Gasknappheit: So wappnen sich der Kreis und die neun Kommunen

Kreis Herford. Das Bundeswirtschaftsministerium hat vor einem Monat die zweite Stufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Die Versorgung ist laut Ministerium weiterhin gewährleistet, doch zum Energiesparen sind alle aufgerufen: nicht nur die Verbraucher, sondern auch die Städte und Verwaltungen. Der Kreis Herford mit seinen neun Kommunen wappnet sich für den Notfall. Wie auch bei der Corona-Pandemie soll eine gemeinsame Linie gefahren werden. Die Krisen nehmen kein Ende. Regelmäßig tauscht sich Landrat Jürgen Müller mit der Bürgermeisterin und den Bürgermeistern im Kreis Herford aus. Es geht um die Bekämpfung der Corona-Pandemie, um die Auswirkungen der Fluchtsituation aufgrund des Krieges in der Ukraine. Und jetzt stehen auch Gespräche rund um die Energiekrise sowie die Auswirkungen auf die Strom- und Gasmarktsituation auf der Agenda. An diesen Gespräche und der daraus resultierenden interkommunalen Zusammenarbeit will der Kreis festhalten. Der "enge Schulterschluss von Kreis, Städten und Gemeinden" habe sich bewährt, heißt es von der Kreisverwaltung. Sollten es Einschränkungen geben, sollen diese in allen Kommunen des Kreises gleichermaßen umgesetzt werden. Aktuelle Situation Derzeit wird nach Angaben von Pressesprecherin Petra Scholz das weitere Vorgehen der Kreise und das verbandsinterne Vorgehen auch über den Landkreistag gesteuert. "Ziel ist es, die kreislichen und kommunalen Herausforderungen und Problemstellungen im Falle einer Erdgas-Mangellage zu erfassen und koordiniert mit Städten, Gemeinden und Kreisen Konzepte zu entwickeln." Dabei stehen vor allem mögliche Einsparpotenziale bei Kreisgebäuden sowie kommunalen Einrichtungen im Fokus. Scholz: "Die Kreisverwaltung ist in verschiedenen Handlungsfeldern aktiv, die sich vor allem mit dem Klimaschutz und – das ist vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges ja interessant – mit dem Stromsparen und dem grundsätzlich wirtschaftlichen Energieeinsatz befassen." Kurzfristige Maßnahmen zur Energieeinsparung Die Absenkung der Temperatur in den Räumen, das Dimmen von Laternen, Fassadenbeleuchtungen und Brunnen abschalten, Mitarbeiter wieder vermehrt ins Homeoffice schicken oder gleich ganze öffentliche Gebäude schließen: Diese und weitere Möglichkeiten zum Energiesparen werden derzeit nicht nur im Kreis Herford diskutiert. Was genau auf die Städte zukommt und wie drastisch die Maßnahmen dann sein müssen, weiß noch niemand. Ein Datum behalten Experten und Verantwortliche dabei ganz genau im Blick. Bis zum 21. Juli soll die turnusmäßige Wartung der Erdgas-Pipeline Nord Stream 1, die von Sibirien unterirdisch durch die Ostsee bis nach Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern verläuft, laufen. Es stellt sich die Frage, ob der Weiterbetrieb nach der Wartung gesichert ist. Lesen Sie dazu: Gaslieferung über Nord Stream 1 angelaufen Innerhalb der Kreisverwaltung ist die Entscheidung zur Reduzierung der Raumtemperaturen in Aufenthaltsräumen der Kreisgebäude bereits gefallen. Dabei halten sich die Verantwortlichen an das während der Heizperiode erforderliche Minimum entsprechend der Arbeitsstätten- und Schulbaurichtlinien, so Scholz. Die Richtlinien sehen vor, dass bei einer überwiegend sitzenden Tätigkeit mit leichter Arbeitsschwere mindestens 20 Grad herrschen müssen. Bei überwiegend stehender oder gehender Tätigkeit kann die Raumtemperatur ein Grad kühler eingestellt werden, das heißt: 19 Grad bei leichten Arbeiten, bei mittlerer Tätigkeit mindestens 17 Grad, und mindestens 12 Grad bei schweren Arbeiten. Büroarbeitsplätze gehören zur Gruppe "leichte Arbeitsschwere", teilt Scholz mit. In Pausen- und Sanitäreinrichtungen müssen während der Nutzungsdauer mindestens 21 Grad herrschen. In Waschräumen mit installierten Duschen gilt eine Lufttemperatur von 24 Grad. Für Klassenräume und Werkstätten können die gleichen Daten zugrunde gelegt werden, so der Kreis Herford. "Derzeit ist vorgesehen, die Mindestanforderungen zu erfüllen", sagt Scholz. In vielen kreiseigenen Gebäuden können die Temperaturen zentral gesteuert werden. Langfristige Maßnahmen zur Energieeinsparung Nicht nur wegen der Gaskrise, sondern aufgrund des Klimawandels gilt es, klima-, energie- und umweltfreundlich zu bauen. Ein Beispiel ist die neue Mensa am Berufskolleg-Zentrum, deren Fertigstellung für Ende 2023 geplant ist. Das Gebäude bekommt ein Flachdach mit extensiver Begrünung und Photovoltaikanlage, die auch einen dauerhaften und wirtschaftlichen Betrieb im Hinblick auf die Unterhaltungskosten gewährleistet. Der vorhandene Restwärmebedarf wird über einen Fernwärmeanschluss von den bestehenden Blockheizkraftwerken des Zentrums abgedeckt. Zusätzlich sind folgende Maßnahmen Standard: technische und energetische Ertüchtigung von Bestandsgebäuden etwa durch Austausch der Leuchtmittel auf LED und regelmäßige Wartung der technischen Anlagen. Zudem werden die Hausmeister und die Nutzer der Gebäude vor der nächsten Heizperiode sensibilisiert. Eigene Kampagne Die Kampagne "Mission e" startete im Februar 2020 und ist dazu da, alle Mitarbeitenden zu einem energiebewussten Verhalten am und außerhalb des Arbeitsplatzes zu bringen. Es gibt Büro-Energieberatungen, die Möglichkeit Strommessgeräte auszuleihen, aber auch einfache Energiespartipps. "Die können nicht nur in der Verwaltung, sondern auch Zuhause angewandt werden." Ziel ist, 15 Prozent der Energie in der Verwaltungsarbeit einzusparen.

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