OWL-Forum auf dem Theaterplatz - aber das wird sehr eng

Herford. Die Stadt Herford verfolgt weitere Planungen eines OWL-Forums nur noch für den Theaterstandort an der Mindener Straße. Eine breite Mehrheit aus CDU, SPD und Bündnis 90 / Die Grünen hat sich am Dienstagabend im Haupt- und Finanzausschuss dafür ausgesprochen und nimmt damit den Abriss des Theaters in Kauf. Andere Standorte wie der Janup oder der Parkplatz am Alten Güterbahnhof sind damit aus dem Rennen. Die FDP bleibt bei ihrem Favoriten Janup treu und stimmte gegen den Beschluss. Udo Gieselmann (Bürger für Herford) und Heinz-Günther Scheffer (Liste 2004) enthielten sich. Entscheidende Ratssitzung Die endgültige Entscheidung über den Standort eines gemeinsamen Baus für Theater, Nordwestdeutsche Philharmonie und Aula des Ravensberger Gymnasiums trifft am Freitag der Rat, dessen Zustimmung nun als ausgemachte Sache gilt. Einen Beschluss, ob das OWL-Forum nach der eingehenden Prüfung dann tatsächlich auch gebaut wird, trifft der Rat im kommenden Sommer 2022. "Dann wollen wir die Rakete zünden", sagte Bürgermeister Tim Kähler. Die Politik steht unter dem Druck zeitlich begrenzt zugesagter Zuschüsse von Bund und Land in Höhe von rund 65 Millionen Euro. Laut Grobplanung der Stadtverwaltung würde der Neubau zwischen Anfang 2025 und Ende 2026 errichtet. Vorgeschichte Zur Erinnerung: Stadttheater und Schützenhof als Spielstätte der Philharmonie gelten nach Ansicht Kählers als so stark erneuerungsbedürftig, dass er ein OWL-Forum als gemeinsamen Neubau als nachhaltigere Lösung ins Spiel brachte. Bei einer anfangs favorisierten aber von der CDU nicht mitgetragenen großen Lösung am Güterbahnhof rechnete man mit Gesamtkosten von bis zu 100 Millionen Euro. Im Koalitionsvertrag nach der Kommunalwahl einigten sich CDU und SPD auf eine kleinere Lösung am Theaterstandort. Denkmalschutz Laut Bürgermeister ist die bei der Stadt angesiedelte Untere Denkmalbehörde zum Schluss gekommen, dass das Projekt und der Zustand von Gebäude und Technik Grund genug sind, das Stadttheater trotz Denkmalschutz abzureißen. "Wenn der Denkmalschutz in Münster anderer Meinung ist, wird er am Ende einen Entscheid von Ministerin Scharrenbach herbeiführen müssen", sagt Kähler. Im Ausschuss verbreitete er Optimismus in dieser Sache. Machbarkeitsstudie Grundlage der Entscheidung des Ausschusses ist eine Anfang der Woche vorgelegte Fortschreibung der Machbarkeitsstudie OWL-Forum durch die Gutachter der Integrated Consulting Group (ICG) in Berlin und des Architekturbüros Böll in Essen. Die Aufgabe für die Experten lautete, zu prüfen, ob ein funktionierender Bau mit einem großen und einem kleinen Saal auf das Gelände passt und ob er sich dort städtebaulich einfügen lässt. Die Studie ist noch kein architektonischer Entwurf. Raumkonzept Zentrale Elemente des Raumkonzepts sind: ein 1.000er Konzert- und Multifunktionssaal, der auch für außergewöhnliche Theaterprojekte genutzt werden könnte, ein Probensaal und eine größere Infrastruktur für die Philharmonie als heute, ein 200er bis 250er Saal für das Theater und andere kulturelle Angebote, ein großzügiger Foyer-Bereich von rund 1.000 Quadratmetern Fläche für unterschiedliche Nutzungen, auch als Aufenthalts- und Begegnungsort unabhängig von Saal-Veranstaltungen, ein Tagungsbereich im Zusammenspiel mit dem Foyer als Begegnungsfläche. Schwächen und Möglichkeiten Die Gutachter schreiben: "Das Raumkonzept erscheint grundsätzlich machbar, mit Schwächen und Problemen." Sie haben festgestellt, dass bei einer anzustrebenden ebenerdigen Anordnung der Säle und des Foyers das Grundstück fast vollständig überbaut wäre. Vorbehaltlich der Ideen aus einem Architektenwettbewerb erwarten die Gutachter, dass die Säle mit einem verbindenden Foyer nebeneinander unmittelbar entlang der Mindener Straße angeordnet werden müssen. "Eine repräsentative Vorplatzsituation erscheint damit nicht realisierbar", heißt es. Aber: "Gleichwohl kann der Foyer- / Open-Space-Bereich mit einer weitgehend transparenten Fassade auch hier eine städtebauliche Signalwirkung entfalten. Die Logistikflächen für Anlieferungen wären "stark eingeschränkt". Sie schlagen eine Umfahrung als Einbahnstraßenregelung vor. Das NWD-Studio könne dann nicht ebenerdig realisiert werden, sondern müsse aufgeständert werden. Die Anlieferung müsste über einen Lastenaufzug erfolgen. ICG und Böll-Architekten erwarten eine "eher komplexe, auf den Standort angepasste Lösung: "Ob dabei alle bislang gewünschten Anforderungen erfüllbar sein werden, bleibt einer weitergehenden Prüfung vorbehalten." Risiken Die Gutachter empfehlen, den Baugrund frühzeitig untersuchen zu lassen, um in dieser Hinsicht unvorhergesehene Kosten zu vermeiden. Die Erreichbarkeit ist laut Studie von zentraler Bedeutung. Es sollte zügig ein Verkehrskonzept erstellt werden, dass die Parkplatzsituation und den Öffentlichen Personennahverkehr berücksichtigt. Auf dem Gelände selbst könnten Parkplätze nur in Form einer teuren Tiefgarage realisiert werden. Auch die vorhandenen Parkplätze würden ja überbaut. Ein Schall-Emissionsgutachten muss klären, ob die Lärmentwicklung beim Be- und Entladen von Lkw eine Einhausung der Ladezonen erfordert. "Der Grundstückszuschnitt lässt keine weitreichenden Entwurfsideen zu", heißt es in der Studie. Verschiedene konstruktive Lösungsvorschlägen in der räumlichen Zwangslage könnten zu verschieden hohen Kosten führen. Die gewünschte nachhaltige Bauweise werde teurer als ein traditionell ausgeführtes Projekt. Die Kosten lassen sich steuern durch Anpassung derAusstattung des Gebäudes. Trotz der beschriebenen Probleme sieht die Verwaltung an der Mindener Straße die größten Realisierungsmöglichkeiten für den Neubau einer Kultur- und Veranstaltungsstätte. Zeitplan Laut einer Grobplanung sollen noch im ersten Halbjahr Konzepte zu Finanzierung, Betrieb, Wirtschaftlichkeit und Verkehrsführung erstellt werden. Parallel werden ein Begleitgremium gebildet, ein Namenswettbewerb ausgerufen, eine Bürgerbeteiligung gestartet, eine Projektgesellschaft gegründet und der Baugrund untersucht. Es schließen sich, sollte der Rat das Projekt umsetzen wollen, im zweiten Halbjahr ein Architektenwettbewerb und dieÜbergabe des Projektes an eine Projektgesellschaft mit Fachexpertise an. Politik Ratsherr Herbert Even (Grüne) nannte den Zeitplan "sportlich". Die Standort-Alternativen seien aber zeitlich wie räumlich problematisch. Er setzt auf einen Rückbau der Mindener Straße. Man müsse sich auch schnell klar werden, was man anbieten wolle. So brauche eine Gastronomie auch viel Platz. CDU-Fraktionschef Thomas Helmerking verglich das Projekt mit einer Reise. Die Entscheidung zeige Vertrauen in die Reiseleitung. Ob am Ende ein 1.000er oder 700er-Multifunktionssaal entstehe, sehe man erst am Ende der Planung. Thomas Besler von der SPD nannte den Standort alternativlos. Hier werde der Bau auch "nicht zu groß". Betriebskosten Die Stadt Herford wünscht sich, dass der Kreis Herford sich an den künftigen Betriebskosten in noch nicht ermittelter Millionenhöhe beteiligt. Darüber zu befinden ist Sache des Kreistags. Landrat Jürgen Müller jedenfalls steht dem wohlwollend gegenüber: "Der Kreis sollte sich beteiligen, denn Theater und Philharmonie haben eine kreisweite Ausstrahlung."

Meistgelesen