Opfer verstrickt sich in Widersprüche: Raub ist nicht nachzuweisen

Herford/Bielefeld. &bdquo;Irgendetwas ist passiert in jener Nacht – aber wir können nicht nachweisen, dass es so war wie angeklagt“, sagte der Vorsitzende Richter Marc Brüning in der Urteilsbegründung. Das Bielefelder Landgericht sprach nun einen 23-jährigen Angeklagten von dem Vorwurf frei, im Dezember 2019 einen Mann in dessen Wohnung in Herford mit einem Komplizen überfallen und ausgeraubt zu haben. Fest steht, dass sich Ferhad O. und Malte P. an Heiligabend 2019 in einer Herforder Bar begegnet sind. Malte P. war irgendwann jedoch derart betrunken und möglicherweise auch drogenberauscht, dass sich seine Begleiter ernsthaft um diesen sorgten. Ferhad O., der P. flüchtig über gemeinsame Freunde kannte, organisierte diesem ein Taxi und begleitete den Betrunkenen bis zu dessen an der Straße Am Hundebach gelegenen Wohnung. Fest steht ebenfalls, dass Ferhad O. später abermals bei P. auftauchte, nunmehr in Begleitung eines – so O. – &bdquo;Kollegen“, von dem er &bdquo;leider nur den Spitznamen“ kenne – und diesen auch nur ungefähr. Und dass Malte P. schließlich von der Feuerwehr aus seiner Wohnung befreit werden musste. Doch was zwischendurch geschah, darüber gehen die Darstellungen deutlich auseinander. Die Staatsanwaltschaft ging ursprünglich davon aus, dass Ferhad O. und sein nach wie vor unbekannter Begleiter Malte P. in dessen Wohnung geschlagen und getreten hätten. Darüber hinaus soll der Komplize von O. das Überfallopfer mit einem mitgeführten Taschenmesser bedroht haben. Schließlich, so die Anklage, hätten die Täter Malte P. in dessen Wohnung eingeschlossen und seien mit Spielkonsolen, Zubehör, einem Mobiltelefon und Bargeld im Gesamtwert von 1.600 Euro geflohen. Angeklagter schildert die Tat ganz anders Gänzlich anders schilderte der angeklagte O. am ersten von zwei Verhandlungstagen das Geschehen: Er sei mit dem unbekannten Kollegen zu P. zurückgekehrt, da dieser ihn zuvor eingeladen habe, nach dem Barbesuch noch zu ihm zu kommen. Die Stimmung sei plötzlich jedoch gekippt, P. habe sein Portemonnaie gesucht und schließlich die Wohnung abgeschlossen – verbunden mit der Drohung, dass dort niemand rauskomme, bevor nicht das Portemonnaie wieder da sei. Im Zuge der folgenden Wortwechsel und Rangeleien habe P. die Besucher zunächst mit zwei Messern bedroht, schließlich sogar mit einem Revolver, den er im Schlafzimmer gehabt habe. Der Angeklagte räumte ein, P. einen Schlag ins Gesicht versetzt zu haben, um aus der Situation herauszukommen. Er sei dann, so der 23-Jährige, aus der Wohnung geflohen. Kurz darauf sei auch sein Begleiter gefolgt. Dieser habe einen Beutel dabei gehabt, in dem sich etwas befunden hätte. Er könne nicht ausschließen, dass es sich dabei um die als gestohlen gemeldeten Konsolen gehandelt habe – und dass sein Kollege möglicherweise Malte P. in dessen Wohnung eingesperrt habe. In der Verhandlung vor der XXI. Großen Strafkammer des Landgerichts machten zwar weder der Vorsitzende Richter Marc Brüning, noch Staatsanwalt Christoph Mackel einen Hehl daraus, dass sie die Version des Angeklagten zumindest äußerst kritisch sähen. Doch gab es einen entscheidenden Faktor, der in dem Verfahren die Wende brachte. Und das war die Aussage des vermeintlich Überfallenen. Nicht nur hatte dieser zunächst der Polizei gegenüber den ihm bekannten O. nicht als einen der Täter benannt. Dies erfolgte erst einige Tage später. Auch war seine Aussage vor Gericht von zahlreichen Widersprüchen durchzogen. Opfer räumt den Besitz einer Waffe ein Insbesondere erwähnte P. nun erstmals, dass er zwischenzeitlich tatsächlich die Wohnungstür abgeschlossen habe. Darüber hinaus räumte er auch den Besitz der in Rede stehenden Waffe ein. Diese Waffe hatte Ferhad O. jedoch genau beschreiben können – ein Umstand, der laut der ursprünglichen Version in der Anklage gar nicht möglich gewesen wäre. Auch hatte eine gemeinsame Bekannte von O. und P. Letzteren am 25. Dezember 2019 morgens auf dessen Handy angerufen und P. dort auch erreicht – auf einem Handy, das Stunden zuvor gestohlen worden sein soll. Es waren letztlich zu viele Widersprüche, die – so Richter Brüning – in Kombination &bdquo;mit einer gewissen Belastungstendenz“ dazu führten, &bdquo;dass wir auf die Aussage von P. kein Urteil stützen können“. Das Gericht folgte schließlich den Anträgen von Staatsanwalt Mackel und Verteidiger Andreas Chlosta und sprach Ferhad O. frei.

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