Hochwassergefahr: Warum gibt es keine Warnsysteme?

Herford. Die Flutkatastrophe im südlichen Nordrhein-Westfalen und im Ahrtal im Sommer war ein Weckruf auch für die Fachleute in Ostwestfalen, den Hochwasserschutz in Zeiten immer häufigerer und extremerer Starkregenereignisse weiter zu verbessern. Und sie denken über leistungsfähigere Systeme nach, um die Behörden und die Bewohner in potenziell betroffenen Gebieten eines bedrohlich schweren Hochwassers früh warnen zu können. Rettungskräfte könnten rechtzeitig alarmiert werden und reagieren. Die Menschen hätten noch die Möglichkeit, ihr Hab und Gut so weit es geht zu schützen, und sich selbst rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Eine Gefährdungslage könnte beim Zusammentreffen unglücklicher Umstände auch im Werretal entstehen, obwohl das nicht so eng ist, wie etwa das Ahrtal. Unvergessenes Beispiel ist das katastrophale Hochwasser von 1946, das insbesondere Teile der ohnehin bombengeschädigten Herforder Innenstadt unter Wasser gesetzt hat. So treibt auch heute Anwohner die Sorge um, ein geplanter ökologischer Umbau des Werrewehres am Bergertor in Herford mit fischdurchlässiger Sohlgleite einerseits und starrem Wehr andererseits könnte die Gefahrenlage verschärfen, weil nicht genug Wasser abfließen könne. Feuerwehreinsätze könnten besser geplant werden Der Chef des Werrewasserverbandes, Steffen Veenaas, umriss jetzt im Umwelt- und Betriebsausschuss des Kreises, was in den letzten Jahren zum Schutz geschehen und was noch geplant sei. Aus erster Hand erfuhr der Ausschuss, dass der Werrewasserverband prüft, ob und wie ein computergestütztes Frühwarnsystem für das Werretal installiert werden kann. "Ich komme gerade heute von einem ersten Gespräch. Wir stehen noch ganz am Anfang und sehen uns auf dem Markt um", sagte Veenaas. "Wir wissen auch noch nicht, was so ein System kosten würde." Wenn mehr Klarheit gewonnen ist, müsste die Verbandsversammlung aus Vertretern der Kreistage darüber beschließen. Erste Gelegenheit, sich damit zu beschäftigen, ist in einer Sitzung Anfang Dezember. "Bei aller Bautechnik und Investition in Rückhaltebecken und Polder ist eine Vorhersage noch mal sehr hilfreich", meint Veenaas. "So können Feuerwehreinsätze besser geplant werden. Im Ahrtal habe es ein Frühwarnsystem gegeben, man habe ihm nur nicht geglaubt. Je besser das Computermodell, desto besser könnten die Einwohner informiert werden. Woanders gibt es schon Warnsysteme Nach Veenas Meinung sollte man so ein System, das Niederschlagsmessungen und -prognosen einbezieht, nutzen: "Das wird sich immer rechnen." Woanders gebe es schon Vorhersagesysteme, die auf zwei Tage im Voraus so präzise sein, dass sie helfen würden. Veenaas begrüßt es, dass der Werreverband immer häufiger einbezogen werde, wenn Bebauungspläne aufgestellt oder verändert würden. "Es erfordert Mut, Dinge zurückzubauen, die im Abflussbereich der Flüsse liegen", weiß er. Den geplanten Umbau der Bergertorwehres hält er aber für ebenso verantwortbar wie den des Sielwehres in Bad Oeynhausen. Baubeginn 2025 für Bad Salzufler Rückhaltebecken 1.425 Quadratkilometer groß ist das Einzugsgebiet der Werre, das mit seinen Zuflüssen wie Else, Bega und Aa vom Kreis Lippe Lippe über das Ravensberger Hügelland bis in den Meller Raum reicht. Drei Hochwasser-Rückhaltebecken sind gebaut, zwei geplant. Das Becken an der Bega in Bad Salzuflen fasst 2,5 Millionen Wasser, das in Hiddenhausen-Bustedt 500.000 und das in Löhne 3,2 Millionen Kubikmeter Wasser. Die Becken sind im Normalfall trocken. Geplant sind ein Becken in Detmold-Wiembecke mit 700.000 Kubikmetern und das für Herford besonders wichtige Becken zwischen Leopoldshöhe und Bad Salzuflen mit 2,5 Millionen Kubikmetern Volumen. Noch steckt man im Planfeststellungsverfahren. Baubeginn soll hier 2025 sein. Experten unterscheiden die Begrifflichkeiten Flusshochwasser und Überschwemmungen durch Starkregen. Flusshochwasser kann entstehen bei lang anhaltendem Regen im Einzugsgebiet, starken lokalen Niederschlägen und Regenereignissen in Kombination mit Schneeschmelze. Bei Überschwemmungen in Folge von lokalem Starkregen kommt es zu einer Überlastung der Kanalisation, sehr hohen Abflussgeschwindigkeiten, Sturzbächen, die aus kleinen Wasserläufen entstehen, und letztlich auch zu Hochwasser in Flüssen. Wo bei Flusshochwasser der Werre schlimmstenfalls Überschwemmungen drohen könnten, dazu gibt es bereits Karten. Veenaas sieht neben der Verbesserung der Vorhersage weitere Aufgaben: Vermeidung von Bebauung in Gewässernähe und in Talsenken und die Rückgewinnung von Auenbereichen, die man insbesondere in der der Nachkriegszeit zur Schaffung landwirtschaftlicher Flächen eingedeicht hat.

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