Kommentar: Den Blick auf Einzigartigkeit richten

Viele Stimmen haben sich schon zur Stadtentwicklung in der Hansestadt zu Wort gemeldet. Auch der Herford-Plan ist bereits viel diskutiert worden. Aber ein bedeutender Aspekt ist bislang zu kurz gekommen. Die Frage, was macht die Stadt Herford eigentlich aus? Was ist das Besondere an dieser Stadt, das Menschen dazu bringt, sich mit ihr zu identifizieren? Alleinstellungsmerkmale nennt man das im Marketing-Sprech. Die Aa fließt mitten durch die Fußgängerzone – ein echtes Pfund Wenn man sich diese Frage als Ausgangspunkt zur Stadtentwicklung stellt, kommt man schnell zu dem, was einem Besucher in der City wohl als erstes ins Auge sticht: die wunderbaren und sehr unterschiedlichen historischen Gebäude, die sich wie ein roter Faden durch die Stadt ziehen und von denen viele auch unter Denkmalschutz stehen. Ein Pfund, mit dem die Stadt viel mehr wuchern könnte, denn andere, größere Einkaufstädte in der Region wie Bielefeld oder Gütersloh haben eine solche historische Vielfalt eher nicht zu bieten. Das Zweite, was Herford im Vergleich besonders macht, sind die beiden Flüsse, Werre und Aa, die das Stadtbild prägen. Was die Innenstadt angeht, so ist hier wohl die Aa mit der Radewiger Brücke ein hervorstechender Punkt in der City. Der könnte – neben einem historischen Schild, was die Stelle als ehemaligen Hexenkolk erklärt – noch deutlich aufgewertet werden. Wünschenswert wäre hier – neben Renaturierungsmaßnahmen – ein gastronomisches Angebot, dass die Aufenthaltsqualität am Wasserlauf im Blick hat. – Natürlich verbunden mit viel Grün, das auch in anderen Bereichen der City für mehr Aufenthaltsqualität sorgen würde. Lange Fußgängerzone - Fluch oder Segen? Herford hat – für die Größe der Stadt – eine extrem lange Fußgängerzone. Zu lang, sagen viele. Aber auch das ist eine Tatsache, die die Stadt – zumindest derzeit – ziemlich einzigartig macht. Pläne, die Fußgängerzone zu verkürzen, und die Geschäfte, Gastronomie und Dienstleistung auf kürzerer Strecke zu bündeln, sind eine Möglichkeit. Die andere: Der Versuch, Strukturen zu schaffen. Zum Beispiel, indem ein spezieller Bereich – eventuell rund um die Radewiger Brücke – mit dem Schwerpunkt Gastronomie und Aufenthaltsqualität entwickelt würde. Abgesehen davon hat nicht zuletzt die stolze Länge der Fußgängerzone zur Folge, dass Herford mit Neuem Markt, Linnenbauerplatz, Altem Markt, Rathausplatz und Gänsemarkt über zahlreiche Plätze verfügt, die überall in der Stadt verteilt liegen – auch das eine weitere Besonderheit, die es zu nutzen gilt. Insbesondere bei Innenstadt-Veranstaltungen, zum Beispiel beim Weihnachtslicht, wird der Vorteil des Plätze-Reichtums sichtbar. Denn auf jedem der Plätze gibt es andere Schwerpunkte, herrscht eine andere Stimmung, was durchaus reizvoll ist. Doch auch die Plätze lassen bislang eines schmerzlich vermissen: Begrünung. Viele bedauern derzeit, dass Saturn als so genannter &bdquo;Frequenzbringer" die Einkaufsstadt Herford verlassen hat. Auch die Tage von H&M in der Immobilie Am Gehrenberg sind sehr wahrscheinlich gezählt. Allerdings sind beides Ketten, die der Innenstadt nichts bringen in Sachen Identität und Einzigartigkeit. Vielleicht ist es deshalb gar nicht so schade drum. Zahlreiche Plätze bieten viele Möglichkeiten Schade ist dagegen, dass die Innenstadtimmobilien, die Saturn und auch H&M hinterlassen, eben nicht zu den schönsten in der City gehören. Bevor diese recht großen Kolosse also leer stehen, sollte hier auf jeden Fall alles daran gesetzt werden, dass neue, möglichst attraktive Geschäfte einziehen. Die Idee von Immobilienbesitzer Andreas Luttermann, die Outlets der heimischen Bekleidungsindustrie in die Innenstadt zu holen, wäre durchaus im Sinne der Identitätsbildung der Herforder City. Schließlich ist die Hansestadt mit Herstellern wie Ahlers, Bugatti und Brax eine echte Hochburg der Textilindustrie – und das könnte man mit Outlets in der Innenstadt durchaus hervorheben. Der Haken: Eine solche Idee hat es schon einmal gegeben. Und neben der Tatsache, dass sich die Innenstadthändler, die die Herforder Marken vertreiben, dagegen ausgesprochen hatten, äußerten sich damals auch die Herforder Modefirmen nicht gerade begeistert zu dieser Idee. Wie soll man sie also nutzen, die ganzen Einzigartigkeiten? Was Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung mit Herford-Plan und Dialog mit Besitzern der Innenstadt-Immobilien begonnen haben ist sicher ein guter Anfang. Wichtig ist dabei aber, die Individualität der Stadt mit dem, was sie ausmacht, nicht aus dem Blick zu verlieren. Sicher müssen sich Dinge verändern, an die Anforderungen der Zeit, an die Bedürfnisse der Menschen angepasst werden. Man sollte dabei jedoch auf jeden Fall das nutzen, was bereits da ist: Herford hat schon jetzt eine Menge zu bieten. – Man muss es nur in den Fokus rücken.

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