihren Beruf gewählt, weil sie von Mensch zu Mensch helfen wollen. Die Klagen werden seit Jahren immer lauter, dass zu viel wertvolle Zeit für die Dokumentation der Pflegeleistungen in Krankenhäusern, Altenheimen und anderen Pflegeeinrichtungen verloren geht. Die digitale Vernetzung von Pflegebetten mit Speicherung und Übertragung von aktuellen Daten an ein zentrales System und direkt an die Pflegekräfte soll einen Teil dieser Zeit sparen. Gleichzeitig soll sie Patienten mehr Sicherheit geben. Erste entsprechende Modelle von Stiegelmeyer werden jetzt auf einer ganzen Station eines nahegelegenen Uni-Klinikums im praktischen Alltag erprobt. Die Marktreife ist für 2023 geplant Der führende Herforder Hersteller von Krankenhaus- und Pflegebetten will sie 2023 auf den Markt bringen. Erste Anfragen sind da. Für jeden Kunden müssen individuelle Lösungen gefunden werden, die auch von vorhandener Technik und vorhandenem Informationssystem abhängen. Entscheidend für den Erfolg wird auch die einfache, intuitive Bedienung der Neuheit sein. Gunter Röper ist seit 2020 bei Stiegelmeyer und seit Juni neuer Geschäftsführer für Vertrieb und Marketing der Gruppe. Der 54-jährige Diplom-Physiker mit Erfahrung in Medizintechnik freut sich über die Innovation, die schon 2020 mit der Schaffung eines "Connectivity-Labs" - eines Labors für Vernetzbarkeit - auf den Weg gebracht wurde. Das Labor in einem eigenen Stiegelmeyer-Gebäude an der Füllenbruchstraße verfügt über Räume, die in ihrer Größe und Ausstattung Krankenzimmern und einem Schwesternzimmer eines echten Krankenhauses nachempfunden sind. Im Dialog mit Pflegekräften wird ein realistischer Pflege-Alltag simuliert. "Wir wollen wissen, wo der Schuh drückt und so kundennah wie möglich unsere Produkte entwickeln", sagt Röper. Pflegeberufe könnten attraktiver werden Mit dem Krankenhaus-Zukunftsgesetz und einem entsprechenden Fördertopf hat die Nachfrage der Kliniken nach Digitalisierung angezogen. Bisher, so Röper, sei besonders in die Infrastruktur der Häuser wie den Ausbau von WLan-Netzen Geld gesteckt worden. Nun, so denkt man bei Stiegelmeyer, wird in zukunftsfähige Betten investiert oder es werden noch junge Betten nachgerüstet. Zumal in Zeiten knappen Personals der Druck wächst, den Beruf auch durch Technik attraktiver zu gestalten. Die Häuser können auf der anderen Seite Geld sparen, wenn durch die Vernetzung Betten gezielter eingesetzt werden können. "Wir beschäftigen uns schon seit mehreren Jahren mit dem Thema und haben festgestellt, dass man an die Entwicklung von kurzlebiger und innovativer Software anders herangehen muss als an die von Betten, die mindestens 15 bis 20 Jahre in Betrieb sind", sagt der Geschäftsführer. So wurde das Labor als Start-in gegründet, wo man "anders denkt und viel agiler sein muss". Um gefahrlos experimentieren und mit Technik "spielen" zu können, ist das Labor auch nicht mit dem Netzwerk des Stiegelmeyer-Stammhauses verbunden. Leiter des fünfköpfigen Teams aus Berufsgruppen wie Service, Vertrieb, Konstruktion und Marketing ist der Produktmanager Dennis Wilkening. Wann hat ein Patient das Bett verlassen? Ziel des vernetzten Bettes soll es sein, Informationen über das Bett und den Patienten in Sekundenschnelle in das Krankenhausinformationssystem zu übertragen und den Pflegekräften im Schwesternzimmer oder sogar unterwegs auf der Station auf dem Smartphone zukommen zu lassen. Das System zeigt zum Beispiel an und speichert die Info, ob das Bett mit dem Strom verbunden ist, ob die Bremse festgestellt ist, ob das Bett nachts auf die niedrigste Position hinuntergefahren wurde, ob der Patient überhaupt im Bett ist. Das sind teils sicherheitsrelevante Daten, die sonst durch Kontrollgänge erhoben und notiert werden müssten. Denn wenn ein Patient fällt, muss gegenüber Angehörigen und dem Medizinischen Dienst dokumentiert sein, dass all das erfüllt ist. "Bei der Nachtwache im Pflegeheim muss oft eine Pflegekraft auf bis zu 48 Bewohner aufpassen. Die gesparten Kontrollen und die automatische Dokumentation schaffen Zeit für intensivere Betreuung", meint Kirsten Kaawar, Brandmanagerin bei Stiegelmeyer. Eingebaut Waage zeigt Gewichtsveränderungen Betten können auch eine eingebaute Waage haben, die über das sich vielleicht verändernde Gewicht eines Patienten Auskunft gibt. Das kann entscheidend für die Medikamentierung sein. Im neuen System wird dieser Wert direkt ins System eingespeist und muss nicht am Bett abgelesen werden. Die Information, ob ein Patient überhaupt im Bett ist, ist besonders wichtig, wenn es sich um einen verwirrten Menschen handelt. Das Out-of-Bed-System zeigt auch, wie lange jemand schon aufgestanden ist - ob es von der Zeit her ein Toilettengang sein kann, oder ob man sich schon sorgen muss. Hier können Zeitvorgaben für eine Meldung eingespeichert werden. Gegenüber dem klassischen Notruf am Krankenhausbett hat das neue System den Vorteil, dass die Pflegekraft schon weiß, was im Krankenzimmer los ist. Im Zweifel bekommt die Pflegekraft eine Push-Nachricht aufs Handy. Das Connectivity-Team um Dennis Wilkening denkt inzwischen schon weiter. Nächstes Jahr solle es durch Sensoren auch möglich sein, die Pflegekräfte digital wissen zu lassen, ob sich jemand eingenässt hat oder sich zu wenig bewegt - Stichwort Druckgeschwüre.

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