Realschule bekommt auf ehemaligem Möbel-Boss-Gelände einen Neubau

Herford. Ungewöhnliche Zeiten erfordern manchmal ungewöhnliche Wege. So zum Beispiel bei der Umsetzung der dringend notwendigen Modernisierung der Geschwister-Scholl-Realschule (GSS). Schon seit über zehn Jahren ist das sanierungsbedürftige Schulgebäude, das zusätzlich auch ein großes Platzproblem hat, immer wieder Thema gewesen. Sowohl seitens der unterschiedlichen Schulleitungen, Schüler und Elternvertreter als auch seitens der Politik wurde schon häufig und mit den Jahren vermehrt auf die Dringlichkeit des Problems hingewiesen. Sanierung der Bestandsimmobilie oder lieber ein - natürlich deutlich teurerer - Neubau? Und wenn ein Neubau, wo sollte er hin? - Das waren Fragen, die Peter Böhm und sein Baudezernat bereits seit mehreren Jahren beschäftigten. Jetzt ist eine Lösung gefunden. Und zwar eine überraschende, die die meisten Beteiligten wohl gar nicht auf dem Schirm gehabt hätten: Die Unternehmer-Familien Gärtner und Fahrenkamp, die Eigentümer der Porta-Holding, werden eine Realschule für die Stadt Herford bauen. "Das ist ein Novum für unsere Region und gleichzeitig eine Riesenchance für Herford", so Bürgermeister Tim Kähler. Dass es zu dieser Lösung gekommen sei, sei eine "starke Gemeinschaftsleistung" gewesen, so Kähler. In einem Gespräch mit Heiner Wemhöner, Ehrenbürger der Stadt Herford, habe er die Schwierigkeit, einen neuen geeigneten Standort für die Realschule zu finden, angesprochen. "Und Heiner Wemhöner hat dann die Türen zu Gesprächen mit den Porta-Familien geöffnet." Neubau hat große Vorteile im Vergleich zu einer Bestandssanierung Der Plan sieht nun so aus, dass Porta auf dem Grundstück an der Gaußstraße das Schulgebäude errichten soll. Für die Stadt käme in der Folge dann eine Mietkauf-Option in Betracht. "So hätten wir nach 20 oder 30 Jahren - je nach Vereinbarung im Vertrag - die Möglichkeit zum Kauf oder eben die, weiter Mieter zu bleiben", erklärt Kähler die Pläne, denen auch die Eigentümer positiv gegenüber stehen. Der Baudezernent Peter Böhm betonte noch einmal die großen Vorteile eines Neubaus im Vergleich zur Sanierung des Bestandsgebäudes: "Wir haben mit der neuen Schule die Möglichkeit, ohne große Kompromisse das zu errichten, was benötigt wird - nicht zuletzt im Hinblick auf energetische Standards." Erste Entwürfe, die gestalterisch noch nicht spruchreif seien, weil sie zunächst einmal dazu dienten, den vorhandenen Platz optimal auszunutzen, sehen für das Gelände des ehemaligen Möbel Boss ein hochmodernes Schulgebäude mit größeren Klassenräumen und zusätzlichen Aufenthaltsräumen vor. Geplant wird auch am neuen Standort eine dreizügige Schule. Außerdem ist eine Dreifach-Turnhalle im Entwurf enthalten. "Das begrüßen wir sehr", sagte Dirk Hansen, seit gut einem Jahr Schulleiter der GSS. Nicht zuletzt die Corona-Zeit habe noch einmal deutlich gemacht, wie wichtig Bewegung und Sport für die Entwicklung und das Lernen seien. Die Aussicht auf einen Neubau stimme Schüler, Lehrer und Leitung der Realschule insgesamt sehr froh. Werner Seeger (CDU) erinnerte noch einmal daran, dass die GSS vor gut zehn Jahren schon einmal kurz vor der Schließung stand. "Lediglich Proteste vor Ort haben dafür gesorgt, dass sie erhalten blieb", so Seeger. Aber nun wolle man nicht zurück, sondern gemeinsam nach vorne schauen. "Es ist ein echter Meilenstein, den wir hier in Herford setzen können damit, dass ein privates Unternehmen bereit ist, hier in die Bildung zu investieren." Schulleiter ist auch froh, dass die GSS im Quartier bleiben kann Auch über Herfords Stadtgrenzen hinaus habe das geplante Projekt Strahlkraft, so der Bürgermeister. "Das ist aktive Standort-Politik." Schließlich sorge man gerade mit dem modernen Neubau einer Realschule auch dafür, dass Nachwuchskräfte im Handwerk und in der Wirtschaft beste Bedingungen für ihre Ausbildung vorfänden. Für das gesamte Umfeld werde Herford so zum noch attraktiveren Schulstandort, sagte Sozialdezernent Patrick Puls. "Schon jetzt haben wir im Bereich der Sekundarstufen eins und zwei rund 5.000 Schüler in der Stadt, 20 Prozent von ihnen kommen von außerhalb." Für den Schulleiter ist noch eine andere Sache von Bedeutung: "Wir sind froh, dass wir nicht nach Elverdissen geschickt werden. Dass wir im Quartier bleiben, war uns auch immer ganz wichtig." Auch diesem Wunsch wurde in der vorläufigen Planung bereits Rechnung getragen: "Wir planen auch den Bau einer Brücke, damit sowohl das H2O als auch die Sportanlagen rund ums Stadion erreichbar bleiben", so Kähler. Nun muss die Politik den Plänen noch zustimmen. Eine entsprechende Vorlage für den Haupt- und Finanzausschuss am 27. und den Betriebsausschuss am 28. September liegt bereits vor. Darin ist auch eine Kostenaufstellung enthalten: Demnach würde eine Sanierung im Bestand rund 18 Millionen Euro kosten, wobei etwaige Kosten für eine Unterbringung einzelner Jahrgangsstufen in Containern, die wahrscheinlich bei Arbeiten im laufenden Schulbetrieb nötig werden würde, nicht eingerechnet sind. Das Bielefelder Büro Brewitt, das erste Vorentwürfe für den neuen Standort erarbeitet hat, beziffert die Kosten für den Neubau auf rund 40 Millionen Euro. Den Beschluss darüber, ob die Pläne für den Neubau der GSS weiter verfolgt und in diesem Zuge auch die Verhandlungen mit den derzeitigen Eigentümern weitergeführt werden sollen, wird am Freitag, 30. September, der Stadtrat fassen.

Meistgelesen